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VERMARKTUNG & MANAGEMENT
I
BESTELLERPRINZIP
ERFAHRUNGEN VON MARKTTEILNEHMERN
„Seit der Einführung des Besteller-
prinzips kamen deutlich weniger
Vermietungsaufträge herein. Für
uns ist das nicht dramatisch, da
Vermietung ohnehin immer nur
einen Anteil von maximal zehn
Prozent des Umsatzes ausgemacht
hat. Für Kollegen, die überwiegend
von Vermietung gelebt haben,
ist das sicher sehr viel drama-
tischer. Hier in Trossingen ist der
Miet-Wohnungsmarkt von einer
Knappheit an Mietwohnungen
gekennzeichnet, der eine enorm
große Nachfrage gegenübersteht.
Es gibt deshalb immer wieder
Vermieter, die lieber unsere
Vermittlungsprovision zahlen, als
sich unendlich vielen Anfragen und
Interviews auszusetzen.“
Ursula Kratt,
Ursula Kratt
Immobilien KG, Trossingen
„Wir sind seit 30 Jahren am Markt
und haben keine Auswirkungen
auf unser Vermietungsgeschäft zu
verzeichnen. Dennoch: Das Be-
stellerprinzip hat seine Intention,
finanziell und sozial Schwächere
zu schützen, verfehlt. Seit seiner
Einführung geben Vermieter
die Anforderung vor. Gerade in
angespannten Immobilienmärkten
greifen sie bevorzugt zu finanziell
gut situierten Mietern. Eine Aus-
weitung des Bestellerprinzips auf
den Verkauf zöge gerade in diesen
Märkten eine geringere Verkaufs-
neigung oder die Einpreisung der
Maklercourtage in den Kaufpreis
nach sich.“
Erik Nothhelfer,
Immobilien
Nothhelfer, Ulm
„Wir würden das Bestellerprinzip
begrüßen. Wir arbeiten bereits
seit Jahren sowohl bei Miet- als
auch bei Kaufimmobilien mit einer
reinen Innenprovision.“
Tobias Volle,
Aqolo GmbH,
Bad Liebenzell
„Mieter sind wieder einmal die
Leidtragenden von Fehlentschei-
dungen der Politik. Professionelle
Maklerunternehmen haben sich
seit der Einführung des Bestel-
lerprinzips weitgehend aus dem
Vermietungsgeschäft zurückgezo-
gen. Ohne die Unterstützung des
Maklers sind Mieter jedoch alleine
dem freien Spiel der Marktkräfte
ausgesetzt.“
Stephan Schlocker,
Schlocker
GmbH, Bad Homburg
„Wir sind schon lange auf dem
Augsburger Markt tätig und haben
entsprechend viele Stammkunden.
Daher hat sich das Bestellerprinzip
kaum auf unsere Auftragslage
ausgewirkt. Allerdings nehmen wir
seither keine Mietgesuche mehr
auf. Angesichts der einseitigen
Kostenbelastung legen Vermieter
zudem häufig Wert auf einen
gegenseitigen Ausschluss der
ordentlichen Kündigung für bis zu
vier Jahre. Für Mieter mit häufiger
wechselndem Einsatzort kann sich
daraus ein Problem ergeben.“
Florian Schreck,
S. Schreck
Immobilien u. Wohnbau GmbH,
Augsburg
„Da das Vermietungsgeschäft für
uns keine große Rolle spielt, hat
das Gesetz keinen großen Einfluss
auf unser Geschäft. Falls das
Gesetz auch für die Vermittlung
von Verkaufsimmobilien kommt,
wird es einige Auswirkungen auf
den Markt haben. Es ist davon
auszugehen, dass es zu einer
Marktbereinigung kommt, da nicht
jeder Makler es gelernt hat, seine
Leistung dem Verkäufer einer
Immobilie zu verkaufen. Vor allem
werden die Immobilienpreise noch
schneller steigen, da dann die
gesamte Provision im Kaufpreis
enthalten sein muss. Für den
Käufer einer Immobilie bedeutet
das weitere Mehrkosten und eine
schlechtere Transparenz.“
Constanze Fuhrmann,
