wirtschaft + weiterbildung
11/12_2015
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cken. Ein Weg, um den Verband und dem
Speaker-Beruf mehr Aufmerksamkeit zu
verschaffen, besteht darin, dass zur jähr-
lichen „Convention“ immer auch eine
Vielzahl prominenter Redner aus Politik
und Kultur eingeladen werden, die immer
ihren eigenen Medientross im Schlepptau
haben. In diesem Jahr trat der ehema-
lige Bundespräsident Christian Wulff auf
und sprach zur Affäre um seine eigene
„Causa“. In einer unaufgeregt wirkenden
Rede hielt er Rückschau und mahnte de-
zent, aber deutlich, dass in einem Rechts-
staat das „in dubio pro reo“ auch für Poli-
tiker, die eines Fehlverhaltens verdächtigt
würden, gelten müsse.
Viel Aufsehen erregt auch immer die
Verleihung des „Deutschen Rednerprei-
ses“. In diesem Jahr ging er an Dr. Auma
Obama. Die promovierte kenianische
Germanistin und Halbschwester von Ba-
rack Obama gilt als eine Preisträgerin,
die nicht redet, um zu reden, sondern
um ihre Stimme denjenigen zu leihen,
die selbst keine haben oder keine Gele-
genheit bekommen, ihre Anliegen nach
vorne zu bringen.
Authentisch und erfrischend bedankte
sich Obama in einer offensichtlich nicht
einstudierten Rede für den GSA-Preis.
GSA-Ehrenpräsident Prof. Dr. Lothar
Seiwert, Initiator des Deutschen Redner-
preises, begründete die Wahl der Jury:
„Auma Obama ist eine großartige Frau
und Persönlichkeit, die für ihre Überzeu-
gung einsteht und dabei auch nicht davor
zurückscheut, sich unbequemer Worte zu
bedienen. Sie macht klar, dass Worte die
Macht haben, Dinge zu bewegen und zu
verändern.“ In den Jahren zuvor hatten
Hans-Dietrich Genscher, Margot Käß-
mann, Dieter Zetsche, Roman Herzog
und der Dalai Lama den „Deutschen Red-
nerpreis“ erhalten.
In die „Hall of Fame“ der German Spea-
kers Association aufgenommen und so
für ihr Lebenswerk geehrt wurden in
diesem Jahr die Managementberaterin
Anne M. Schüller („Touchpoints“) sowie
der Führungskräftetrainer Boris Grundl
(„Selbstverantwortung“), der seit einem
Sportunfall vor 25 Jahren im Rollstuhl
sitzt. Der scheidende GSA-Präsident Buhr
sagte zu seinem Freund und Kollegen
Grundl: „Du bist durch Deine Lebens-
geschichte für viele Menschen zu einem
starken Vorbild geworden. Damit bist Du
ein wirksamer Lehrmeister, der seine Zu-
hörer ermutigt, sie befähigt, sie ermun-
tert, selbst Verantwortung für ihr Leben
zu übernehmen“. Grundl bewies Humor,
als er anmerkte: „Als sie sagten, ich hätte
meinen Erfolg nur haben können, weil
ich im Rollstuhl sitze – da wusste ich,
dass ich es wirklich geschafft hatte!“
Petra Folkersma
Wie aus 33,5 Milliarden schnell mal 7,1 Milliarden werden
Zwar sei immer die Rede davon, der Markt der beruflichen
Weiterbildung sei 33,5 Milliarden Euro schwer, doch diese
Zahl sei ein gutes Beispiel dafür, wie man sich geschickt
reichrechnen könne, so der Marktforscher Lünendonk. In
den 33,5 Milliarden seien zum Beispiel auch jene Ausfall-
kosten enthalten, die einem Arbeitgeber entstehen, wenn
seine Beschäftigten anstatt zu arbeiten an einer Schulung
teilnähmen. Außerdem seien in dieser Zahl auch Ausgaben
für Materialien sowie Softwareinvestitionen für das selbst-
gesteuerte Lernen am Arbeitsplatz und für die Einrichtung
von firmeninternen Seminarräumen enthalten. Ein großer
Teil der 33,5 Milliarden entfalle im Übrigen auf die Löhne
und Gehälter des fest angestellten Personals in den Wei-
terbildungsabteilungen der Unternehmen.
Lünendonk hat sich die Mühe gemacht und „rückwärts“
gerechnet: Die Kosten im Zusammenhang mit dem Arbeits-
zeitausfall beziffert er mit 17,7 Milliarden, für das Lernen
am Arbeitsplatz setzt er 5,1 Milliarden an und die Lohnkos-
ten der internen Aus- und Weiterbildner schätzt er auf 3,6
Milliarden. Deutschlands Unternehmen geben demnach
„nur“ 7,1 Milliarden Euro für den Einkauf von externen
Schulungen, Trainings und Coachings aus. Lünendonk for-
Weiterbildungsmarkt.
Thomas Lünendonk, Marktforscher und Experte für Branchenanalysen aus
Kaufbeuren, unterhielt die Teilnehmer der GSA-Convention mit einer heiter-ironischen Rede zum
Volumen des deutschen Weiterbildungsmarkts.
Thomas Lünen-
donk.
Der Markt-
forscher vermisst
„belastbare
Zahlen“, die den
Weiterbildungs-
markt beschreiben
könnten.
derte die GSA und andere Verbände auf, durch regelmäßige
Honorarumfragen unter ihren Mitgliedern für mehr Markt-
transparenz zu sorgen.
Seit 1999 erstellt Lünendonk jährlich Rankings der größten
Anbieter in unterschiedlichen Branchen. Das Ranking der
größten Akademien und Weiterbildungsanbieter musste er
wieder einstellen, da viele namhafte Akademien sich wei-
gerten, Umsatzangaben zu veröffentlichen. Die Liste der
größten Managementberatungen mit Sitz in Deutschland
(Nr. 1 ist Roland Berger) hat sich allerdings etabliert.
Foto: Porath