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5.2016
FAKTEN:
Die Eigentümer hatten den Beschluss gefasst, auf Kosten eines Eigentümers
eine Vermessungsfirma mit der Neuvermessung des Grundstücks zu beauftragen, sollte
dieser nicht einen Nachweis über die durch seine Baumaßnahmen nicht mehr feststell-
bare Grundstücksgrenze vorlegen. Der entsprechend belastete Eigentümer hat diesen
Beschluss angefochten. Seine Klage war erfolgreich. Die Eigentümer haben keine Kom-
petenz, die Kostentragung für einGutachten zu beschließen. Vielmehr müssen sie durch
die Gemeinschaft versuchen, gegebenenfalls die Kostentragung eines Miteigentümers
auf dem Rechtsweg zu erreichen. Dies stellt einen Nichtigkeitsgrund dar mit der Folge,
dass es etwa auf die Einhaltung der Anfechtungsbegründungsfrist nicht ankäme.
FAZIT:
Das in den letzten Jahren vom BGH für den Bereich des Eigentums heraus-
gearbeitete Belastungsverbot schützt den Eigentümer allgemein vor der Aufbürdung
neuer bzw. originärer Leistungspflichten, die sich weder aus dem Gesetz noch aus der
bisherigen Gemeinschaftsordnung ergeben. Enthält die Gemeinschaftsordnung eine
Öffnungsklausel, so ist ein entsprechender Beschluss so lange schwebend unwirksam,
bis der entsprechend belastete Eigentümer seine Zustimmung erteilt. Ohne Zustimmung
der entsprechend belasteten Eigentümer kann insoweit auch auf Grundlage einer ver-
einbarten Öffnungsklausel wirksam keine Verpflichtung begründet werden, die Räum-
und Streupflicht im Wechsel zu erfüllen. Auch die Verpflichtung zur Beseitigung einer
ungenehmigten störenden baulichen Veränderung kann nicht beschlussweise – auch
nicht auf Grundlage einer vereinbarten Öffnungsklausel ohne Zustimmung des Ver-
pflichteten – geregelt werden.
EIGENTÜMERVERSAMMLUNG
Keine Pflicht zur Kosten-
erstattung durch Beschluss
Den Eigentümern fehlt die Beschluss-
kompetenz für die Begründung
konstitutiver Leistungspflichten. Sie
können insoweit nicht die Verpflich-
tung zur Kostenerstattung für ein
Gutachten zulasten eines Eigentümers
beschließen.
LG München I, Beschluss v. 21.05.2015,
36 S 19367/14 WEG
BEDENKENHINWEIS
Verfahrenskostenbelastung
des Verwalters
Im Rahmen der Beschlussfassung
über eine bauliche Veränderung darf
der Verwalter nur einen allstimmig
gefassten Positivbeschluss verkünden.
Verkündet der Verwalter trotz feh-
lender Allstimmigkeit einen positiven
Beschluss, so ist es nicht ermessens-
fehlerhaft, ihm (teilweise) die Kosten
des Verfahrens aufzuerlegen. Dies
gilt auch, wenn der Verwalter auf das
Risiko der fehlenden Allstimmigkeit
und somit der Anfechtbarkeit des
Beschlusses hingewiesen hat. Der Ver-
walter hätte den von ihm als rechts-
widrig erkannten Beschluss nicht als
angenommen verkünden dürfen.
LG Bamberg, Beschluss v. 16.04.2015, 11 T 8/15
MANGEL
Fehlender Balkon ist
verjährbarer Mangelschaden
Wird entgegen dem Aufteilungsplan
an einer Wohnung kein Balkon errich-
tet, handelt es sich um einen Aus-
führungsmangel des Bauvorhabens.
Dieser unterliegt der Regelverjährung.
Der betroffene Wohnungseigentümer
hat insoweit keinen Anspruch auf
erstmalige Herstellung des Gemein-
schaftseigentums, der grundsätzlich
unverjährbar ist. Ist der Aufteilungs-
plan Gegenstand der Teilungserklä-
rung, ist dem betroffenen Wohnungs-
eigentümer auch grobe Fahrlässigkeit
zum Vorwurf zu machen, so er sich
nicht entsprechende Kenntnis ver-
schafft.
AG Wetzlar, Urteil v. 19.12.2013, 38 C 951/13
EIGENTÜMERVERSAMMLUNG
Beschlüsse müssen
bestimmt sein
Die Eigentümer hatten beschlossen,
dass „bei Wegfall von Treppenhaus-
fenster und Kellerfenster und Gefähr-
dung der KFW-Förderung überlegt
werden soll, wenn es wirtschaftlich
ist, die verbleibenden Fenster auch
auszutauschen“. Weiter wurde
beschlossen, dass „auf Basis des vor-
liegenden und noch zu verhandelnden
Angebots (max. ca. 110.000,00 Euro)
der Auftrag an die Firma X vergeben
werden“ soll. Beide Beschlüsse waren
zu unbestimmt und so auf Anfechtung
für ungültig zu erklären.
AG Hamburg-Blankenese, Beschluss v. 27.04.2015,
539 C 21/14
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Aktuelle Mietrechtsrechtsprechung
im Titelthema und im nächsten Heft