Immobilienwirtschaft 4/2019 - page 28

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FINANZIERUNG, INVESTMENT & ENTWICKLUNG
I
TITELTHEMA
bisher keine. „Von Insellösungenwie dem Informationsaustausch
per E-Mail und der Vergabe von Passwörtern zur Abfrage von
Kontoständen muss man sich verabschieden“, sagt Stefan
Schmidt
huber, Leiter wohnwirtschaftliche Immobilien und Port-
folien der BayernLB.
Charakteristisch für einen Trendsetter ist es sicherlich nicht,
zurückhaltend zu sein und abzuwarten. Bei der digitalen Immo­
bilienfinanzierungs-PlattformBrickVest ist die BerlinHyp bereits
seit 2017 als Investor engagiert. „Sie hilft uns dabei, unseren Kun­
den ein breiteres Produktangebot zur Strukturierung von Immo­
bilientransaktionen zu offerieren“, sagt Arnheiter. Fokussiert habe
man sich zunächst vor allem auf den Bereich Mezzanine-Kapital
sowie die Beschaffung von Eigenkapital, insbesondere für Pro­
jektfinanzierungen. Nun soll das Spektrum um Fremdkapital­
instrumente erweitert werden.
„Die Digitalisierung beschleunigt die Prozessstandardisie­
rung in der gewerblichen Immobilienfinanzierung“, ist Thomas
Schneider, CIO von BrickVest, überzeugt. Als nächstes Segment
hat er die Syndizierung gewerblicher Immobilienkredite im Vi­
sier. Die hierfür geplante zusätzliche digitale Plattform soll spä­
testens bis August funktionstüchtig sein. „Sie wird Darlehens­
syndizierungen beschleunigen und deren Preisbildungsprozess
transparenter machen“, kündigt Schneider an.
„Aktuell läuft die Partnersuche im Bankensektor meist so
ab, dass die Geldinstitute als Deal Arranger bei großvolumigen
Finanzierungen mit einer Handvoll der in Frage kommenden
Geldhäuser selbst Kontakt aufnehmen“, so Arnheiter. Das wäre
künftigmit demEinsatz einer intelligenten Plattformlösung effizi­
enter realisierbar. Andere Immobilienbanken sollen sie zu diesem
Zweck ebenfalls nutzen. „Wie unsere bestehenden wird die neue
eine offene Plattform sein“, betont Schneider. Dass zumindest ein
weiterer gewichtiger gewerblicher Immobilienfinanzierer auf ihr
aktiv sein wird, ist jetzt schon sicher. Die Aareal Bank hat sich erst
vor einem halben Jahr gleichfalls an BrickVest finanziell beteiligt
und mitgeteilt, deren Plattformen zur Transaktionsoptimierung
einzusetzen.
Digitale Handelsplätze und Datenräume
gewinnen an Bedeutung, Intermediäre
werden dagegen zurückgedrängt
Die Helaba befindet sich in Lauerstellung, ebenso die Ba­
yernLB. „Was sich bei digitalen Plattformen tut, verfolgen wir
interessiert mit“, so Schmidthuber. Das gilt gleichermaßen für
die pbb, die erste Kooperationen mit Fin- und PropTechs prüft.
Nicht vergessen werden sollte in diesem Zusammenhang,
dass es schon vor Anbruch des digitalen Zeitalters nicht allein
Kreditinstitute waren, die große gewerbliche Immobilienfinanzie­
rungen als Deal Advisor eingefädelt haben. „Das machen wir für
Versicherungen und selbst Banken seit über sechs Jahrzehnten“,
betont Hans Peter Trampe, Vorstandsvorsitzender der Dr. Klein
Firmenkunden AG. Der Finanzvertrieb ist Teil der börsenno­
tierten Hypoport-Gruppe, in die auch Finanzierungs- und Ver­
triebsplattformen eingebettet sind. „Pro Jahr arrangieren wir
mehr als 200 Finanzierungen im Senior-Segment“, bilanziert
Trampe. Das geschehe im Vergleich zum Privatkundengeschäft
bislang eher wenig digital strukturiert. „Aber das wird sich bald
ändern“, verspricht er. „Dabei werden einheitlich gestaltete, an die
jeweilige digitale Plattformangedockte Datenräume eine wichtige
Rolle spielen.“ Über das hierfür nötige Know-how verfüge die
Hypoport-Gruppe.
„Für die digitale Welt ist prägend, dass Intermediäre an Be­
deutung einbüßen“, sagt Branchenkenner Macketanz von EY.
Deswegen prüft das Beratungsunternehmen auch für den ge­
werblichen Immobilienfinanzierungsbereich Kooperationenmit
digitalen Handelsplätzen.
Finanzierungsplattformen haben
das Potenzial, die Immobilienbanken
landschaft umzukrempeln
Einer, der dafür prinzipiell in Frage käme, könnte CredX
(creditmarkets.com) sein. Der Handelsplatz ist auf drei Finan­
zierungssegmente ausgerichtet. Im Bereich „Spezialfinanzie­
rungen“ können sowohl Senior- als auch Mezzanine-Tranchen
ausgeschrieben werden. Laut Ralf Kauther, Vorstand von CredX,
reicht das Spektrum der Investoren von den Hypothekenbanken
über Versicherungen und andere Versorgungsträger bis zu Kre­
ditfonds.
Beim Blick auf die Entwicklungen im Bereich der digitalen
Plattformen kann sich Michael Spiegel, CEO der Capveriant
GmbH, einer Tochtergesellschaft der pbb, vorstellen, dass die
pbb nicht nur über eine digitale Finanzierungsplattform agiert,
sondern mehrere nutzt. „Man muss sich nicht zwingend an Fin­
Techs beteiligen, ummit ihnen zusammenzuarbeiten“, resümiert
er. Dennoch will Spiegel Engagements nicht völlig ausschließen.
Die pbb verstehe sich aber nicht als Start-up-Inkubator.
Macketanz wäre nicht verwundert, wenn die Plattform-Öko­
nomie auch die Gilde der gewerblichen Immobilienfinanzierer
gehörig durcheinanderwirbeln würde: Die große Dominanz der
großen Pfandbriefbanken als Strukturierer großvolumiger Finan­
zierungen könnte ins Wanken geraten, mutmaßt er. Über diese
Kompetenz verfügten nämlich beispielsweise Beratungsunter­
nehmenwie EY genauso. Sollte sich seine Prognose erfüllen, wäre
das keine gute Nachricht für die ohnehin unter Druck stehende
Branche.
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Norbert Jumpertz, Staig
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