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MARKT & POLITIK
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VERBANDSINFORMATIONEN
An ihrem Stand R7.C34 bietet die RICS auf
der Mipim
ein umfangreiches Fach- und Net-
workingprogramm für Mitglieder und Gäste an.
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nteressenkonflikte sind Situationen, in denen Personen oder Unternehmen – sowohl
aus der Privatwirtschaft als auch aus dem institutionellen Bereich – die Möglichkeit
haben, die Unabhängigkeit einer Person oder Firma zu unterminieren, da ein Konflikt
zwischen Eigeninteresse und beruflichem oder öffentlichem Interesse besteht. Treten
solche Konflikte in der Politik auf, wird darüber ausführlich in den Medien berichtet:
zum Beispiel als Donald Trump ankündigte, die Kontrolle über sein Firmenimperium
vor seinemAmtsantritt an seine Kinder abzugeben. Auch unter Anwälten, Bankern und
Steuerberatern sind Interessenkonflikte ein brisantesThema – erst durch entschlossenes
staatliches Eingreifen konnte wieder Vertrauen geschaffenwerden. Die Immobilienbran-
che bildet hier keine Ausnahme, im Gegenteil.
VIELFÄLTIGE MINENFELDER
Interessenkonflikte kann es dann geben, wenn Branchentätige
zwei oder mehr Parteien vertreten, zwischen deren Interessen ein tatsächlicher oder
potenzieller Konflikt besteht. Oder wenn sich eine Möglichkeit bietet, auf Kosten des
Kunden Gewinn zu erwirtschaften oder Verluste zu vermeiden. Oder wenn vorgegeben
wird, einen bestimmten Kunden zu vertreten, während man insgeheim einem anderen
Kunden finanzielle oder andersartige Vorteile verschaffen will. Möglicherweise ist man
im selben Bereich wie ein Kunde tätig oder nimmt für seine Arbeit für einen Kunden
Vorteile Dritter an.
Zwar sind einige dieser Risikobereiche bereits gesetzlich und imöffentlichen Interesse
geregelt. Doch nicht überall herrscht absolute Klarheit, und die Verfahren unterscheiden
sich von Land zu Land. InGroßbritannien zeigten sich zumBeispiel Schwächen imBera-
tungsprozess, darunter die Doppeltätigkeit, die insbesondere auf dem Investmentmarkt
für Gewerbeimmobilien ein Problemwar. Andere Beispiele sindMehrfach-Mandate (bei
denen eine Firma mehrere Kaufinteressenten bei einer Investmenttransaktion berät)
oder der „incremental advice“: Hier berät ein Vermittler zugleich Käufer und Verkäufer.
In vielen Fällen sind derartige Konflikte unvermeidlich und führen nicht zwangsläu-
fig zu Fehlverhalten. Wennman jedoch keinen geeignetenUmgang damit findet, können
sie dem öffentlichen Interesse zuwiderlaufen, das Kundenvertrauen schädigen und die
professionelle Integrität der Branche und ihrer Akteure inMitleidenschaft ziehen. Daher
muss es vor allem um einen fallweisen Umgang mit Konflikten gehen.
NEUE RICHTLINIEN
RICS-Mitglieder und regulierte Firmen sind gemäß Satzung dazu
verpflichtet, transparent und vorrangig im Interesse der Öffentlichkeit zu handeln.
Gleichzeitig entwickeln wir unsere Standards kontinuierlich weiter, um diese sich än-
derndenMarktverhältnissen anzupassen. Gemeinsammit führenden Branchenakteuren,
basierend auf einer umfangreichen Studie, haben wir daher aktuelle Berufsgrundsätze
zur Erkennung und zum Umgang mit Interessenkonflikten erarbeitet.
Die detaillierten Richtlinien, die wir imRahmen derMipim2017 präsentieren, zielen
darauf ab, eine einheitliche Anwendung des bestehenden Verhaltenskodexes für RICS-
Mitglieder weltweit sicherzustellen.
Wir sind davon überzeugt, dass Immobilienexperten in ihrem täglichenHandeln ihr
gesundes Urteilsvermögen einzusetzen haben. Wenn unter Abwägung aller relevanten
Aspekte ein drohender Interessenkonflikt nicht in zufriedenstellendemMaße entschärft
werden kann, sollte man Abstand von einem Auftrag nehmen.
Maarten Vermeulen FRICS,
Regional Managing Director for Europe,
Russia & CIS, RICS
Im Fokus: Interessenkonflikte
in der Immobilienwirtschaft
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Maarten Vermeulen FRICS
RICS
Wie sollten Akteure der
Immobilienwirtschaft mit In-
teressenkonflikten umgehen,
die ihnen bei ihrer Arbeit be-
gegnen? Der Berufsverband
meint: offen und transparent.
Dazu hat er Richtlinien erar-
beitet, die bei der Mipim in
Cannes vorgestellt werden.