Immobilienwirtschaft 5/2016 - page 46

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VERMARKTUNG & MANAGEMENT
I
RECHT
FAKTEN:
Die Wohnungen verfügen bis auf vier jeweils über einen Balkon. Auf einer Ei-
gentümerversammlung wurden Abriss und Neuinstallation der Balkone mit Kostenver-
teilung unter sämtlichen Eigentümern beschlossen. Einer derjenigen, deren Wohnung
nicht über einen Balkon verfügt, hatte diesen Beschluss angefochten. Er meint, lediglich
die Balkoneigentümer müssten die entsprechenden Kosten tragen, da die Balkone nach
der Teilungserklärung Sondereigentum seien. Die Klage hatte allerdings keinen Erfolg.
FAZIT:
In vielen Fällen werden in Teilungserklärungen zwingend zum Gemeinschafts-
eigentum gehörige Bereiche der Wohnanlage zu Sondereigentum erklärt. Dies betrifft
in erster Linie die Fenster und Eingangstür der jeweiligen Wohnung. Derartige Zuord-
nungen sind unwirksam. Eine Umdeutung in einer entsprechenden Kostentragungsver-
pflichtung des betreffenden Wohnungseigentümers kommt aber nur dann in Betracht,
wenn die Teilungserklärung insoweit eine eindeutige Regelung enthält. Ist dies nicht der
Fall, obliegen Instandhaltung und Instandsetzung der Gesamtheit der Wohnungseigen-
tümer auf Kosten der Gemeinschaft.
NEUERRICHTUNG VON BALKONEN
Finanzierung von
sämtlichen Eigentümern
Die konstruktiven Elemente des
Balkons stehen zwingend im Gemein-
schaftseigentum. Die Kosten für den
Abriss von Balkonen und die Erneue-
rung der Balkone haben daher sämt-
liche Wohnungseigentümer zu tragen.
AG Köln, Urteil v. 08.05.2015, 215 C 133/14
FAKTEN:
Der Anwalt eines Verwalters hatte mehrere Eigentümer aufgefordert, den Ver-
sammlungsraum zu verlassen, da er mit den übrigen Eigentümern ein „Mandantenge-
spräch“ führen müsse. Es wurde ein Beschluss gefasst, den einige Eigentümer angefoch-
ten haben. Ihre Klage hatte allerdings aus formalen Gründen keinen Erfolg. Die Eigen-
tümerversammlung ist der Ort, an dem die gemeinsamen Belange der Gemeinschaft
von allen Mitgliedern diskutiert und durch anschließenden Beschluss geregelt werden.
Nichtig ist der Beschluss nicht. Nach Auffassung des Gerichts erging er jedoch formell
fehlerhaft. Allerdings ist die Fehlerhaftigkeit – in diesemFall das Hinausweisen aus dem
Raum – zu rügen, was jedoch unterblieb. Nur deswegen hatte die Klage keinen Erfolg.
FAZIT:
Nach aktueller BGH-Rechtsprechung kommt die Nichtigkeit von Beschlüssen
wegen formeller Fehler nur in ganz besonders schwer wiegenden Ausnahmefällen in
Betracht. Dies ist der Fall, wenn etwa ein Eigentümer in böswilliger Absicht gezielt von
der Teilnahme ausgeschlossen werden soll.
EIGENTÜMERVERSAMMLUNG
Unterbrechung und
Minderheits-Ausschluss
Die Versammlung ist Diskussionsfo-
rum. Deshalb darf sie nicht unterbro-
chen werden, um unter Ausschluss der
Minderheit über den Beschlussgegen-
stand weiterzudiskutieren, bevor nach
Beendigung der Unterbrechung über
den Antrag abgestimmt wird.
LG Karlsruhe, Urteil v. 17.11.2015, 11 S 46/15;
noch nicht rechtskräftig
Wohnungseigentumsrecht
– Aktuelle Urteile
FAKTEN:
Ein Eigentümer hat seine 92Quadratmeter großeWohnung an das Land vermie-
tet, das die Wohnung zur Unterbringung von Asylbewerbern nutzt. Auf einer Eigentü-
merversammlung haben die Eigentümer mehrheitlich beschlossen, demEigentümer die
Nutzung zur Unterbringung von Asylbewerbern zu untersagen. Diesen Beschluss hatte
der betroffene Eigentümer angefochten. Die Klage hatte zunächst Erfolg. Der Begriff der
Wohnung sei weit auszulegen. Bei Asylbewerbern lasse sich aus etwaigen Einzelfällen
keine allgemeine Regelung dahingehend ableiten, dass die Nutzung zur Unterbringung
vonAsylbewerbern eine erheblich größere Belastung und Beeinträchtigung des Gemein-
schaftseigentums darstellt als die Vermietung an andere Personengruppen. Somit sei die
Untersagung der Nutzung zur Überlassung zur Unterbringung von Asylbewerbern als
generelle Beschlussfassung unzulässig.
FAZIT:
Auch von einer Überbelegung der Wohnung konnte nicht ausgegangen werden.
Eine Belegung mit maximal acht erwachsenen Personen in einer 92 Quadratmeter gro-
ßen Wohnung stellt noch keine Überbelegung dar.
WOHNNUTZUNG
Vermietung an Asylbewerber
ist zulässig
Die Überlassung von Eigentum an
Asylbewerber stellt eine zulässige
Wohnnutzung dar. Der Eigentümerge-
meinschaft fehlt es für die Untersa-
gung der Vermietung und Überlassung
von Wohneigentum an Asylbewerber
an der Beschlusskompetenz.
AG Laufen, Urteil v. 04.02.2016, 2 C 565/15 WEG,
noch nicht rechtskräftig
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