IMMOBILIENWIRTSCHAFT 6/2017 - page 48

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VERMARKTUNG & MANAGEMENT
I
RECHT
Präsentiert von:
Hubert Blank
Richter am Landgericht
Mannheim
Mietrecht
Mietrecht
– Aktuelle Urteile
Der Anspruch auf Herausgabe des Win-
tergartens setzt voraus, dass der Waren-
lieferant Eigentümer des Wintergartens
geworden ist. Nach § 94 Abs. 2 BGB ge-
hören die zur Herstellung eines Gebäudes
eingefügten Sachen zu den wesentlichen
Bestandteilen eines Gebäudes. Davon sei
hier auszugehen, weil das Gebäude durch
den Anbau eine „besondere Eigenart“ er-
hält. Eine Sache gehört nicht zu den Be-
standteilen eines Gebäudes, wenn diese
nur zu einem vorübergehenden Zweck in
das Gebäude eingefügt wurde (§ 95 BGB).
Die tatsächlichen Voraussetzungen des §
95 muss derjenige beweisen, der sich auf
den Ausnahmetatbestand beruft, vorlie-
gend also der Warenlieferant. Die gegen
die Vermutung sprechenden Umstände
FAKTEN:
Zwischen dem Eigentümer und
dem Mieter bestand ein Mietverhältnis
über Räume zum Betrieb eines Restau-
rants. Während der Mietzeit wurde das
Restaurant um einen Wintergarten aus
Glas und Alustreben erweitert. Ungeklärt
ist, ob der Wintergarten vom Vermieter
oder vom Mieter in Auftrag gegeben und
bezahlt wurde. Jedenfalls hat der Mieter
den Wintergarten an einen Warenliefe-
ranten zur Sicherheit für die Bezahlung
offener Rechnungen übereignet. Nach
Beendigung desMietverhältnisses gab der
Mieter die Restauranträume samt Win-
tergarten an den Vermieter zurück. Der
Warenlieferant nimmt den Vermieter und
Gebäudeeigentümer auf Herausgabe des
Wintergartens in Anspruch.
Urteil des Monats:
Eigentumsverhältnisse an Ein- und Ausbauten der Mietsache durch den Mieter
Wird die Mietsache durch den Mieter baulich verändert, so spricht regelmäßig eine widerlegbare Vermutung dafür,
dass dies mangels besonderer Vereinbarungen nur in seinem Interesse für die Dauer des Vertragsverhältnisses und
damit zu einem vorübergehenden Zweck geschieht.
BGH, Urteil v. 23.09.2016, V ZR 110/15
FAKTEN:
Das Wohngebäude besteht aus drei Eigentumswohnungen. Eigentümerin der
Wohnungen ist eine (Familien-)Gesellschaft in der Rechtsform einer Außen-GbR. Der
Mieter nutzt die Wohnung Nr. 1. Die Gesellschaft kündigte das Mietverhältnis mit der
Begründung, die Wohnung werde von dem Gesellschafter A benötigt. Zu Recht, so der
BGH. Er verweist auf die Grundsatzentscheidung vom14.12.2016 (VIII ZR 232/15). Die
Vorschrift des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB sei entsprechend anzuwenden.
FAZIT:
Erst seit der Grundsatzentscheidung des BGH vom 29.01.2001 (II ZR 331/00) ist
anerkannt, dass die (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts Rechtsfähigkeit besitzt,
soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet.
Damit tritt als Vermieter die Gesellschaft als solche in Erscheinung. § 573 Abs. 2 Nr. 2
BGB kann somit zum Zwecke der Kündigung wegen des Wohnbedarfs einzelner Ge-
sellschafter entfallen. Auf diese Weise sei eine vom Gesetzgeber nicht geplante Lücke
entstanden, die durch eine entsprechende Anwendung des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB zu
schließen sei.
EIGENBEDARF FÜR GESELLSCHAFTER
Kündigung einer Wohnung
durch GbR als Vermieterin
Eine GbR als Vermieterin kann ein
Wohnraummietverhältnis kündigen,
wenn einer ihrer Gesellschafter die
Räume als Wohnung für sich benötigt.
BGH, Urteil v. 15.03.2017, VIII ZR 92/16
muss der Gebäudeeigentümer beweisen.
Vorliegend war ungeklärt, welche der
Mietvertragsparteien den Wintergarten
in Auftrag gegeben und bezahlt hat. Des-
halb hat der BGH das Verfahren an das
Berufungsgericht zurückverwiesen.
FAZIT:
Wenn, wie hier, ein Mieter Sachen
mit demGrund und Boden verbindet und
dies nach ständiger Rechtsprechung des
BGH eine Vermutung dafür impliziert,
dass dies mangels besonderer Vereinba-
rungen nur in seinem Interesse für die
Dauer des Vertragsverhältnisses geschieht,
werden Einbauten in die Mietsache und
Ausbauten der Mietsache keine Bestand-
teile des Gebäudes. DerMieter bleibt dann
Eigentümer der Ein- und Ausbauten.
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