wirtschaft und weiterbildung 7-8/2015 - page 13

wirtschaft + weiterbildung
07/08_2015
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Foto: Achim Zimmermann
Dr. Achim Zimmermann
In einer kürzlich ergangenen Entscheidung
befasste sich das Oberlandesgericht Hamm (Urteil
vom 20.05.2014 - 4 U 57/13) mit der Werbung für
kinesiologische Behandlungsverfahren. In dem vor-
liegenden Fall bot eine Kinesiologin „begleitende
Kinesiologie“ und „Edu-Kinestetik-Brain-Gym“ an.
Auf ihrer Internet-Seite warb sie unter anderem mit
der Aussage: „Auf sanfte Art werden die Selbsthei-
lungskräfte aktiviert“ und bot gleichzeitig „Unter-
stützung oder Beschleunigung des Genesungspro-
zesses, Linderung bei körperlichen Beschwerden,
Hilfe bei Allergien und toxischen Belastungen“ an.
Dann definierte sie ferner Anwendungsgebiete
und benannte insbesondere „Migräne, Burnout
und Depressionen“. Auch zur Methode machte sie
Aussagen wie „mit sanftem Druck wird der Muskel-
tonus, zum Beispiel am Arm, getestet. So erfahren
wir, wo und wie der natürliche Energiefluss im Kör-
per beeinträchtigt wird. Kinesiologische Balancen
bauen Stress ab und regen die Selbstheilungs-
kräfte an.“
Das Gericht stellte fest: Die Äußerungen seien
irreführend und somit als unzulässige Heilmit-
telwerbung einzustufen. Fachlich umstrittene
Wirkungsangaben in den werblichen Aussagen der
Kinesiologin seien unzulässig, wenn nicht gleich-
zeitig die Gegenmeinung erwähnt wird, urteilte das
Gericht. Obwohl die Kinesiologin keine Heilung von
Krankheiten verspreche, suggeriere sie aber gleich-
wohl, dass die von ihr angebotenen Leistungen als
Ergänzung beziehungsweise Unterstützung einer
medizinischen und therapeutischen Behandlung
oder krankhaften Beschwerden beitragen können
und insoweit eine Wirkungsmöglichkeit bestehe.
Die Kinesiologin wies in ihrer Internetwerbung
nicht deutlich auf die Gegenmeinung hin. Dass die
versprochenen Vorteile und der Nutzen der Kine-
siologie zumindest von Teilen der medizinischen
Wissenschaft nicht anerkannt werden, stellt sie in
ihrer Werbung nicht ausdrücklich heraus. Wegen
der strengen Anforderungen des Heilmittelwer-
begesetzes müssen die getätigten Aussagen
aber wissenschaftlich gesicherten Erkenntnissen
entsprechen. Ein dahingehender Nachweis für die
Kinesiologie ist aber nicht erfolgt.
Die Aussagen der Entscheidung lassen sich auch
auf viele andere Bereiche der „alternativen“ (Heil-)
Methoden übertragen. Zu denken ist hier insbeson-
dere an NLP-Anwender, die den Abbau von Angst-
zuständen versprechen, oder an EMDR (Eye Move-
ment Desensitization and Reprocessing)-Coachs in
der Traumabehandlung.
Aber auch andere Techniken können
schnell Ärger mit sich bringen. Das Pro-
blem entsteht dort, wo Aussagen getrof-
fen werden, die eine Heilung versprechen.
Das kann dann der Fall sein, wenn ein
Klient zum Coaching kommt und sich dabei heraus-
stellt, dass es sich bei dessen Problem nicht um
ein harmloses Motivationstief, sondern um eine
handfeste Depression handelt. In solch einem Fall
liegt ein Beschwerdebild mit Krankheitswert vor.
Für dessen Behandlung ist zumindest die Zulas-
sung zum Heilpraktiker für Psychotherapie (der
sogenannte „kleine Heilpraktiker“) erforderlich.
Alles andere kann schnell die Behörden auf den
Plan rufen.
Rechts-Kolumne
Vorsicht bei Werbung
mit Heilversprechen
Dr. Achim Zimmermann ist mit rechtlichen Fragen rund um Training und Coaching in Theorie und Praxis vertraut: Er arbeitet als Rechtsanwalt und Mediator.
Zudem führt er juristische Schulungen für Trainer und Coachs durch.
Heilversprechen müssen auf wissen-
schaftlichen Erkenntnissen beruhen.
Haben Sie Fragen zu rechtlichen Themen rund um Training und Coaching? Dann schicken Sie uns eine
E-Mail an
sgewählte Fragen beantwortet unser Kolumnist Achim Zimmer-
mann monatlich an dieser Stelle.
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