wirtschaft + weiterbildung
07/08_2015
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Business-Coaching mit dem Grow-Modell von Whitmore
Was macht Coaching so erfolgreich?
Patricia Bossons:
Coaching geht im Gegensatz zu Training
oder Beratung naturgemäß in die Tiefe. Dabei spielt die
bilaterale Beziehung zwischen Coach und Coachee die
zentrale Rolle. Wenn dort das Vertrauen da ist, kann der
Prozess sehr intensiv wirken. Business Coaching soll ja
die Persönlichkeit direkt berühren. Oftmals werden dabei
dann verdrängte Glaubenssätze und unbewusste Verhal
tensmuster offengelegt oder alte Verletzungen werden wie
der fühlbar und danach im Verlauf verarbeitet.
Wie gehen Sie persönlich beim Coachen vor?
Bossons:
Ich arbeite häufig mit dem Grow-Modell. Grow ist
ein englisches Akronym: G steht für Goal, also „Ziel“, R für
„Reality“ (reale Situation), O für „Options“ (Optionen, also
was kann der Coachee in der realen Situation tun, was für
Möglichkeiten hat er) und W für „What (will you do about
it)“, also die geplanten Handlungen, die zum Ziel führen
sollen. Manchmal ist es so, dass der Coachee am Anfang
noch keinen Zugriff auf seine Ziele hat, weil sie noch nicht
in seinem Sichtfeld sind und er sie nicht beschreiben kann.
Das ist aber nicht schlimm, wenn man versteht, dass das
Grow-Modell nicht notwendigerweise linear funktionieren
muss. Ein guter Coach setzt dann etwa beim „Reality“-
Aspekt an und führt den Coachee durch die „Ist-Situation“
mit ihren Problemen und Hürden. Dann eröffnet sich meist
recht schnell der Blick auf Ziele und Wünsche.
Wie wichtig ist (Selbst-)Reflexion in diesem Prozess?
Bossons:
Enorm wichtig. Auf allen Ebenen des Modells
und im ganzen Coaching-Prozess sind immer wieder Refle
xions-Prozesse angezeigt, um die Selbst-Erfahrung und die
Selbst-Bewusstheit anzukurbeln und zu steigern. Diese
Reflexions-Prozesse sind einfach, aber sehr wirksam und
aussagekräftig, und laufen nach einem bestimmten Frage-
und Antwort-Muster ab. Dieses sieht so aus:
• Was habe ich wahrgenommen?
• Wie habe ich darauf reagiert?
• Was sagt das über mich aus?
Selbst-Reflexion ist vor allem für Führungskräfte absolut
unverzichtbar und erleichtert es oft sehr, mit bestimmten
herausfordernden Situationen souveräner und gelassener
umzugehen oder insgesamt menschenfreundlicher und
Interview.
Patricia Bossons, Psychologin, seit über zehn Jahren Business-Coach und
Direktorin des Henley Centre for Coaching and Behavioural Change der Henley Business
School in Großbritannien, schwört auf das Grow-Modell von John Whitmore. In diesem
Interview erklärt sie die Vorzüge dieses Ansatzes. Bossons selbst arbeitet gerade an ihrem
dritten Buch, das den Titel „Neuroscience of Leadership Coaching“ tragen wird.
mitarbeiterorientierter zu reagieren. Business-Coachs
erfahren immer wieder, wie schwer es für Führungskräfte
ist, die Kluft zwischen Theorie und Praxis in der Leader
ship zu überbrücken – wenn es denn überhaupt gelingt.
Wer hohe Ansprüche an sich selbst hat, kann unter dieser
„Gap“ schon sehr leiden. „Reflective leadership“, wie wir
es bei Henley nennen, kann eben auch helfen, zu erken
nen, wo es als Führungskraft noch in meiner Macht steht,
Sachen zu bewegen und zu ändern – und wo ich eventuell
der Situation ausgeliefert bin und mich gänzlich aus ihr
herausbewegen muss, um weiterzukommen.
Gibt es in Ihren Augen auch neuere Coaching-Formate?
Bossons:
Ich bin nicht von Natur aus altmodisch, aber
ich finde, dass die bewährten Formate sehr, sehr gut
funktionieren. Wie ich schon sagte, wir arbeiten viel und
gerne mit dem Grow-Modell und erzielen damit exzellente
Ergebnisse. Was ich wichtig finde, und das war ein wich
tiger Grund für die Arbeit an meinem neuen Buch, ist, die
Grundlagen für erfolgreiches Coaching weiter auszuloten
und auf immer noch mehr wissenschaftlich abgesicherte
Füße zu stellen. Das ist mir besonders wichtig, weil ich ja
nicht nur coache, sondern vor allem auch ausbilde. Wer
in ein Certificate in Coaching oder einen MSc in Coaching
and Behavourial Change investiert, der soll wissen, was
er bekommt.
Interview: Petra Folkersma
Foto: Pichler
Patricia Bossons.
Exzellente Ergebnisse mit Coaching.
