wirtschaft und weiterbildung 7-8/2015 - page 34

personal- und organisationsentwicklung
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wirtschaft + weiterbildung
07/08_2015
Bock. „Es ist die einzige Möglichkeit, ein
Patt aufzulösen, was am Ende des Tages
eine der primären Führungsaufgaben ist.“
Auch, wenn es um Geld und Status geht,
geht es wenig basisdemokratisch zu.
Zwar kann jeder Mitarbeiter jedem ande-
ren jederzeit einen (firmenfinanzierten)
Geldpreis von 175 US-Dollar zukommen
lassen und ihn für eine Beförderung vor-
schlagen. Bock spricht sich jedoch ex-
plizit dafür aus, die Mitarbeiter ungleich
zu bezahlen, also Top-Performer weitaus
besser zu vergüten als andere Mitarbeiter.
Ganz im Sinne der googleschen Fehler-
kultur, die auch Projekte fördert, deren
Erfolg ungewiss ist, belohnt Google zu-
weilen aber auch Mitarbeiter, die „brilli-
ant gescheitert“ sind – die also mit viel
Einsatz und Herzblut ein vielverspre-
chendes Projekt durchgesteuert haben,
bei dem letztlich aber der kommerzielle
Erfolg ausgeblieben ist.
Überhaupt nimmt das Scheitern in Bocks
Buch großen Raum ein. Den Schattensei-
ten des New-Work-Ansatzes bei Google
widmet er ein ganzes Kapitel mit dem
schönen Titel „Es gibt nicht nur Regenbo-
gen und Einhörner“. Hier geht Bock dar-
auf ein, dass Googler ihre Freiheit zuwei-
len missbrauchen. Jedes Jahr gebe es ein
größeres Datenleck, und jedes Mal werde
der Mitarbeiter gefeuert – egal, ob er ab-
sichtlich oder unabsichtlich dafür verant-
wortlich ist. Dennoch ist das Google-Ma-
nagement bereit, den Preis der Freiheit zu
bezahlen: „Die Kosten eines Datenlecks
sind gering im Vergleich zu der Offen-
heit, die wir alle genießen.“ Ein weiterer
wunder Punkt: Wer seinen Mitarbeitern
uneingeschränkte Freiheit gibt, muss zu-
weilen mit einem Wust von Ideen und
Meinungen kämpfen. Das macht einen
Konsens schwierig und raubt Zeit, Geld
und Nerven. Google versucht, dem etwa
mit einem jährlichen „Frühjahrsputz“
beizukommen, bei dem der CEO top-
down entscheidet, welche Projekte been-
det und welche weitergefüht werden.
Gute Behandlung ist Mittel
zum Zweck und Selbstzweck
Die Beispiele zeigen: Zwar ist nicht alles
beim New-Work-Konzept à la Google
neu; manches mutet gar traditionell
an und vieles ist einfach datenbasierte
HR-Arbeit. Grundlegend dabei ist aber
immer, die Zusammenarbeit konsequent
auf eine Vertrauenskultur aufzubauen.
Gänzlich ohne Lavalampen, Sitzsäcke
und Co. kommt diese freilich nicht aus:
Bock macht sich dafür stark, Mitarbei-
tern auch äußerliche Annehmlichkei-
ten zu bieten wie Services auf dem Fir-
mengelände – vom Friseurbus über die
Reinigung hin zur Maniküre im Konfe-
renzraum –, um die Effizienz und Inno-
vationsfähigkeit der Googler zu steigern.
Aber auch einfach so, um ihnen das
Leben leichter zu machen. Denn: Mit-
arbeiter gut zu behandeln, so Bock, sei
beides – Mittel zum Zweck und Selbst-
zweck.
Andrea Sattler
R
Zehn New-Work-Prinzipien bei Google
1.
der Arbeit einen Sinn geben
Firmen sollten Arbeit mit einer Idee oder einem Wert ver-
binden, die ein ehrliches Abbild dessen sind, was sie tun.
2.
den Mitarbeitern vertrauen
Wer glaubt, dass seine Mitarbeiter gut sind, muss trans-
parent und ehrlich sein und ihnen Mitbestimmung geben.
3.
nur einstellen, wer besser ist als man selbst
Ein Kommittee sollte über Einstellungen entscheiden,
objektiven Standards folgen, keine Kompromisse machen.
4.
entwickeln – nicht Leistung managen
Firmen sollten ein produktives Lernumfeld schaffen – etwa
mittels kontinuierlicher Entwicklungsgespräche.
5.
sich auf beide Extreme fokussieren
Die besten Mitarbeiter sollten andere trainieren – für die
schlechtesten müssen Alternativen gefunden werden.
Regeln.
Google gibt seinen Mitarbeitern maximale Freiheit bei der Gestaltung ihrer Arbeit. In
„Work Rules!“ fasst Laszlo Bock zusammen, welche Prinzipien diesem Konzept zugrunde liegen.
6.
gleichzeitig sparsam und großzügig sein
Firmen sollten Mitarbeitern günstige Benefits bieten,
jedoch nicht sparen bei Ereignissen wie Geburt oder Tod.
7.
Mitarbeiter unfair bezahlen
Die Top-Performer machen den meisten Umsatz – deshalb
sollten sie auch am besten bezahlt werden.
8.
Nudging nutzen
Bei Google gibt es viele kleine Anstöße, um das Mitarbei-
terverhalten zum Besseren zu ändern – etwa per E-Mail.
9.
gut mit steigenden Erwartungen umgehen
Misserfolge gehören dazu. Wer offen zugibt, mit Ideen zu
experimentieren, kann aus Kritikern Unterstützer machen.
10.
genießen – und wieder bei Punkt 1 anfangen
Eine gute Arbeitskultur und -umgebung verlangt ständiges
Lernen und Erneuern – aber nicht alles auf einmal!
Buchtipp.
Laszlo Bock: „Work Rules!“:
Insights from inside Google. 404 Seiten,
John Murray, London, 2015. 17,50 Euro.
1...,24,25,26,27,28,29,30,31,32,33 35,36,37,38,39,40,41,42,43,44,...68
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