Immobilienwirtschaft 5/2019 - page 46

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VERMARKTUNG & MANAGEMENT
I
RECHT
Präsentiert von:
Rechtsanwältin Constanze Becker
Fachanwältin für Miet- und Wohnungs-
eigentumsrecht, München
Maklerrecht
des Zeitablaufes, wohl aber weil die per­
sonelle Identität zwischen Maklerkunden
(Mutter) und Erwerber (Sohn) fehlt.
Entscheidend ist für die Frage nach Kon­
gruenz beim Erwerb des nachgewiesenen
Objekts durch einen Dritten nämlich, ob
der Maklerkunde im Einzelfall wegen
seiner Beziehungen zum Erwerber gegen
Treu undGlauben verstoßenwürde, wenn
er sich darauf beriefe, der ursprünglich
von ihm erstrebte Vertrag sei nicht mit
ihm selbst, sondern einem Dritten abge­
schlossen worden.
Die Kongruenz bleibt nur dann bestehen,
wenn zwischen demKunden und demEr­
werber eine besonders enge persönliche
oder besonders ausgeprägte wirtschaft­
liche Beziehung besteht. Das kann einmal
der Fall sein, wenn der Maklerkunde nur
vorgeschoben wird, ohne tatsächlich ein
SACHVERHALT:
Die klagende Immobi­
lienmaklerin bot eine Immobilie zum
Verkauf an. Die Kundin besichtigte das
Objekt nach Absprache mit der Maklerin.
ImAnschluss an den Besichtigungstermin
unterzeichnete sie einenMaklervertrag, in
dem sie sich zur Provisionszahlung beim
Kauf verpflichtete.
Bei einem späteren Besichtigungstermin
nahm die Kundin ihren Sohn mit. Dieser
zeigte auch Interesse am Erwerb des Ob­
jekts und verhandelte nachfolgendmit der
Klägerin alsMaklerin, brach dann aber die
Verhandlungen ab. Der Sohn erwarb das
Objekt jedoch sechs Monate später nach
Einschaltung eines anderen Maklers zu
einem niedrigeren Kaufpreis. Die kla­
gende Maklerin verklagt die Kundin als
Mutter des Sohnes auf die vereinbarte
Provision.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Die Klage der
Maklerin hat keinen Erfolg. Ein Anspruch
auf Provision gegen die Mutter des Käu­
fers besteht nicht. Der Bundesgerichtshof
bestätigt zwar, dass die Tätigkeit der Mak­
lerin für den Abschluss des Kaufvertrages
mit dem Sohn ursächlich gewesen sei, da
weder der Zeitablauf von sechs Monaten
noch der niedrigere Kaufpreis die Kau­
salität unterbrechen konnten. Hier fehlte
es an der erforderlichen Kongruenz zwi­
schen dem beabsichtigten und dem spä­
ter zustande gekommenen Vertrag. Dies
nicht wegen des Preisnachlasses, denn
Preisnachlässe lassen die Kongruenz in
der Regel nicht entfallen, wenn sie bis zu
15 Prozent betragen. Auch nicht wegen
eigenes Interesse am Hauptgeschäft zu
haben, zum anderen bei wirtschaftlicher
Identität, wie sie nicht nur in ausgespro­
chenen Umgehungsfällen vorliegt, son­
dern schon bei engen persönlichen oder
wirtschaftlichen Beziehungen, aufgrund
deren der Vertragsschluss dem Makler­
kunden im wirtschaftlichen Erfolg ähn­
lich wie ein eigener zugutekommt, etwa
wenn der Maklerkunde das erworbene
Objekt später ganz oder teilweise selbst
nutzt. Verwandtschaft, Ehe oder Lebens­
partnerschaft zwischen Maklerkunden
und Erwerber allein genügen allerdings
nicht. Diese Voraussetzungen lagen hier
offenbar nicht vor bzw. konnten nicht be­
wiesenwerden. DieMaklerkundinmusste
keine Provision zahlen.
PRAXISHINWEIS:
Wichtig wäre es hier
also gewesen, auch mit dem Sohn einen
Maklervertrag abzuschließen, in dem
dieser eine entsprechende Vereinbarung
hätte unterzeichnen müssen. Allein die
persönliche Verbindung von Kunde und
Käufer reicht nach diesemUrteil nicht aus.
Wenn die beklagte Kundin allerdings das
Objekt dann bezogen hätte, wäre das Ur­
teil sicherlich anders ausgefallen.
Maßgeblich für die Bejahung eines Pro­
visionsanspruchs ist nach der Rechtspre­
chung des Bundesgerichtshofs, dass der
Maklerkunde imHinblick auf seine Bezie­
hungen zu dem Erwerber gegen Treu und
Glauben verstieße, würde er sich darauf
berufen, dass der ursprünglich erstrebte
Vertrag nicht mit ihm, sondernmit einem
Dritten abgeschlossen worden wäre.
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Erwerb durch Sohn des Kunden – Provision?
1. Auch wenn der Maklerkunde und der Erwerber eines Objekts besonders eng persönlich verbunden sind, ist der
Maklerkunde dem Makler zur Provisionszahlung nur verpflichtet, soweit ihm der Vertragsschluss im wirtschaftlichen
Erfolg ähnlich zugutekommt wie ein eigener.
2. Die Provisionspflicht besteht nicht allein deshalb, weil der Maklerkunde mit dem Erwerber eng persönlich verbunden ist.
BGH, Urteil vom 17.10.2018 - I ZR 154/17
Fälligkeit der Provision? Wenn ein Dritter
kauft und nicht der Vertragspartner, kommt
es darauf an, wie nahe sich beide stehen.
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