IMMOBILIENWIRTSCHAFT 6/2017 - page 45

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zugestimmt hat, obwohl ihm der Verfah-
rensmangel schon in der Versammlung
bekannt war. Hier liegt der Fall jedoch
anders. An der Wirksamkeit der in der
Gemeinschaftsordnung enthaltenen Ver-
treterklausel bestanden für die Richter kei-
ne Bedenken. Grundsätzlich können die
Eigentümer die Befugnis, sich durch einen
Bevollmächtigten auf der Eigentümer-
versammlung vertreten zu lassen, durch
Vereinbarung wirksam beschränken. In
einem solchen Fall ist ein Bevollmächtig-
ter, der nicht zu dem bezeichneten Per-
sonenkreis gehört, grundsätzlich weder
teilnahme- noch stimmberechtigt.
FAZIT:
Scheidet im Ausnahmefall einer
entsprechenden Regelung in der Gemein-
FAKTEN:
Die Wahl des Verwaltungsbei-
rats stand an. Einige Eigentümer hatten
dem Verwalter Stimmrechtsvollmachten
übergeben. Die Gemeinschaftsordnung
enthält eine Vertreterklausel, wonach das
Stimmrecht eines Eigentümers lediglich
von seinem Ehegatten, Familienangehö-
rigen oder anderen Eigentümern ausgeübt
werden darf. Der Verwaltungsbeirat wur-
demehrheitlich bestellt. Eines der Beirats-
mitglieder hatte den Beschluss allerdings
angefochten und fehlende Beschlussfähig-
keit gerügt. Die Klage war erfolgreich.
Eine Anfechtungsbefugnis des Eigentü-
mers besteht nicht, wenn die Gültigkeit
des Beschlusses nur wegen eines Verfah-
rensmangels in Frage gestellt wird und
der klagende Eigentümer dem Beschluss
Entscheidung des Monats:
Verwalter kann als Vertreter in der Eigentümerversammlung ausgeschlossen sein
Die Gemeinschaftsordnung kann wirksam regeln, dass sich ein Eigentümer in der Eigentümerversammlung nur
durch seinen Ehegatten, einen Familienangehörigen oder einen anderen Eigentümer vertreten lassen kann.
LG Hamburg, Urteil v. 21.09.2016, 318 S 51/16
FAKTEN:
DerMehrheitseigentümer ist Kommanditist einer GmbH&Co. KG. Er ist weiter
Geschäftsführer der Komplementär-GmbH. Die KG betreibt ein Heizwerk. In der Ei-
gentümerversammlung stand die Abstimmung über den Bezug vonHeizenergie von der
GmbH & Co. KG an. Mit den Stimmen des Mehrheitseigentümers wurde der Beschluss
gefasst. Ein Eigentümer hat den Beschluss angefochten. Er meinte, der Mehrheitseigen-
tümer sei nicht stimmberechtigt gewesen. Diese Auffassung teilt auch der BGH.
Gemäß § 25 Abs. 5 Alt. 1 WEG ist ein Eigentümer nicht stimmberechtigt, wenn die
Beschlussfassung … ein Rechtsgeschäft „mit ihm“ betrifft. Ein Eigentümer ist in ent-
sprechender Anwendung bei der Beschlussfassung über ein Rechtsgeschäft mit einer
rechtsfähigen (Personen-)Gesellschaft nicht stimmberechtigt, wenn er an dieser mehr-
heitlich beteiligt und deren Geschäftsführer oder geschäftsführender Gesellschafter ist.
FAZIT:
Der BGHhat offengelassen, ob die Vorschrift auch in anderen Fällen entsprechend
anwendbar ist, ob also etwa ein Stimmverbot auch dann besteht, wenn der Eigentümer
an der Gesellschaft mehrheitlich beteiligt ist, ohne Geschäftsführer zu sein.
PERSONENGESELLSCHAFT
Stimmrechtsverbot des Ge-
sellschafter-Geschäftsführers
Ein Eigentümer ist entsprechend § 25
Abs. 5 Alt. 1 WEG bei der Beschluss-
fassung über ein Rechtsgeschäft mit
einer rechtsfähigen (Personen-)Gesell-
schaft jedenfalls dann nicht stimmbe-
rechtigt, wenn er an der Gesellschaft
mehrheitlich beteiligt und deren
Geschäftsführer oder geschäftsführen-
der Gesellschafter ist.
schaftsordnung eine Vertretung der Ei-
gentümer durch den Verwalter aus, sollte
sich der Verwalter hüten, von dennoch auf
ihn übertragenen Vollmachten Gebrauch
zu machen. Er sollte die betreffenden Ei-
gentümer vielmehr auf die entsprechende
Regelung in der Gemeinschaftsordnung
hinweisen und diese bitten, eine zur Ver-
tretung berechtigte Person zu bevollmäch-
tigen.
Freilich kommt es in derartigen Fällen
immer auf die Maßgaben des konkreten
Einzelfalles an. Handelt es sich zum Bei-
spiel um einen alleinstehenden Woh-
nungseigentümer, der auch mit den üb-
rigen Eigentümern zerstritten ist, dürfte
eine Bevollmächtigung des Verwalters
zulässig sein.
Präsentiert von:
Rechtsanwalt Alexander C. Blankenstein
Fachanwalt für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht, Düsseldorf
Wohnungs-
eigentumsrecht
Wohnungseigentumsrecht
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BGH, Urteil v. 13.01.2017, V ZR 138/16
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