wirtschaft und weiterbildung 7-8/2015 - page 24

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wirtschaft + weiterbildung
07/08_2015
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machen und es sollten einigen Lesern
Reisen zu den Schauplätzen ihrer wich­
tigsten Bücher ermöglicht werden. Elst­
ner verfasste einen kleinen Bericht über
die Entwicklung der Aktion und veröf­
fentlichte ihn auf vier Seiten in dem Buch
„Design Thinking Live“. „Ich wünsche
möglichst vielen jungen Menschen die
Chance, Teil eines solchen Projektteams
zu sein und ein Botschafter des Design
Thinkings zu werden“, schrieb Elstner
recht beeindruckt.
Wie Elstner berichten in diesem Buch
auch noch andere Experten über ihre Er­
lebnisse mit Design Thinking (zum Bei­
spiel folgende Vertreter von Wirtschafts­
unternehmen: Jochen Gürtler, SAP; Mar­
tin Wegner, DHL; Julia Leihener, Telekom
Creation Center; Claudia Kotchka, Procter
& Gamble; Matthes Derdack, Derdack
GmbH; Volkmar Weckesser, Gothaer Sys­
tems; Marcus Stüttgen, Janssen; Wolf­
gang Bayer, Siemens Healthcare; Marcel
Plaum, Fraport; Achim Gleißner, Sennhei­
ser). Die Autoren machen anschaulich,
dass Problemlösung, Ideenfindung und
„echte“ Innovation im interdisziplinär,
experimentell und vor allem nutzerori­
entiert angelegten Rahmen besser und
erfolgreicher möglich sind als in her­
kömmlichen Innovationsprozessen. Für
sie alle steht Design Thinking für eine
Denkweise, eine Art, die Welt zu sehen,
in deren Zentrum unbedingt der Mensch
steht, auf den sich alle Entwicklungs-
und Innovationsarbeit beziehen soll. Die
Beispiele zeigen, wie über das Werkzeug
Design Thinking eine neue Form der
Aufmerksamkeit und Achtsamkeit, eine
Haltung des vernetzten Denkens und
schließlich auch eine neue Arbeitskultur
entstehen kann.
Viele Unternehmensberichte sind mit drei
bis vier Seiten recht kurz und beschrän­
ken sich auf die wichtigsten Projekt-High­
lights. Aber es gibt auch lange, detaillierte
Berichte über Design Thinking im Busi­
ness. Die gründlichsten Beiträge kommen
von der Softwareschmiede SAP. Das heißt
aber nicht, dass Design Thinking am bes­
ten zu Programmierern passt. Drei sehr
ausführliche Beiträge berichten davon,
wie Design Thinking in der Weiterbildung
eingesetzt wird. Offenbar wird das Pro­
jektlernen durch diese Methode beson­
ders effektiv!
Selbst Frank Elstner macht
Design Thinking
Der in Ehren ergraute TV-Moderator und
„Wetten, dass …?“-Erfinder Frank Elstner
wurde ins Hasso-Plattner-Institut (HPI)
nach Potsdam eingeladen, um einen Vor­
trag über Kreativität im Showbusiness
zu halten. Bei dieser Gelegenheit lernte
er Design Thinking kennen. Das HPI
gilt als die Design-Thinking-Hochburg
Deutschlands. Der Ansatz basiert auf der
Annahme, dass Probleme besser gelöst
werden können, wenn Menschen unter­
schiedlicher Disziplinen in einem Kreativ-
umfeld zusammenarbeiten, gemeinsam
eine Fragestellung entwickeln, die Be­
dürfnisse von Verbrauchern berücksich­
tigen und dann Konzepte entwickeln,
die nach einer bestimmten Systematik
geprüft werden. Elstner gefiel die Sache
so gut, dass er schließlich den Ansatz
selbst nutzte und mit seiner Firma „El­
stnertainment“ ein studentisches Design-
Thinking-Projekt förderte.
Die Studenten entwickelten eine Aktion,
die Menschen dazu bringen soll, 50 für
sie relevante Buchneuerscheinungen
mithilfe des Internets zu entdecken. So
sollten zum Beispiel prominente Buch­
botschafter auf die Aktion aufmerksam
Gute Konzepte verdienen es,
sauber umgesetzt zu werden
„In meinen neun Jahren bei der Boston
Consulting Group habe ich gelernt, dass
die beste Strategie nichts nützt, wenn ihre
Umsetzung scheitert“, schreibt Winfried
Berner in seinem Vorwort. „1994 habe ich
deshalb ‚Die Umsetzungsberatung‘ ge­
gründet.“ Zwanzig Change-Projekte hat
Berner jetzt zu ausführlichen Fallstudien
verarbeitet. Jede Fallstudie umfasst rund
20 Buchseiten. Auch das, was schwierig
war, wird geschildert. Es geht um Fusi­
onen, Reorganisationen, IT-Projekte, ope­
rative Verbesserungen in Vertrieb, Verwal­
tung und Produktion, Sanierungen und
um Kulturveränderungsprojekte. Jede
Fallstudie besteht aus vielen Einzelschrit­
ten, die mit Fragen eingeleitet werden.
Wer die Fragen vorab für sich schriftlich
beantwortet, lernt am meisten, weil er
seine Change-Kompetenz mit der des Au­
tors vergleicht.
Berners Arbeitsweise entspricht der klas­
sischen Organisationsberatung: „Die
sinnvollste Rolle von Beratern ist es, das
Unternehmen nicht von außen zu verän­
dern, sondern einen Veränderungspro­
zess von innen anzuleiten und die Betrof­
fenen beratend zu unterstützen.“
Christoph Meinel, Ulrich Weinberg,
Timm Krohn:
Design Thinking Live: Wie man Ideen
entwickelt und Probleme löst,
Murmann Verlag, Hamburg 2015,
268 Seiten, 25,00 Euro
Winfried Berner:
Change! 20 Fallstu-
dien zu Sanierung, Turnaround, Pro-
zessoptimierung, Reorganisation und
Kulturveränderung, Schäffer-Poeschel,
Stuttgart 2015 (2., erweiterte Auflage),
524 Seiten, 49,95 Euro
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