Immobilienwirtschaft 4/2019 - page 26

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FINANZIERUNG, INVESTMENT & ENTWICKLUNG
I
TITELTHEMA
aus der gewerblichen Immobilienfinanzierung weitgehend ver­
abschiedet. Sollte es tatsächlich zu einem Zusammenschluss der
beiden Häuser kommen, dürfte das gewiss die eine oder andere
Korrektur in der geschäftlichen Ausrichtung zur Folge haben. Im
Zuge der Integration der Postbank in die Deutsche Bank würde
deren gewerbliches Immobilienfinanzierungsgeschäft beimneu­
en Finanzgiganten landen. Offen ist, was mit diesemBestand von
9,1 Milliarden Euro (Stand: Mitte 2018) dann geschehen würde.
Im Sparkassensektor ist ebenfalls Nervosität spürbar. Schon
länger blickt man dort mitunter neidisch auf die Genossenschafts­
banken, die vorgemacht haben, wie man Strukturen sinnvoll
strafft. Mit der DZ Hyp verfügen sie über einen überregionalen
Immobilien-Topfinanzierer. Im Sparkassenuniversum zeichnet
sich so eine Aufgabenfokussierung nicht ab. DemVerbandDSGV
wäre es am liebsten, wenn die fünf Landesbanken plus die Berlin
Hyp in einer Super-Landesbank aufgingen.
Dieser Vorschlag stößt jedoch vor allem bei der BayernLB
und der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) auf wenig Ge­
genliebe. Sie wollen eigenständig bleiben und sich allenfalls am
weiteren Konsolidierungsprozess beteiligen. So hat die LBBW ihr
Interesse an der Deutschen Hypo bekundet, sollte diese aus der
angeschlagenen NordLB herausgetrennt werden. Das kann aber
kaum darüber hinwegtäuschen, dass es so schnell wohl nicht zu
einer Verständigung untereinander kommen dürfte, wie sich die
Spitzeninstitute in der Zukunft positionieren werden. Momentan
können Reibungsverluste, die Margen und Gewinne beeinträch­
tigen, noch gut weggesteckt werden, weil das Kreditgeschäft gut
läuft und kaum Ausfälle zu verkraften sind.
Insofern verwundert es nicht, dass gemeinsame Digitalisie­
rungsbestrebungen bis jetzt eher fruchtlos blieben. Die Berlin
Hyp versteht sich dennoch als Trendsetter. „Wir haben uns zum
Ziel gesetzt, der modernste gewerbliche Immobilienfinanzierer
Deutschlands zu sein“, gibt Matthias Arnheiter, Leiter Unterneh­
mensstrategie der BerlinHyp, dieMarschroute vor. Ein wichtiger
Baustein der Digitalisierungsoffensive des Geldhauses sind Koo­
perationen mit Fin- und PropTechs, mitunter beteiligt man sich
sogar an ihnen. „Das hat den Vorteil, Innovationen auf diesem
Gebiet schneller und gezielter voranbringen zu können“, findet
Arnheiter. Als Beispiele für gelungene Partnerschaften mit Tech-
Neulingen nennt er BrickVest und 21st Real Estate.
Banken wollen ihre verborgenen Daten-
schätze heben – und greifen auf die Hilfe
von Fin- und PropTechs zurück
Das Start-up OneSite ImmoAgent hat die Berlin Hyp selbst
gegründet. „Der Besichtigungsprozess bei Finanzhäusern und
Investoren kann durch den Einsatz des Crowd-Gedankens effi­
zienter und Ressourcen schonender gestaltet werden“, sagt Arn­
heiter. Über die App „Immo-Agent“ ist es möglich, tagesaktuelle
Besichtigungen durchzuführen. Die daraus gewonnenen Infor­
mationen werden geprüft, ausgewertet und mit einem Bericht
versehen. „Ergänzt durch Mikro- und Makrodaten des Start-ups
21st Real Estate können so zeitnah Immobilienexposés vollauto­
matisiert angefertigt werden“, erklärt Arnheiter. Derartige Kon­
zepte gefallen Prof. Sebastian: „Sie helfen Banken, den Kosten­
druck zu mildern, und im Idealfall können sie auf diese Weise
sogar neue Erlösquellen erschließen.“
Ähnlich denkt die Helaba. „Banken verfügen über einen
enormen Datenschatz, der aber unstrukturiert und nicht digital
sowie teilweise noch in Papierform verwahrt wird“, stellt Ale­
xander Saur, Leiter Digitalisierung Real Estate der Helaba, fest.
Um daraus Kapital zu schlagen, sei ein integrierter Datenpool
vonnöten, auf Basis einer systematischen und standardisierten
digitalen Datenerfassung. Ähnlich wie die BerlinHyp kooperiert
dieHelaba bei der digitalen Prozessoptimierungmit FinTechs. An
rund 15 Start-ups ist sie sogar beteiligt.
Die BayernLB gibt sich ebenfalls aufgeschlossen, was Part­
nerschaften mit FinTechs betrifft. Realisiert wurde allerdings
»
„Die Digitalisierung be-
schleunigt die Prozess-
standardisierung in der
gewerblichen Immobili-
enfinanzierung.“
Thomas Schneider,
CIO von BrickVest
Foto: BrickVest; Helaba
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