Immobilienwirtschaft 5/2019 - page 44

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VERMARKTUNG & MANAGEMENT
I
BESTELLERPRINZIP
juristischen Argumente eher Positionen heraus, um die dahinter
liegenden wahren Interessen nebulös zu lassen.
Es würde den Maklerlobbyisten gut zu Gesicht stehen, deren
Mitglieder zu motivieren, sich für mehr qualifizierte Dienstlei-
stungen zu öffnen. „Up-Selling“ wird seit Jahren in den Makler-
Fortbildungen gepredigt. Erfolgreich setzt dies bisher kaumeiner
um. Das ist eine gefährliche Trägheit. Beratungsgespräche sollten
mit Stundensätzen vergütet werden. Einzelleistungen etwa für
eine professionelle Bewertung einer Liegenschaft vor Verkauf
stellen ebenfalls eine getrennt zu vergütende Dienstleistung dar.
Gestaffelte degressive Preislisten sollten Standard werden, denn
der Makleraufwand für eine 200.000 Euro teureWohnung dürfte
mit dem für eine Liegenschaft für eine Million Euro vergleichbar
hoch sein. Solche Ansätze gibt es, aber es sind zu wenige. Zum
Beispiel ist die Fortbildungspflicht zur Eignungsverbesserung ein
notwendiger Schritt, der dringend fortgesetzt gehört.
Statt Angst vor einer Bereinigung des Berufsstandes muss
dieser Sektor eher die verzweifelteWut derWohnungssuchenden
fürchten, die sich inzwischen auf Enteignungswünsche einschie-
ßen. Das ist gesellschaftlich nicht gesund und führt zu Szenarien,
die der ganzen Branche schaden.
Bestellerprinzip auch beim Wohnungskauf?
PRO
Was öffentlich ist, läuft disziplinierter ab und
ist in der Regel gesellschaftlich tragfähig imGe-
gensatz zu diskreten Absprachen. Transparenz
sorgt für bessere Situationen und Akzeptanz. So einfach ist die
Realität. Grundsätzliche Klarheit, für wen der Makler aktiv wird,
ist damit ein „Must have!“ Und derjenige soll ihn auch - alleine -
bezahlen. Der sich „dazwischen schlängelnde“ Nachweismakler
hat ausgedient. Er gehört vom Markt bereinigt – zum Wohl der
professionellen Maklerzunft.
In den Ballungsgebieten herrscht Wettbewerb. Der Makler
setzt seine hohe Provision (wie in Berlin/Brandburg mit über
sieben Prozent) vermutlich nicht durch, wenn er nur für den
Verkäufer arbeitet. Darf er aber weiterhin für dieselbe Immo-
bilie seine Courtage auch auf den Käufer abwälzen, wird er den
Kaufinteressenten wählen, der seine Provision uneingeschränkt
zahlt. Nicht selten wird so das verfügbare Eigenkapital schon von
denKaufnebenkosten, wozu auch die Grunderwerbsteuer gehört,
verbraucht.
Bei schwierigen Immobilien hilft der Markt: Muss der Mak-
ler sich mehr anstrengen, hat er gute Argumente für eine hö-
here Provision und sicher auch weniger Wettbewerb unter den
Nachweis-Kollegen.
Die Verbandsaussage, das Bestellerprinzip erhöhe die Kosten
für die Käuferseite, ist falsch.Wenn zusätzlich imheutigenMarkt-
umfeld von der Zwangslage der armen Verkäufer gesprochen
wird, denen einkommensstarke Haushalte als Käufer ohne die
Makler schutzlos gegenüberstehen, ist das „unverfroren dreist“
und ein kontraproduktives Eigentor. Mit solchen Positionen scha-
den IVD und RDM sich – und leider auch der ganzen Branche.
Digitale Alternativmethoden fegen die Nachweismakler mit
ihrem nicht mehr passenden Geschäftsmodell nach und nach
vomMarkt. Leistungen, die eine Seite nur ihrem Beauftragten zu
zahlen hat, wird sie bereitwilliger als sinnvoll investiertes Geld
betrachten. Transparente Parteivertretung kann das Image der
leider zu Recht belasteten Berufsgruppe mittelfristig verbessern.
Der IVD spricht noch immer von funktionierendenMärkten.
Bei allem Verständnis für das Vertreten eigener Interessen sind
solche Aussagen zu kurz gesprungener Lobbyismus und eine sich
nicht auszahlende Mutlosigkeit im Umgang mit den Gestrigen
seiner Mitglieder.
Es wird hilfsweise mit Artikel 12 Abs. 1 Grundgesetz argu-
mentiert, also mit einer unzulässigen Beschränkung der freien
Berufsausübung des Maklers. Werden nicht auch gerade Woh-
nungen immer häufiger zur privaten Altersvorsorge erworben?
Muss nicht ein „sozialer Bundesstaat“, wie ihn das Grundgesetz
in Artikel 20 festlegt, allein deswegen schon eingreifen? Als
Kommunikationsexperte lese ich in der Diskussion um solche
«
„Das Bestellerprinzip für den
Wohnungskauf wäre das Beste,
was Maklern passieren kann.“
Prof. Dr. Winfried Schwatlo FRICS,
Professor für Immobilienwirtschaft mit Konfliktmanagement
an der Nuertingen-Geislingen University und Geschäftsführer der
Schwatlo Management GmbH, München
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