Immobilienwirtschaft 2/2018 - page 23

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2.2018
Start-ups mit einer Marktbewertung
von einer Milliarde US-Dollar vor dem
Börsengang werden in den USA als
„Unicorns“ bezeichnet. Kriegen wir so
was in Deutschland gar nicht hin?
Mög-
lich ist es durchaus. Meine Prognose ist
aber, dass es dafür nicht ausreicht, nur
den deutschen oder europäischen Markt
abzudecken. Es müsste sich vielmehr um
Unternehmen handeln, die den Sprung
über den großen Teich schaffen, also in
die USA oder nach Asien. Dann sind sol-
che „Unicorns“ auch hierzulande denkbar.
In Amerika sindmit Compass, Homelink,
SMS Assist und OpenDoor Labs laut CB
Insights allein in 2017 vier neue Unicorns
hinzugekommen. In Asien habe ich in
Summe acht gezählt. Aber das sind eben
auch sehr große Märkte.
Wenn es in Deutschland vor allem an
der Finanzierungsbereitschaft hapert,
warum kaufen etablierte Unterneh-
men nicht direkt die Technologie-Idee
und umgehen so die Investition in ein
Start-up?
Die Jungunternehmen, die
Tech Companies, gründen sich ja meis­
tens aus Teams, die nicht aus der Immo-
bilienwirtschaft kommen. Wir haben
bundesweit etwa 250 Gründer im Prop-
Tech-Bereich gefunden. Davon sind ma-
ximal 20 Prozent zuvor mit Immobilien
in Berührung gekommen. Für die Grün-
der ist es schwierig zu entscheiden, ob
sie eine Kooperation mit einem großen
Unternehmen eingehen oder einem Ver-
kauf zustimmen sollen, da sie in der Re-
gel keinen Marktzugang haben. Zudem
würde ich immer empfehlen, das Unter-
nehmen nicht frühzeitig an einen Stra-
tegen zu verkaufen, weil dann natürlich
die Dynamik der jungen Company weg
ist. Ein Start-up kann sich viel schneller
auf die veränderten Kundenbedürfnisse
einstellen. Es gibt keine Bestandswa-
che; der Kundennutzen steht mehr im
Fokus als bei vielen Etablierten. Mein
Credo: Die Unabhängigkeit und Agili-
tät sollten so lange wie möglich gewahrt
werden.
Wäre es aus Kundensicht nicht wün-
schenswert, dass sich mehrere rele-
vante PropTechs zusammenschließen
und ein digitales Immobilienprodukt
auf den Markt bringen?
Das wäre ein
logischer Schritt. Damit hätte der Kunde
nicht mit einer Vielzahl von verschie-
denen PropTechs zu tun, sondern wür-
de das Angebot gebündelt von einem
großen, besonders wettbewerbsfähigen
Immobilien-Start-up erhalten. Der Zu-
sammenschluss von Insellösungen sollte
in der Tat das Ziel auf lange Sicht sein.
Theoretisch können PropTechs sehr
einfach Synergien realisieren, weil sie
digital aufgestellt und sehr flexibel sind.
Noch tun sich Tech-Unternehmer al-
lerdings teamübergreifend eher selten
zusammen. Wichtig ist, dass sie ihre Ge-
schäftsmodelle imDialog mit etablierten
Unternehmen weiterentwickeln. Denn
dann erfolgt die Bewegung aus der Bran-
che heraus oder zumindest gemeinsam
mit der Immobilienwirtschaft und nicht
ohne sie.
Vor welchen Herausforderungen stehen
die PropTechs 2018 in Deutschland?
Im
vergangenen Jahr haben gut zwei Dut-
zend PropTechs signifikante Finanzie-
rungsrunden durchlaufen. Als signifikant
betrachten wir, wenn eine Million Euro
und mehr erreicht sind. 2017 haben in
Summe 16 Unternehmen insgesamt 80
Millionen Euro eingesammelt. Und da-
mit sind sie keine kleinen Start-ups mehr,
sondern ernstzunehmende mittelstän-
dische Unternehmen auf Wachstums-
kurs. Für sie wird es dieses Jahr äußerst
wichtig sein, das prognostizierte Wachs-
tum und das Kundenversprechen tat-
sächlich auch einzuhalten. Nur so werden
sie als fester und glaubwürdiger Bestand-
teil der Immobilienwirtschaft wahrge-
nommen.
ZUR PERSON
Alexander Ubach-Utermöhl
ist seit 2015 geschäftsführender Gesellschafter der blackprintpartners GmbH. Im Herbst 2016 hat er
den blackprint PropTech Booster mitgegründet und ist seitdem Geschäftsführer des Accelerators für die deutsche Immobilienwirtschaft. Zudem ist er
Initiator und Vorsitzender der German PropTech Initiative (GPTI), Regionalvorsitzender der Jungen Unternehmer in Rhein-Main und seit Kurzem außer-
dem Mitglied im Advisory Committee der MIPIM PropTech. Vor blackprintpartners war Alexander Ubach-Utermöhl bis 2015 rund viereinhalb Jahre
unter anderem als Head of Asset Management Debt Germany und im Business Development für GE Capital Real Estate tätig.
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Laura Henkel, Freiburg
Foto: blackprintpartners
Alexander
Ubach-Utermöhl
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