Constanze Fuhrmann Immo-
bilien & Partner, Radolfzell am
Bodensee
„Im Hinblick auf Mieter mit
geringem Einkommen hat das
Bestellerprinzip die Ziele der Politik
in angespannten Märkten wie
München leider konterkariert. De-
ren Chancen haben sich durch die
Gesetzeslage weiter verringert. Die
Umlage der Kosten auf den Ver-
mieter verstärkt die Dynamik der
Mietpreisentwicklung. Auch die
Ausweitung des Bestellerprinzips
auf den Immobilienkauf wird unter
dem Strich größere Hemmnisse
aufbauen und allein schon durch
die dadurch verursachte höhere
Grunderwerbsteuer in Ballungsräu-
men zu höheren Kosten führen.“
Sven Keussen,
Geschäftsführen-
der Gesellschafter der Rohrer
Immobilien GmbH, München
„Wir arbeiten schon seit über zehn
Jahren nach dem Bestellerprinzip
und verlangen unsere Provision
nur von den Verkäufern. Natürlich
müssen wir bei der Auftragsan-
nahme mehr Zeit investieren, aber
in der Regel klappt es ganz gut.
Die Jahre 2015, 2016 und 2017
waren sogar sehr gut. Momen-
tan leiden wir unter einem zu
geringen Angebot, und die Preise
gehen bei uns durch die Decke.
Wir sind zwar im ländlichen Raum
tätig, aber nur zehn Kilometer von
der Schweizer Grenze entfernt.
Wir sehen einer Einführung des
Bestellerprinzips für den Kauf mit
großer Gelassenheit entgegen und
können die Attacken aus dem IVD
dagegen nicht nachvollziehen.“
Wolfgang Bühler,
Jost + Bühler
Immobilien GmbH, Schopfheim
„Wir sehen einer Diskussion um
die Einführung des Bestellerprin-
zips bei Immobilienverkäufen
grundsätzlich positiv entgegen.
Mehrere Aspekte sprechen für eine
Einführung. Zuerst einmal kann das
Prinzip ,Wer bestellt, bezahlt‘ klare
Verhältnisse schaffen, was bei der
reinen Nachweisleistung oft nicht
der Fall ist. Wir erhoffen von einer
möglichen Reform auch einen
weiteren Schritt für die Professio-
nalisierung der Maklerbranche, mit
einem einheitlichen Leistungsbild,
klaren Verantwortlichkeiten und
hohen ethischen und professio-
nellen Standards. Dafür müssen
allerdings die handwerklichen De-
tails des Gesetzes stimmen – und
beispielsweise auch Suchaufträge
für Kunden in den aktuell sehr
engen Märkten wirtschaftlich mög-
lich und lukrativ sein, um Angebot
und Nachfrage nach Wohnungen
optimal zusammenzubringen.“
Dr. Konstantin Kortmann,
Head of Residential Investment
JLL Germany
„Wichtig wäre bei der Einführung
eines Bestellerprinzips für den
Kauf eine bundesweit einheit-
liche Regelung. Der Wettbewerb
zwischen Maklern hat für mich
eine regulierende Wirkung. Die
Diskussion um das Bestellerprinzip
beim Kauf ist in einer angespann-
ten Wohnsituation, vor allem in
den Ballungsräumen, nachvollzieh-
bar. Doch könnte das auch dazu
führen, dass die Maklerkosten auf
die Kaufpreise übertragen werden.
Der Markt sollte entscheiden, wie
die Maklerleistung finanziert wird.
Ein Bestellerprinzip nach aktueller
Planung stellt für mich kein Allheil-
mittel dar.“
Dr. Thomas Beyerle,
Managing Director Catella
Property Valuation GmbH
„Die Ausweitung des
Bestellerprinzips auf
den Immobilienkauf
wird in Ballungs-
räumen zu höheren
Kosten führen.“
Sven Keussen,
Geschäftsfüh-
render Gesellschafter der Rohrer
Immobilien GmbH, München
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