Wirtschaft und Weiterbildung 09/2016 - page 47

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wirtschaft + weiterbildung
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überführt. Es ist gestattet, Fehler zu ma-
chen, solange man daraus lernt. Bei Feh-
lern werden nicht Schuldige gesucht, son-
dern es wird gefragt, was daraus gelernt
werden kann. In Krisensituationen wird
besonders intensiv gelernt. Krisen sind
Chancen, Gewohnheiten zu verändern,
denn sie erhöhen die Bereitschaft, Neues
auszuprobieren. Die Hoffnung, dass man
etwas verändern kann, muss allerdings
größer sein als die Angst vor dem Schei-
tern. Bausteine zum Experimentieren
sind beispielsweise:
• Pilotprojekte initiieren. Sie eignen sich
besonders gut, weil sie die Rückkehr
zum alten Zustand offenlassen und
damit die Sicherheit nicht beeinträch-
tigen.
• Lernorientiertes Umfeld schaffen (in-
novationsfördernde Räumlichkeiten;
Rückzugsorte …)
• Dialogplattformen für den Ideenaus-
tausch, interne Netzwerke (Communi-
ties of Practice)
• heterogene Teamzusammensetzung
• Möglichkeit für Mitarbeitende, sich auf
Projekte zu bewerben
• frei verfügbares Zeitbudget mit der Auf-
forderung, etwas daraus zu machen
(Beispiel Google)
• Open Space oder andere Großgruppen-
veranstaltungen
• eine Kultur entwickeln, in der Fehler
und produktives Scheitern erlaubt sind.
In vielen Unternehmen nimmt man sich
nicht die Zeit zur Reflexion. Projekte und
Prozesse werden selten systematisch re-
flektiert. Im Gegensatz zum Tier kann
der Mensch sein eigenes Verhalten beob-
achten, seine Handlungen reflektieren,
über seine Beweggründe nachdenken
und sie bis zu einem gewissen Grad auch
steuern. Erfahrungen allein machen die
Menschen nicht klüger, sondern erst ihre
Reflexion. Jeder Prozess bedarf, wenn
gelernt werden soll, der Reflexion. Wenn
es gelingt, gelegentlich innezuhalten und
das eigene Handeln zu hinterfragen, kön-
nen Routinen durchbrochen werden. Sich
der eigenen Motive und Antriebe bewusst
zu werden heißt, nach getaner Arbeit Dis­
tanz schaffen, um besser sehen zu kön-
nen.
Durch Reflexion erkennt man verbor-
gene Muster und wird sich der eigenen
Motive und Antriebe bewusst. Das Wahr-
nehmen und kritische Hinterfragen der
Denkmodelle und impliziten Regeln ist
eine wesentliche Voraussetzung für Ver-
änderungen. Wer die eigenen Handlun-
gen und Projekte auswertet, kommt sich
selbst auf die Schliche. Wie einzelne In-
dividuen müssen auch Unternehmen ler-
nen, die eigenen Werte und Lernmuster
zu hinterfragen, wie das in bestimmten
fehleranfälligen Bereichen bereits Rou-
tine ist. Keine Flugzeugcrew verlässt den
Flieger ohne Debriefing und in Spitälern
sind Fallkonferenzen fest eingeplant. Die
Möglichkeiten zu Feedback und Reflexion
sind vielfältig. Schon Sokrates empfahl
das offene Gespräch. Standortbestim-
Abenteuer.
Kinder lernen
leichter, wenn sie
experimentieren dürfen.
Bei Erwachsenen haben
sich die unterschiedlichs-
ten Formen des Projekt-
lernens bewährt.
Foto: Kiselev Andrey Valerevich / Shutterstock.com
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