Agiles Projektmanagement ist aktuell
eines der internationalen Fokusthemen
– auch in der Industrie. Praktisch jedes
Unternehmen denkt darüber nach, agile
Methoden einzusetzen, oder beschäftigt
sich bereits konkret mit deren Umsetzung
im Tagesgeschäft. Die Beweggründe und
Ziele können dabei sehr unterschiedlich
ausfallen, was nicht zuletzt dadurch be-
dingt ist, dass der Oberbegriff „Agilität“
mitnichten einheitlich definiert ist. Viel-
mehr ist das Thema bestimmt durch die
Diskussion verschiedener Ausprägungs-
formen beziehungsweise Frameworks, die
jeweils sehr spezifische Methoden und
Varianten von agilem Projektmanage-
ment beschreiben. Daraus leitet sich
für viele Unternehmen und somit auch
für Heraeus die Frage ab, welcher dieser
Frameworks geeignet ist und ob etablierte
Strukturen damit obsolet sind.
Oftmals lassen sich die bereits im Detail
ausgearbeiteten Methoden mit ihren klar
beschriebenen Rollen, Regeln und Ritua-
len in Anleitungsform nicht in der eigenen
Organisation einführen oder ihre Einfüh-
rung erzeugt erheblichen Aufwand. Mög-
licherweise steht die isolierte Anwendung
der vorgeschlagenen Ansätze im Konflikt
mit den Prozessen anderer Abteilungen
oder mit der Art und Weise, wie unter-
nehmensintern Entscheidungen getroffen
und Ressourcen bereitgestellt werden. An-
wendungsfälle aus der Welt von Start-ups
und IT sollen die Methoden verständlich
machen, passen aber oftmals nicht zur
Realität im eigenen Unternehmen.
Diese Herausforderungen bergen das
Risiko, dass die Einführung agiler Metho-
den nicht den gewünschten oder sogar
einen negativen Effekt hat. Eine weitere
mögliche Folge ist, dass die Einführung
der agilen Arbeitsweise zu einer Beschäf-
tigung mit den methodischen Details der
verschiedenen Anleitungen verkommt
und der eigentliche Zweck der Einfüh-
rung aus dem Blick gerät. Gerade Scrum,
als wohl prominentestes Methodenbün-
del der agilen Projektmanagementmetho-
den, ist gekennzeichnet von bis auf die
Minute festgelegten Ritualen und exakt
beschriebenen Vorgehensweisen. Viele
Mitarbeiter und Führungskräfte sehen
sich daher schnell mit einzelnen Detail-
fragen wie zum Beispiel „Was ist die opti-
male Länge eines Sprints?“, „Wie nennen
wir in Zukunft unsere Projektmanager?“
oder „Darf der Bereichsleiter in das Pro-
jekt eingebunden werden?“ konfrontiert.
Anhand von drei Grundsätzen soll im Fol-
genden ein alternativer Weg beschrieben
werden, den Heraeus bei der Einführung
von agilem Projektmanagement im globa-
len HR-Bereich gegangen ist:
• Orientierung an einem agilen Mindset
anstelle von vordefinierten Methoden.
• Kombination von agilen Methoden mit
Ansätzen des klassischen Projektma-
nagements zur Schaffung eines neuen
Methodenbaukastens.
• Individuelles Anpassen der Methoden
und Vorgehensweisen je nach Projekt.
Die Orientierung an einem
agilen Mindset
Aus unternehmerischer Sicht ist das Ziel
von agilem Projektmanagement simpel:
Mit einem möglichst geringen Ressour-
ceneinsatz soll ein für den Endnutzer
bestmögliches Ergebnis erzielt werden
– eine Zielsetzung also, die Agilität mit
allen anderen Projektmanagement-Methoden gemein hat. Schaut man sich
die verschiedenen agilen Frameworks an,
geht es im Kern um wenige Prinzipien
und Vorgehensweisen, die man als agiles
Mindset zusammenfassen kann und die
allen Frameworks innewohnen:
• Prinzip 1: Systematische Einbindung
der Kundenperspektive
• Prinzip 2: Schrittweise Entwicklung der
Lösung und regelmäßige Überprüfung
des Projektfortschritts durch Kunden-
feedback
• Prinzip 3: Genügend Freiraum bei der
Entwicklung der Lösung
Auf Basis dieser grundsätzlichen Denk-
weisen und Prinzipien kann man für das
Projektmanagement konkrete Methoden
und Techniken ableiten, die sich in Pro-
jekte integrieren lassen. Es sind nicht die
Methoden, die ein agiles Management be-
gründen, sondern die Handlung entlang
der agilen Prinzipien oder Werte, egal
welche Art von Technik oder Methode
verwendet wird.
Kombination von agilen und
klassischen Methoden
Unternehmen, die sich mit der Einfüh-
rung von agilem Projektmanagement be-
schäftigen, setzen mit Sicherheit bereits
Projekte nach bestimmten Grundsätzen
um. Mit großer Wahrscheinlichkeit han-
delt es sich dabei um planbasierte Vor-
gehensweisen, bei denen jeweils zu Be-
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Projektmanagement