wirtschaft + weiterbildung
11/12_2016
17
Foto: Ashridge
Unser Schlafzyklus wird durch eine Vielzahl von Dingen dik-
tiert, aber wir werden auf jeden Fall durch an- und ausge-
hendes Licht gestört. Wenn es dunkel ist, ist das ein Hinweis
für unseren Körper, dass es Zeit ist zu schlafen und wenn es
hell ist, aufzuwachen. Wenn Sie schlechte Vorhänge haben
und es sehr früh am Morgen hell wird, registriert das Ihr Kör-
per und bringt Sie in leichten Schlaf. Sie wachen früher auf
als Sie vielleicht wollen. Der dritte Faktor ist die Qualität von
Matratze und Kopfkissen. Für einen guten Schlaf ist es wichtig,
dass Sie nicht mit (Rücken-)Schmerzen aufwachen.
Wie kann ein Nickerchen während des Tages einen schlechten
Nachtschlaf ausgleichen?
Culpin:
Es gibt zwei Arten von Nickerchen. Eine dauert so zehn
bis fünfzehn Minuten. Ein Schläfchen dieser Länge ist wie eine
tiefe Meditation oder Achtsamkeitsübung. Das ist genug, um
sich ausgeruht zu fühlen, ohne in Tiefschlaf zu fallen. Denn
wenn Sie das tun – und das ist uns allen schon mal an einem
Samstagnachmittag auf dem Sofa passiert – dann fühlt man
sich sehr groggy, desorientiert oder hat manchmal ein biss-
chen Kopfschmerzen. Es dauert lange, bis man wieder richtig
aufwacht. Das will man natürlich vermeiden, vor allem am
Arbeitsplatz. Bei der anderen Art Nickerchen durchläuft man
den ganzen Schlafzyklus, was etwa eine bis eineinhalb Stun-
den dauert. Das ist ausreichend, um Erlebtes, zum Beispiel
vom Morgen, zu konsolidieren. Sie fühlen sich sehr entspannt
und regeneriert. Wenn Sie chronischen Schlafentzug haben, ist
diese Art Nachmittagsschlaf wunderbar. Natürlich werden aber
bei der Arbeit nur wenige Menschen so lange pausieren kön-
nen. Nickerchen sind aber nicht zwangsläufig gesund. Schlaf
basiert auf unserem Schlaf-Wachrhythmus, dem sogenannten
circadianen Rhythmus von 24 Stunden, und der Tatsache, wie
müde wir sind, dem sogenannten Schlafantrieb. Je länger wir
wach bleiben, desto müder werden wir. Gleichzeitig gibt es
einen 24-Stunden-Zyklus, der mit hell und dunkel, Tag und
Nacht einhergeht. Wenn Sie nun ein Nickerchen am Nachmit-
tag machen, vor allem, wenn es ein langes ist, dann reduziert
das ihren Schlafantrieb, sodass Sie nachts vielleicht schlechter
einschlafen können. Ein Teufelskreis entsteht!
Empfehlen Sie also ein Nickerchen am Arbeitsplatz?
Culpin:
Wichtig ist oft nicht der Schlaf, sondern einfach eine
Pause vom Job, von der geistigen Anstrengung. Wenn Sie spa-
zieren gehen, die Mittagspause an einem anderen Ort als Ihrem
Schreibtisch machen oder sich mit Kollegen unterhalten, ist
das oft so effektiv wie Schlaf. Manche Menschen sind vom
Typ her Lerchen, das heißt, dass sie die größte Energie am
frühen Morgen haben. Lerchen leiden oft nach dem Mittages-
sen und kämpfen sich bis zum Nachmittag durch, weil Sie ihr
Leistungshoch schon überschritten haben. Für diese Personen
kann ein Nickerchen am Nachmittag sehr effektiv sein.
Interview: Stefanie Hornung
Prof. Dr. Vicki Culpin.
Die Professorin für
„Organisational Behaviour“ ist überzeugt:
Die Qualität seines Schlafs kann jeder
selbst verbessern.