Immobilienwirtschaft 3/2017 - page 9

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3.2017
KFW-55-STANDARD FÜR ALLE NEUBAUTEN? VERBÄNDE SAGEN: NEIN
Der vorgelegte Entwurf für das geplante Gebäudeenergiegesetz (GEG) stößt bei immobilienwirtschaftlichen Verbänden auf Kritik: Ab 2019
sollen neue Nichtwohngebäude der öffentlichen Hand und ab 2021 alle Neubauten einen Niedrigstenergiestandard erfüllen, der KfW 55
entspricht.
„Die strikte Verschärfung kann zu einer Verteuerung der Herstellungskosten führen und sollte sehr gründlich in Bezug auf die Wirtschaftlich-
keit geprüft werden“, erklärte Andreas Ibel, Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland (BID) und Präsident des BFW
Bundesverbandes. Auch der ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss hat Kritik geäußert. Die Vereinheitlichung der bisherigen Rechtsvorschriften müsse auf
Basis der Erfahrungen der vergangenen Jahre erfolgen, wissenschaftlich fundiert und praxistauglich sein, forderte ZIA-Präsident Dr. Andreas Mattner.
Frank Peter Unterreiner
Eine Stadt, deren Wachstum an Infrastruktur und Wohnraum nicht mit der
Zuwanderung an Bevölkerung Schritt hält, ist eine unsoziale Stadt. Derzeit
werden in den wachstumsstarken Ballungsräumen zu wenig Wohnungen ge-
baut, das ist unumstritten. Teils wird zu wenig Bauland ausgewiesen, weil das
Primat der Innenentwicklung hochgehalten wird oder die Diskussion Innen-
versus Außenentwicklung noch im vollen Gange ist. Teilweise wollen die Städ-
te schlicht aber auch nicht oder nicht entsprechend der Nachfrage wachsen.
Die Folge ist das, was die Kommunen gerne der Immobilienbranche vorwer-
fen: Gentrifizierung. Darunter wird eigentlich der sozioökonomische Struk-
turwandel bestimmter Stadtviertel verstanden, hervorgerufen durch gestie-
gene Miet- und Kaufpreise. Doch Gentrifizierung betrifft zunehmend ganze
Städte, neben den steigenden Preisen ist das fehlende Angebot der Grund.
Besserverdienende können nicht nur ein höheres Budget für Wohnen bereit-
stellen, sie werden aufgrund ihrer Bonität von Vermietern auch bevorzugt.
Betroffen sind nicht mehr ausschließlich Geringverdienende, die Anspruch
auf eine Sozialwohnung haben, wenn es denn genügend gäbe. Betroffen ist
immer mehr der Mittelstand, der klassische Angestellte. Vor allem dann,
wenn er eine Familie zu ernähren hat. Die Mietpreisbremse hilft hier nicht,
Fördermittel auch nur bedingt. Hier hilft nur ein Bekenntnis zum Wachstum
und das Ausweisen von neuem Bauland. Und verdichtetes Bauen, so wie es
beispielsweise Zürich macht. Der klassische Einfamilienhausbau sollte in den
nachfragestarken Metropolen grundsätzlich ein Auslaufmodell sein. Nur dann
finden alle eine Wohnung, nur dann wird der Mietpreisanstieg gestoppt oder
zumindest gebremst. Natürlich dürfen und müssen innerhalb von Verkehrs-
verbünden die Umlandgemeinden mit in die Planung einbezogen werden.
KOLUMNE
Soziale Stadt: Zum
Wachstum verdammt
STUDIE
In Großstädten fehlen bis 2020 mehr als 88.000 Wohnungen
Alleine in den sieben größten deutschen
Städten müssten bis 2020 pro Jahr mehr
als 88.000Wohnungen entstehen, umdem
Bedarf gerecht zu werden. Das zeigt eine
Studie des Instituts der deutschen Wirt-
schaft (IW) im Auftrag der Deutschen In-
vest Immobilien (d.i.i.) GmbH. Zwischen
2011 und 2015 seien im Schnitt nur 32
Prozent der benötigten Wohnungen ge-
baut worden. Bundesweit liegt der Neu-
baubedarf der Studie zufolge pro Jahr bis
2020 bei 385.000Wohnungen. Mit 174.000
Wohnungen entfallen damit rund 45 Pro-
zent des Baubedarfs auf Städte mit mehr
als 100.000 Einwohnern. Diese machten
allerdings nur rund 32 Prozent der Ge-
samtbevölkerung aus. Hierfür sei der Zu-
zug in die Großstädte verantwortlich.
START-UPS
Anzahl entscheidet über
Zukunftsfähigkeit
Die Anhäufung innovativer Unterneh-
men um FinTech-Zentren herum zu
entwickeln, ist im aktuellen Wettbewerb
der Immobilienmärkte entscheidend, vor
allem in der Diskussion um die Profiteure
des Brexits außerhalb Londons. Zu diesem
Ergebnis kommt eine Untersuchung von
Catella. Während große Immobilienmär-
kte wie Paris (718), Berlin (708), Amster-
dam (344), Frankfurt am Main (289) und
Stockholm (236) noch Luft nach oben
haben, besitzt der kleinste Markt Dublin
(1.220) die größte Anzahl an Start-ups.
Weltweit betrachtet hängt Kontinental
europa bei der Entwicklung noch hinter-
her, wie Catella bereits in früheren Unter-
suchungen herausfand. Nichtsdestotrotz
besitzt Frankfurt, das mit DE-CIX Stand-
ort des größten Internetknotens der Welt
ist, schon den höchstenAnteil an FinTech-
Start-ups der sechs untersuchten Städte.
Diese Zahl könnte laut Catella durch
aktive Bemühungen in den kommenden
Jahren weiter steigen. Laut einer Studie
von DB Research spekulieren bereits ei-
nige Investoren darauf, dass Start-ups und
FinTechs große Kapazitäten von London
nach Frankfurt verlegen werden. Auch
Gründungen finden in Frankfurt statt,
etwa des Vermieterportals Devepo.
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