personalmagazin 9/2017 - page 14

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TITEL
_AGILITÄT
personalmagazin 09/17
genschaften mit der übergreifenden
Einschätzung des Führungsstils aus Ab-
bildung drei. Während Mitarbeiter, die
sich in einem hierarchischen Führungs-
modell sehen, auch eine schlechtere
Einschätzung der einzelnen Führungsei-
genschaften abgeben, zeigen sich kaum
Unterschiede zwischen agilem und par-
tizipativem Führungsmodell. Das agile
Führungsmodell wurde im Fragebogen
als „weitgehende Hierarchiefreiheit
und Arbeiten in agilen Netzwerken mit
nach Bedarf gestalteten Projektgruppen“
operationalisiert. Die Ursachen für die
geringe Differenzierung lassen sich bei
der vorliegenden Befragung nicht voll-
ständig aufklären und bedürfen weiterer
Untersuchungen. Eine Erklärung könnte
sein, dass partizipative Strukturen als
vollkommen hinreichend wahrgenom-
men werden und agile Strukturen
partiell in die Nähe eines Laissez-faire-
Führungsstils gerückt werden, der eher
negativ besetzt ist.
Darüber hinaus liegt eine deutliche Dis-
krepanz zwischen der Selbst- und Fremd­
einschätzung vor: Die Führungskräfte
bewerten ihre eigene Führungsleistung
in allen Kategorien sehr positiv, negati-
ve Einschätzungen (stimme gar nicht zu
und stimme eher nicht zu) sind mit fünf
Prozent der Befragten vernachlässigbar.
Die positiven Antworten („stimme eher
zu“, „stimme voll und ganz zu“) erreichen
durchgängig Werte um die 80 Prozent.
Unzufriedenheit mit Führung wächst
Im vergangenen Jahr konnten wir über-
greifend noch ein hohes Maß an Zufrie-
denheit mit dem im Unternehmen geleb-
ten Führungsstil wahrnehmen. Dieses
Bild verändert sich (Abbildung fünf).
Waren in der Befragung 2016 noch 57
Prozent der Mitarbeiter und 65 Prozent
der Führungskräfte zufrieden oder sehr
zufrieden mit dem erlebten Führungsstil,
sind es jetzt 52 Prozent sowohl bei den
Mitarbeitern als auch bei den Führungs-
kräften. Interessant ist, dass viele Befrag-
te jetzt eher unentschieden, das heißt
noch nicht wirklich unzufrieden, sind.
Sollte bezüglich der Umsetzung innova-
tiver Führungsmodelle in den nächsten
Jahren kein Fortschritt erzielt werden, ist
allerdings eine Fortsetzung dieses Trends
zu erwarten und aus unentschiedenen
Mitarbeitern und Führungskräften dürf-
ten unzufriedene werden.
Schon jetzt zeigt sich, dass sich Mitar-
beiter den Vorgaben ihrer Vorgesetzten
widersetzen. Dies tun laut eigener Aus-
sage 15 Prozent regelmäßig oder oft und
37 Prozent manchmal. Als Hauptursache
wird hier die Vermeidung langer Abstim-
mungsprozesse (31 Prozent) genannt. 25
Prozent der Befragten trauen sich selbst
eine bessere Einschätzung der Kunden-
bedürfnisse zu als ihrem Vorgesetzten.
Beide Kategorien lassen Entscheidungen
zu, die durchaus im Sinne der Unterneh-
mensziele sind. Echter Widerstand („Ich
stimme nicht mit den Entscheidungen
des Vorgesetzten überein“) geben aber
immerhin noch 16 Prozent als Grund an.
Positive Effekte agiler Führung
Agilität ist kein Selbstzweck und dient
primär nicht der Förderung der Mitar-
beiterzufriedenheit, sondern soll die An-
passungsfähigkeit der Unternehmen er-
höhen. Es zeigen sich auf der Ebene der
produktivitätsrelevanten Mitarbeiterein-
stellungen positive Effekte agiler Struk-
turen und Führungsmodelle (Abbildung
sechs). Dazu wurde die Einschätzung
der Agilität des Unternehmens und der
Führung in Beziehung gesetzt zum Enga-
gement und der Mitarbeiterbindung. Es
zeigen sich durchgängig statistisch sig-
nifikante Unterschiede zugunsten agiler
Unternehmen. Allerdings ist aufgrund
des Befragungsdesigns die kausale Inter-
pretation, das heißt die Annahme, dass
Agilität Engagement und Bindung ver-
ursacht, nicht uneingeschränkt möglich.
Die Veränderungsgeschwindigkeit
wird auch in der vorliegenden Befra-
ONLINE
Die Studie „Agilitätsbarometer 2017 – So
agil sind Unternehmen in DACH“ ist ein Ge-
meinschaftsprojekt von Haufe und Promerit.
TNS Infratest hat dazu 1.812 Mitarbeiter
und 1.006 Führungskräfte aus Unternehmen
mit mehr als 100 Beschäftigten befragt. Der
Studienband ist kostenlos abzurufen unter:
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Nur eine Minderheit der Mitarbeiter ist der Überzeugung, dass die Führungskräfte ein
Umfeld für Selbstorganisation, Transparenz und Feedback schaffen.
ABB.4: FÜHRUNG AUS MITARBEITERSICHT
Die Mehrzahl der Führungskräfte in unserem Unternehmen ...
stimme voll und ganz zu
stimme eher zu
teils/teils
stimme eher nicht zu
stimme gar nicht zu
kann ich nicht beurteilen
… fördern ein offenes, vertrauensvolles Umfeld,
in dem produktiv gearbeitet werden kann
… fordern aktiv Feedback ein, um sich selbst
kontinuierlich weiterzuentwickeln
… schaffen Rahmenbedingungen für
Selbstorganisation, Ideen und Innovation
… unterstützen ihre Teams/Mitarbeiter dabei, die
Strategie in den Arbeitskontext zu übersetzen
… leben eine transparente Kommunikation vor
und fördern diese.
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