personalmagazin 3/2019 - page 40

ginn des Projekts ein Plan aufgestellt und
dann im Projektverlauf abgearbeitet wird,
um die gesteckten Ziele zu erreichen. In
den meisten Unternehmen ist diese Vor-
gehensweise tief in den Plan- und Ent-
scheidungsstrukturen und in der Kultur
verwurzelt.
Die Orientierung an einem agilen
Mindset bedeutet nun gerade nicht, je-
des Projekt von vornherein und zwingend
anders durchzuführen als bisher. Mit der
Anwendung von agilen Prinzipien ist ja
gerade keine feste und vordefinierte Vor-
gehensweise verbunden. Vielmehr geht
es primär um die Orientierung an agilen
Leitlinien, auf deren Basis situationsbe-
zogen die richtigen Handlungsweisen
abgeleitet werden können. Zur Veran-
schaulichung lassen sich drei Ausgangs-
situationen von Projekten unterscheiden,
die typisch für die in Unternehmen auf-
kommenden Fragestellungen sind:
1. Problem und Lösung sind bekannt.
2. Das Problem ist verstanden, aber die
Lösung ist nicht hinreichend bekannt.
3. Das Problem ist nicht verstanden und
per Definition die Lösung ebenfalls
nicht.
Fall 1 ist ein Paradebeispiel für den Einsatz
der bekannten planbasierten Vorgehens-
weise. Mit klarer Ausgangslage und Ziel-
setzung kann bereits im Voraus festgelegt
werden, was durch das Projekt genau gelie-
fert werden soll. Dieses Vorgehen hat für
Unternehmen unter anderem den Vorteil,
dass eine genaue Ressourcen- und Bud-
getplanung vorgenommen werden kann
und die Stakeholder beziehungsweise
Auftraggeber genau wissen, was sie vom
Projektabschluss erwarten können. Durch
klar definierte Arbeitsergebnisse wird ein
effizientes Qualitäts- und Fortschrittscon­
trolling möglich und die Abstimmung zwi-
schen den Bereichen erleichtert.
Wie geschildert ist die Vorausset-
zung für einen planungsbasierten An-
satz ein stabiles Projektumfeld. In der
Praxis sehen sich Unternehmen jedoch
zunehmend mit Rahmenbedingungen
konfrontiert, die nicht mehr als stabil
bezeichnet werden können. Der techno-
logische Wandel, disruptive Veränderun-
gen, die Marktmacht der Konsumenten
und schnelllebige Kundenpräferenzen
führen zunehmend zu einem instabilen
oder komplexen Projektumfeld, in wel-
chem die Zielsetzung oder die Rahmen-
bedingungen eines Projekts nicht mehr
im Vorfeld bekannt oder vorhersehbar
sind. In einem solchen Umfeld kann eben
kein abschließender Plan zur Zielerrei-
chung aufgestellt werden. Wesentliche
Entscheidungen über den Projektverlauf
werden zu einem bestimmten Zeitpunkt
getroffen. Eine etwaige Lernkurve – aus-
gelöst beispielsweise durch das Feedback
vonseiten der Stakeholder – kann nicht
adäquat berücksichtigt werden.
Das zeigen die Fälle 2 und 3. Hier kann
der genaue Projektumfang mangels
Kenntnis nicht zu Beginn festgelegt wer-
den, sondern er konkretisiert sich erst
im Laufe des Projekts. Einfluss auf den
Projektumfang nehmen Stakeholder, Nut-
zer oder Auftraggeber in einem iterativen
Prozess. Dennoch werden in der Regel im
Vorfeld die zur Verfügung stehenden Mit-
tel sowie ein Zeitraum zur Realisierung
des Projekts bestimmt. Vereinfacht ge-
sagt wird also erst am Ende von Zeit und
Budget deutlich, welcher Projektumfang
genau erreicht wurde.
Die Abgrenzung der Fälle zeigt, dass
ein agiles Vorgehen nicht die bereits be-
stehenden Vorgehensweisen ersetzen
kann oder sollte, sondern dass es viel-
mehr bestimmte Anwendungsfälle für
In traditionsreichen Industrie­
unternehmen wie Heraeus ist
der Einsatz agiler Methoden
im Projektmanagement eher
neu, aber nicht unmöglich.
Foto: Heraeus
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Strategie & Führung
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