Immobilienwirtschaft 5/2019 - page 42

42
VERMARKTUNG & MANAGEMENT
I
VERWALTERPRAXIS
rium, etwa Miteigentumsanteilen oder
Anzahl der Einheiten, folgt.
Das Einberufungsverlangen muss
schriftlich erklärt werden. Ein Telefax­
schreiben erfüllt das Schriftformerfor­
dernis nicht.
Die Eigentümer müssen das Einberu­
fungsverlangen nicht in einer Urkunde
erklären. Es genügt, wenn sie unabhän­
gig voneinander die Durchführung ei­
ner Versammlung mit inhaltsgleichen
Tagesordnungspunkten verlangen.
Den Zeitpunkt der Versammlung be­
stimmt der Verwalter. Sein Ermessens­
spielraum ist bei einer erst zweieinhalb
Monate nach Eingang des Einberufungs­
verlangens stattfindendenVersammlung
überschritten. Die Versammlung sollte
binnen zweiWochen einberufenwerden
und binnen Monatsfrist stattfinden.
Widerrufen einzelneWohnungseigentü­
mer ihr Einberufungsverlangen und ist
infolgedessen dasMinderheitenquorum
nicht mehr erfüllt, entfällt die Pflicht des
Verwalters, die begehrte Wohnungs­
eigentümerversammlung einzuberufen.
Verweigert der Verwalter die Ein­
berufung der Versammlung auf ein be­
rechtigtes Einberufungsverlangen hin,
kann ihn jeder Wohnungseigentümer
klageweise auf Einberufung in Anspruch
nehmen (AG Hamburg-Altona, Urteil v.
19.07.2016, 303c C 7/16).
4. LADUNGSMÄNGEL
Zur Beschlussnichtigkeit führt es, wenn
ein Wohnungseigentümer und nicht der
Verwalter zur Versammlung lädt (AGKas­
sel, Urteil v. 15.02.2018, 800 C 3197/17).
Lädt der „Verwalter“ einer Untergemein­
schaft zur Eigentümerversammlung, ist
der Ladungsmangel geheilt, wenn sämt­
liche Wohnungseigentümer anwesend
sind und rückwirkend dieser Verwalter
für die Gesamtgemeinschaft bestellt wird
(LG Hamburg, Urteil v. 22.02.2017, 318 S
46/15).
Lädt andererseits ein Verwalterkan­
didat in einer verwalterlosen Zweier
gemeinschaft gegen den Willen eines
Wohnungseigentümers zu einer Woh­
nungseigentümerversammlung, kön­
nen dort in Abwesenheit des anderen
Wohnungseigentümers keine Beschlüs­
se gefasst werden (AG Bonn, Urteil v.
01.08.2018, 27 C 30/18).
Die Wohnungseigentümer haben im
Übrigen einen imWege des einstweiligen
Rechtsschutzes durchsetzbaren Anspruch
auf Unterbindung der Herbeiführung
und Durchführung einer Eigentümer­
versammlung durch einen hierzu unbe­
fugten Dritten (LG München I, Beschluss
v. 05.05.2017, 36 T 6636/17).
Grundsätzlich ist es nicht erforder­
lich, dass der Eigentümer auf Grundlage
des Ladungsschreibens sämtliche Einzel­
heiten des Gegenstandes übersehen und
die Auswirkungen eines Beschlusses in je­
der Hinsicht erkennen kann. Auch muss
der Inhalt des beabsichtigten Beschlusses
nicht bereits im Ladungsschreiben mit­
geteilt werden (LG Frankfurt, Urteil v.
23.10.2018, 2-09 S 71/17). Eine schlag­
wortartige Bezeichnung reicht regelmäßig
aus (LG Köln, Urteil v. 27.09.2018, 29 S
8/18).
Nur die bewusste und böswillige
Nichteinladung eines Eigentümers zu ei­
ner Versammlung führt zur Nichtigkeit
gefasster Beschlüsse. Ein solcher Fall liegt
aber nicht vor, wenn die Ladung nur irr­
tümlich unterblieben ist (AGHamburg-St.
Georg, Urteil v. 20.04.2018, 980b C 36/17).
Durchführung
der Versammlung
1. GESCHÄFTSORDNUNGSBESCHLÜSSE
Den Ablauf einer Wohnungseigentümer­
versammlung können die Wohnungs­
eigentümer durch Geschäftsordnungs­
beschlüsse gestalten. Eine Beschränkung
des Rederechts der Eigentümer in der
Versammlung muss unter Wahrung des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes so scho­
nend wie möglich erfolgen. So darf ein
Fragerecht in einer Zweitversammlung
nicht vollständig ausgeschlossen werden,
auch wenn der Beschlussgegenstand in
der Erstversammlung ausgiebig erörtert
wurde (LGFrankfurt, Urteil v. 07.06.2018,
2-13 S 88/17). Beim Absetzen von Tages­
ordnungspunkten, die ein Wohnungs
eigentümer zur Abstimmung gewünscht
hatte, handelt es sich nicht lediglich um
eine Regelung zur Geschäftsordnung,
sondern um einen der Anfechtungsklage
unterliegenden Beschluss (AG Potsdam,
Urteil v. 14.02.2019, 31 C 44/18; AGDort­
mund, Urteil v. 19.10.2017, 514 C 74/17).
2. TEILNAHME DRITTER
Dritte dürfen als Berater an Wohnungs­
eigentümerversammlungen ohne posi­
tiven Geschäftsordnungsbeschluss nicht
teilnehmen. Dies gilt auch dann, wenn
tatsächlich Beratungsbedarf besteht (AG
Lahnstein, Urteil v. 04.04.2018, 21 C 2/17
WEG). Nicht der Verwalter entscheidet
im Übrigen über das Recht zur Teilnah­
me eines Vertreters des Wohnungseigen­
tümers in der Versammlung, sondern die
übrigen Wohnungseigentümer. Insoweit
ist der Verwalter für eine entsprechende
Klage nicht passivlegitimiert (LGBremen,
Beschluss v. 06.04.2018, 4 T 658/17). Hin­
DIE EIGEN-
TÜMER-
VERSAMM-
LUNG
Dieses
Fachbuch ist aus
der täglichen
Beratungspraxis
der Autoren
entstanden und zeigt Lösungen für
die häufigsten Fragen rund um die
Wohnungseigentümerversamm-
lung. Mit seinen vielen Beispielen,
Praxishinweisen, Checklisten
und Mustern ist die Thematik für
Verwalter und Eigentümer leicht
verständlich aufbereitet.
Melanie Sterns-Kolbeck, Georg
Hopfensberger,
Haufe, 3. Auflage 2018, 448 Seiten,
978-3-648-11177-2, 39,95 Euro
BUCHTIPP
1...,32,33,34,35,36,37,38,39,40,41 43,44,45,46,47,48,49,50,51,52,...78
Powered by FlippingBook