IMMOBILIENWIRTSCHAFT 6/2017 - page 42

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VERMARKTUNG & MANAGEMENT
I
INTERVIEW
einfach zu gut geht. Deswegen stellt man
möglicherweise seine Innovationskraft
hintenan. Wichtig ist jetzt, gemeinsam
den Schritt nach vorn zu machen in einer
Marktphase, wo es fast allen außerordent­
lich gut geht. Und das wollen wir auf dem
Deutschen Immobilientag tun.
Sie sprechen auf demDeutschen Immo-
bilientag erstmals auch auf die Unter-
nehmensmitarbeiter an. Warum?
Wir
werden unsere Arbeitsweise möglicher­
weise perspektivisch ändern müssen, und
zwar recht kurzfristig. Vielleicht sogar
schon morgen, in voller Fahrt, während
die Auftragsbücher voll sind. Es bringt uns
wenig, wenn der Chef voller Tatendrang
vomKongress zurückkommt und dieMit­
arbeiter ihn gar nicht verstehen, weil sie ja
auch ohne Digitalisierung so erfolgreich
sind zurzeit. Deswegen ist die Teilnahme
für das gesamte Team kostenfrei.
Kommen wir zur Politik. Nachdem alle
so optimistisch waren, kommt der Sach-
kundenachweis nun anscheinend doch
nicht …
Ich habe ein neues Wort gelernt,
das heißt dilatorisch. Das ist das latei­
nische Wort für verschleppend und ver­
zögernd. Ganz augenscheinlich soll das
Thema aus dieser Legislaturperiode hi­
nausvertrödelt werden. Weil man es eben
jetzt nicht mehr umsetzen will, obwohl es
im Koalitionsvertrag steht.
Und wenn es so käme?
Dann ist noch
kein Land unter, dann bleibt dasThema in
der nächsten Legislaturperiode erhalten.
Sehen Sie diesen Aufschub als Rück-
schlag?
Nein, es ist für uns ein Riesener­
folg, dass das Thema überhaupt im Koali­
tionsvertrag drinsteht, dass es in den Aus­
schüssen des Bundestags behandelt wird.
Die Verbände haben also nicht versagt?
Nein. Ich glaube, dass wir in der Mei­
Herr Schick, ist Ihnen um Ihre Branche
bange?
Keineswegs. Ich glaube, dass sie
eine ganz hohe Innovationskraft hat. Die
sie auch wieder unter Beweis stellenmuss,
weil wir uns mit zwei Herausforderungen
zu befassen haben: erstens mit den Um­
brüchen im Rahmen der Digitalisierung
und zweitens mit den Umbrüchen und
Einflüssen, die wir auf gesetzgeberischem
Wegmöglicherweise zu befürchten haben.
Kommen wir zur Digitalisierung: Nicht
nur Geschäftsführer von bestimmten
Start-up-Unternehmen sprechen schon
vom Aussterben der Makler …
Das halte
ich für einen großen Irrtum. Digitalisie­
rung ist ja nicht nur eine Gefahr, sie ist
auch eine Chance. Die wollen wir auf
dem Deutschen Immobilientag des IVD
behandeln. Und zwar nicht so feuilletonis­
tisch. Wir werden das Thema runterbre­
chen undmittelständischenUnternehmen
konkreteMaßnahmen an die Hand geben,
wie sie modular ihre Geschäftszweige im
Alltag digitalisieren können. Dazu veröf­
fentlichen wir unseren Digital Kompass.
Sehen Sie überhaupt keine Gefahr für
den Makler?
Gefahr ist Digitalisierung ja
nur für denjenigen, der sie nicht berück­
sichtigt.
Welcher Makler wird überleben?
Ich
glaube noch nicht, dass wir im schieren
Überlebenskampf sind. Aber diejenigen
werden den größten Marktanteil haben,
die sich den Veränderungen widmen,
und zwar modular, Geschäftszweig für
Geschäftszweig. Und die sie auch im All­
tag umsetzen.
Ist das Digitalisierungs-Thema bei Ihren
Verbandsmitgliedern ausreichend prä-
sent? Umfragen deuten in eine andere
Richtung.
Ich bin als Branchenmitglied
durchaus selbstkritisch: Die große Gefahr
für viele in der Branche ist, dass es ihnen
Trägheit auf der Sonnenseite
Die große Gefahr für viele
ist: Es geht ihnen einfach
zu gut. Nicht unmöglich,
dass Branchenvertreter
deshalb ihre eigene Innova-
tionskraft hintenanstellen.
Denn die kommt meistens
erst in schweren Zeiten
zum Vorschein, meint IVD-
Präsident
Jürgen Michael
Schick
im Interview.
„Beim Sachkundenach-
weis sind wir in der
Meinungsbildung voran-
gegangen. Der IVD und
seine Vorgängerverbän-
de fordern ihn seit mehr
als 90 Jahren.“
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