Immobilienwirtschaft 4/2019 - page 16

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POLITIK, WIRTSCHAFT & PERSONAL
I
25 JAHRE RICS DEUTSCHLAND
Judith Gabler, 25 Jahre RICS Deutsch-
land, was bedeutet das für Sie persön-
lich?
Das ist schon etwas sehr Besonderes.
Die Stelle bei der RICS war mein zweiter
Job in Deutschland, und es war mir nicht
bewusst, wohin die Reise gehen könnte.
Meine Aufgabe war es zunächst, Struk-
turen aufzubauen und Prozesse einzufüh-
ren. UndMenschen zusammenzubringen!
Das ist bis heute, auch hier auf der Mipim,
eine wichtige Mission der RICS.
Und nicht so sehr die Lobbyarbeit?
Wir
verstehen uns als Politikberater, nicht als
Lobbyisten. Gemäß unserer Charta sind
wir demGemeinwohl verpflichtet und ver-
treten keine Partikularinteressen. Seit fünf
Jahren arbeiten wir auf dieser Grundlage
verstärkt mit der Politik zusammen. In
unseren „RICS Positionen“, etwa zu be-
ruflichen Qualifikationen, bezahlbarem
Wohnen, ländlichem Raum oder aktuell
zum Erbbaurecht formulieren wir – neu-
tral und unabhängig – Lösungsvorschläge
zu wichtigen Fragen. Das kommt bei un-
seren Gesprächspartnern gut an.
Die RICS versteht sich als Mittler zwi-
schen der Immobilienwelt und ande-
ren Welten. Kann man das so sagen?
Ja, durchaus. Ganz wichtig dabei ist die
Frage: Was bewegt die Menschen in der
Zukunft? Wir haben 2015 unsere erste
große Studie dazu gemacht und auf vielen
Märkten mit unterschiedlichen Akteuren
gesprochen. Dabei kristallisierten sich für
unseren „Futures Report“ Hauptthemen
heraus wie Ethik, Smart Cities, Technolo-
gie, Leadership oder Kollaborationen. Ein
Beispiel: Viele wiederkehrende Arbeiten
werden künftig vonMaschinen übernom-
men. Ein davon stark betroffenes Segment
ist die Wertermittlung.
Berufsbilder ändern sich. Sie werden
maßgeblich von der Digitalisierung ge-
prägt. Inwiefern verändert sich dadurch
die Immobilienwirtschaft als Ganzes?
Der Immobilienprofi der Zukunft benötigt
mehr denn je einen ganzheitlichen Blick.
Die Datengrundlage ist vorhanden, wird
immer umfangreicher und transparenter.
Ausschlaggebend ist es, diese Daten zu-
sammenhängend zu interpretieren, auch
über den Immobiliensektor hinaus.
Wir werden aber in fünf Jahren nicht alle
Generalisten sein ...
Natürlich nicht. Aber
es rücken andere Fertigkeiten in den Vor-
dergrund, beispielsweise weiche Faktoren
wie Beratungskompetenz, die Fähigkeit,
gut mit Kunden umzugehen, nachhaltiges
und ethisches Denken. Zudem benötigen
Professionals einGrundverständnis für die
Digitalisierung.
Ein Grundverständnis, nicht mehr?
Not-
wendig ist in jedem Fall das Know-how,
wie Daten genutzt werden können als
Grundlage für Entscheidungen, in denen
es umAkquise, Projektentwicklung, Facili-
ty Management undWertermittlung geht.
Aber nicht jeder wird zum Datenprofi
werden können.
Nein. Und es werden
auch nicht alle Berufsbilder gleich schnell
von der Digitalisierung betroffen sein.
Trotzdem wird die Fähigkeit, die eigenen
Daten zu interpretieren und zu managen,
immer wichtiger, um Gebäude zu erstellen
und zu bewirtschaften, in denenMenschen
gerne wohnen und arbeiten. Wenn es der
Branche nicht gelingt, bereits existierende
Daten zu konsolidieren, werden es Vertre-
ter anderer Branchen übernehmen. Damit
würden Kompetenzen aus der Hand gege-
ben, was nicht gut wäre. Das ist übrigens
auch ein Thema, das verstärkt von den
Hochschulen besetzt werden sollte.
Wird sich aufgrund der von Ihnen dar-
gestellten Veränderungen die RICS nicht
auch neu aufstellen müssen?
Natürlich
begleitenwir neue oder veränderte Berufs-
Foto: RICS
Kenntnisse im Datenmanagement
werden wichtig
„Wenn es der Branche nicht
gelingt, bereits existieren-
de Daten zu konsolidieren,
werden es Vertreter anderer
Branchen übernehmen.
Damit würden Kompetenzen
aus der Hand gegeben.“
Judith Gabler,
Acting Managing Director Europe, RICS
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