personalmagazin 9/2017 - page 30

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MANAGEMENT
_EIGNUNGSDIAGNOSTIK
personalmagazin 09/17
Tests das am wenigsten aufwendige und
kostengünstigste Verfahren. Dies ist kei-
nesfalls ein Grund für die Wissenschaft,
sich auf den Erfolgen auszuruhen. In
vielen Bereichen, wie zum Beispiel bei
den Themen Testangst und Akzeptanz
von Tests, bedarf es noch theoretischer
und technischer Fortschritte.
Selbstverständlich darf ein Intelli-
genztest nicht das alleinige Auswahl­
instrument sein. Mit dem Test wird
ähnlich wie mit einem Assessment Cen-
ter maximales Verhalten („can do“) er-
fasst. Eine solche Diagnose muss durch
Informationen zum typischen Verhalten
(„will do“) ergänzt werden, zum Beispiel
durch biografische Analysen. Leistung
ist das Produkt aus Können, Wollen und
Dürfen. Wenn einer der Faktoren null
ist, ist das ganze Produkt gleich null.
Diese Erkenntnis spricht dafür, sowohl
Intelligenz als auch andere Merkmale zu
diagnostizieren.
Wichtig ist aber festzuhalten, dass
jedes andere Instrument wie ein Inter-
view, ein Rollenspiel oder eine Grup-
pendiskussion mehr Probleme aufweist,
aufwendiger und weniger aussagekräf-
tig ist. Intelligenztests sind nicht perfekt,
aber wer sie in den Müll wirft, ohne eine
bessere Alternative zu haben, dokumen-
tiert, dass er mit leeren Händen dasteht.
Vorurteil drei:
Intelligenztests differenzieren auf
Top-Ebene nicht sinnvoll.
„Stimmt schon, aber auf der Top-Ebene
benötigen wir keine Intelligenztests,
denn …“ Begeben wir uns zu den letzten
vier Verteidigungslinien. Eine weitere
Schutzbehauptung lautet, dass alle Kan-
didaten für die Top-Ebene top-intelligent
seien. Zumindest verfügten sie über
eine so hohe Intelligenz, dass eine Dif-
ferenzierung auf diesem hohen Niveau
unergiebig sei (Schwellenwert-Theorie).
Bei diesem Argument handelt es sich
lediglich um eine positive Selbstillusi-
on. Es arbeiten weit mehr Menschen in
Top-Positionen als der obere Rand der
normalverteilten Intelligenz zulässt.
Und selbst wenn es gelänge, besonders
gute Leute zu gewinnen: Auch innerhalb
einer Gruppe von hochintelligenten Per-
sonen macht das Mehr an Intelligenz
nachweislich noch den Unterschied, wie
David Lubinski und Camilla Persson
Benbow in einer Längsschnittstudie mit
Hochbegabten zeigten: Innerhalb einer
Gruppe der Top-Scorer (die Ein-Prozent-
Besten mit IQ über 135) erwies sich das
untere Viertel (IQ 135) weniger erfolg-
reich als das obere Viertel (IQ ab 145).
Vorurteil vier:
Biografische Daten reichen aus.
Hat man dieses argumentative Bollwerk
überwunden, steht man vor der nächs-
ten Wand: „Okay, aber…“ Das Aber lau-
tet diesmal, dass sich die Intelligenz aus
der Biografie herauslesen ließe. Viel-
leicht liegt hier der Kern der Ablehnung.
„Die Frau / der Mann hat X und Sie wol-
len allen Ernstes einen Intelligenztest
durchführen?“ Diese Killer-Applikation
kann man fast immer anwenden, für X
kann man wahlweise einsetzen: Abitur,
(Fach-)Hochschulstudium, MBA, Promo-
tion, ein Zertifikat von Y und so weiter.
X kann beliebig aufgerüstet werden,
zum Beispiel mit einem Einser-Abitur,
einem Abschluss an der Stanford Busi-
ness School oder einem Summa cum
laude. Angesichts von X und Y stellt der
durch den Einsatz eines Intelligenztests
zum Ausdruck gebrachte Zweifel am in-
tellektuellen Potenzial eine Majestätsbe-
leidigung dar.
Nur ist heute nach Ausweis der Bio-
grafie fast jeder ein König. Bildungs-
abschlüsse werden nicht mehr nur
an wenige vergeben, sondern mit der
Gießkanne verteilt; die Abiturquote ist
von zehn auf mehr als 50 Prozent eines
Jahrgangs hochgeschnellt und statt fünf
Prozent studieren mehr als 40 Prozent
eines Jahrgangs. Die Großzügigkeit hat
viele Vorteile. Und sie hat Nachteile.
Wie immer in der Inflation ist das, was
alle haben, wenig wert. Würden sich Bil-
dungsangebote von Universitäten nur
Scales Verbal/Scales Numerical
Diese Tests messen die Fähigkeit, logische Schlussfolgerungen aus komplexen numerischen
oder verbalen Informationen in Form von Tabellen und Diagrammen oder Texten zu ziehen.
Verbal Reasoning Test, Numerical Reasoning Test
numerical-reasoning
Bei dem Test des sprachlichen Denkvermögens müssen die Teilnehmer(innen) aus einem Text
abgeleitete Aussagen daraufhin beurteilen, ob die Aussage richtig oder falsch ist. Bei dem
Test zum numerischen Denkvermögen werden die Teilnehmer aufgefordert, Fragen zu statis-
tischen Zahlen und Sachverhalten zu beantworten, die tabellarisch dargestellt sind.
Smart – Berufsbezogener Test zur kognitiven Kompetenz
Der Test erfasst die allgemeine kognitive Kompetenz. Alle Aufgaben sind durch eine über-
geordnete Geschichte, einem sogenannten „Overarching Scenario“, miteinander verbunden.
Aus verschiedenen Ereignissen im fiktiven Konzern „Inversagi“ leiten sich eine Reihe von
Aufgaben ab.
BEISPIELE
Hier finden Sie eine Auswahl an Tests speziell für die Auswahl von Managern, die mit
einer attraktiven Oberfläche eingekleidet sind.
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