Immobilienwirtschaft 3/2017 - page 24

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INVESTMENT & ENTWICKLUNG
I
TITELTHEMA
gramme verunsichert. Sie befürchtenmittelfristig steigende Leer­
stände und dadurch niedrigereMieteinnahmen, befinden sich die
Wohnungsportfolios doch nicht nur in den vonWohnungsman­
gel geplagten Top-7-Standorten. Ganz vom Tisch zu weisen ist
ihre Furcht natürlich nicht. Der Wohnungsneubau ist eines der
Top-Wahlkampfthemen und wird daher von üppigen Subventi­
onen in Milliardenhöhe flankiert. Diese werden aber wohl eher
in Städte mit Wohnraummangel fließen und da ist das Ende der
Fahnenstange noch lange nicht erreicht.
Noch eine weitere Sorge hängt wie einDamoklesschwert über
den Immobilienaktien: „Die langsam steigenden Kapitalmarkt­
zinsen und die höhere Inflationserwartung belasten die tradi­
tionell zinssensiblen ,Betonwerte‘“, so der Helaba Immobilien­
ausblick 2017. Steigen die Zinsen, wird die Kreditfinanzierung
teurer und die Dividende sinkt. Angesichts der angespannten
Wirtschaftslage in Griechenland, Italien und Frankreich ist eine
massivere Leitzinserhöhung in der Eurozone eher unwahrschein­
lich. Prof. Dr. Michael Hüther vom arbeitgebernahen Institut der
deutschen Wirtschaft (IW) aus Köln sieht aber die Zeit gekom­
men, aus der ultraexpansiven EU-Finanzpolitik als Antwort auf
die Deflationsangst auszusteigen. „Das Problem ist, wir haben
damit keine Erfahrung“, schränkte Hüther ein. Dennoch sei es
wichtig, früh genug damit anzufangen und deutlich zu machen,
dass es ein langerWeg in Kleinstschritten sei. Auch wenn deshalb
mittelfristig in Europa von langsam steigenden Zinsen auszuge­
hen ist, halten Experten wie Höpfner ein Investment in Immo­
bilienaktien für sinnvoll, zumal sich der Leitzins derzeit ja noch
nicht verändert hat und auf einem historischen Tief verharrt.
Die Rahmenbedingungen aber implizieren auch: So leicht wie
in den vergangenen Jahren wird sich nun mit Immobilieninvest­
ments kein Geld mehr verdienen lassen – zumindest nicht mit
den klassischen Normstrategien. Deshalb noch ein Blick auf den
Immobilienmarkt selbst:
BETONGOLD AUCH 2017 EN VOGUE
Ein Ende des Immobilien­
booms ist nicht in Sicht. Und das obwohl seit Jahren die Preise
für Gewerbe- und Wohnimmobilien in vielen Städten anstei­
gen. Flaschenhals bleibt das geringe Angebot an hochwertigen
Immobilien. Getrieben wird die Nachfrage von institutionellen
Investoren, aber auch von Privatkundenseite. „Die Nachfrage ist
weiterhin immens“, bestätigt auchAlfonsMaierthaler, Vorstands­
vorsitzender der Sparkasse Rosenheim-Bad Aibling. Immobilien
stünden auch weiterhin im Fokus vermögender Anleger. Auch
immer mehr Versicherungen und Pensionskassen schichten
große Summen ihres Portfolios aus Staatsanleihen in Sachwerte
um, das facht die Preisspirale weiter an. Das Gros der Experten
sieht noch keinen Grund zur Sorge, auch keine Blasenbildung.
Der Grund: In der Krise wurden Immobilien hochgehebelt. 80
bis 90 Prozent Fremdkapital waren keine Seltenheit – vor allem
in den USA und Spanien. In diesem Punkt hat man – zumindest
in Deutschland – aus der Krise gelernt und finanziert inzwischen
Da derzeit nicht nur in Amerika, sondern auch
in Spanien, Italien, Frankreich, Deutschland,
den Niederlanden und Österreich die poli-
tische, aber auch die oft eng damit verwo-
bene wirtschaftliche Agenda sehr umfangreich
ist, beobachten Analysten das sehr genau. Die
Rahmenbedingungen sind für die Börse eine
Quelle der Volatilität. Bislang gibt es noch
Entwarnung. Am Aktienmarkt insgesamt hin-
terließen der Brexit und auch die Trumpwahl
kaum Spuren, sagt René Höpfner, LaSalle In-
vestment. Das liege auch an den mangelnden
Alternativen und dem hohen Liquiditäts- und
Anlagedruck in Zeiten, in denen Staatsanlei-
hen bei null oder sogar negativ notieren. Bei
der Helaba mag man die Amerika-Euphorie
ebenfalls nicht teilen. Man sehe keine Trend-
wende bei den US-Immobilien, auch wenn
das Versprechen Trumps von verbesserter
Infrastruktur, niedrigeren Unternehmenssteu-
ern und Deregulierung umgesetzt würde, da
den möglichen positiven Impulsen vermutlich
wachstumsdämpfende Effekte aus der abseh-
baren protektionistischen Handelspolitik und
der restriktiven Zuwanderungspolitik gegen-
überstehen. Vermeintliche Vorteile könnten
sich schnell als zweischneidig erweisen,
befürchtet auch Erik Knutzen, Chief Investment
Officer – Multi Asset Class beim unabhängigen
US-Asset-Manager Neuberger Berman. In den
USA zum Beispiel könnten höhere Zinsen und
ein steigender Dollar das Wachstum dämpfen
oder sogar abwürgen. In Europa, wo die geld-
politischen Impulse schwinden, nehme der
politische Gegenwind zu, das führe zu mehr
Unsicherheit.
Global gesehen
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