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PERSONALquarterly 03/19
SCHWERPUNKT
_KÜNSTLICHE INTELLIGENZ IN HR
S
eit geraumer Zeit wird der Einsatz von Algorithmen
und künstlicher Intelligenz (KI) im Personalbereich
ausgiebig diskutiert und ausprobiert. Als Hauptgrün-
de für den Einsatz von maschinellen Entscheidern
werden oft Kosteneinsparungen und eine potenziell höhere
Qualität der getroffenen Entscheidungen angeführt. Die ho-
he Entscheidungsqualität von Algorithmen kann auch durch
Meta-Analysen von Kuncel et al. (2013) und Grove et al. (2000)
bestätigt werden (vgl. PERSONALquarterly 04/2016). Ama-
zon erhoffte sich z. B. von einem selbstlernenden Screening-
Algorithmus der Lebensläufe eine bessere Vorauswahl der
Bewerber. Der Algorithmus lernte durch eine automatisierte
Auswertung von Entscheidungsdaten und Lebensläufen und
konnte Kandidaten für die nächste Bewerbungsrunde emp-
fehlen. Ein weiteres Beispiel stellte Googles Algorithmus zur
Vorhersage von Beförderungsentscheidungen dar, der sich
durch niedrigere Kosten und eine ähnliche Vorhersagequalität
zu menschlichen Entscheidern auszeichnete. Beide Projekte
wurden eingestellt. Amazon entschied sich gegen den Praxis
einsatz ihres Screening-Tools, da sich die Programmierer zum
Wahrnehmung von KI – Was denken Mit-
arbeiter über ihre Anwendung und Fairness?
Von
Chris Kaibel, Max Mühlenbock, Dr. Irmela Koch-Bayram
und
Prof. Dr. Torsten Biemann
(Universität Mannheim)
Teil selbst nicht mehr sicher waren, welche Entscheidungsheu-
ristiken in der „Black Box“ des selbstlernenden Algorithmus
über die finale Bewertung der Kandidaten entschieden. Bei
Google stellte man das Programm mit der Begründung ein,
„People should make people decisions“.
Im Folgenden wollen wir die Wahrnehmungen von Algorith-
men und KI für Managemententscheidungen näher beleuch-
ten und drei Forschungsfragen untersuchen. Zuerst möchten
wir die Präferenzen von Mitarbeitern betrachten. Entlang des
Employee Life Cycles gibt es zahlreiche personalrelevante
Entscheidungen, für die maschinelle Entscheider eingesetzt
werden könnten. Unklar ist, ob es für die unterschiedlichen
Entscheidungen auch unterschiedliche Präferenzen für
menschliche oder maschinelle Entscheider gibt. Auf der einen
Seite könnte es sein, dass Mitarbeiter Algorithmen-basierte
Entscheider eher akzeptieren oder sogar bevorzugen, wenn
es um objektive Auswertung von Daten im Rahmen des Selek-
tionsprozesses oder des Gehaltspakets geht. Auf der anderen
Seite könnte es sein, dass z. B. nach einem Interview oder bei
einer Leistungsbeurteilung der Wunsch nach einem mensch-
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2
1
Screening
Soziale Medien*
Screening
Lebenslauf*
Online-
Persönlichkeitstest*
Digitales
Interview*
Persönliches
Interview*
Selektions-
entscheidung*
Quelle: Eigene Darstellung
Abb. 1:
Mittelwerte bei Entscheidungen in der Personalbeschaffung und -auswahl
3,63
3,80
3,43
3,66
3,81
3,69
2,95
2,84
3,25
2,90
2,38
2,53
3,77
3,98
3,56
3,82
4,16
4,13
HR-Experte (Mittelwert)
Vorgesetzter (Mittelwert)
Algorithmus (Mittelwert)
Bemerkung: n = 325; *signalisiert einen signifikanten Mittelwertsunterschied zwischen dem Algorithmus und dem HR-Experten;
Skala: 1 = zu einem geringen Umfang; 5 = größtenteils