Immobilienwirtschaft 5/2016 - page 28

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INVESTMENT & ENTWICKLUNG
I
KOLUMNE
bestehende Häuser schraubte. Bereits früh war ich fasziniert von
derMöglichkeit, Häuser wie Autos zu konstruieren. Formenreich
wie ein Ferrari Testarossa undmit der perfekten Innenausstattung
eines Sechser BMW. Deshalb bin ich auch nach London gegangen,
umbei Norman Foster und später bei Richard Rogers zu arbeiten.
Beide hatten bereits in den sechziger Jahren, wie zuvor Ray und
Charles Eames oder Buckminster Fuller in den USA, Häuser aus
industriell vorfabrizierten Elementen zusammengeschraubt.
DIE VORTEILE MODULAREN BAUENS SIND BEKANNT:
Die Entwick-
lung von Prototypen mit anschließender industrieller Vorferti-
gung kann enorme Zeit- und Kostenvorteile eröffnen bei deutlich
präziserer Ausführung. Trotzdem ist modulares Bauen imkonser-
vativen Wohnungsbau bis heute nie wirklich angekommen. Erst
mit der Forderung nach preisgünstigenWohnungen und der Not-
wendigkeit, schnell zu handeln, rückt modulares Bauen wieder in
den Fokus. Denn über das Thema der Flüchtlingsunterbringung
führt die Diskussion geradewegs zu der Notwendigkeit, kosten-
günstigen und sozial integriertenWohnungsbau zu realisieren. In
den großen deutschen Städten toben Verdrängungswettbewerbe,
nahezu jeder zweite Bewohner ist sozialwohnungsberechtigt, aber
noch nicht einmal sieben Prozent der vorhandenen Wohnungen
stehen dafür zur Verfügung.
Über Jahre hat das nur wenige interessiert. Doch jetzt sollen
die städtischenWohnungsbaugesellschaften das Versäumte blitz-
artig nachholen. Das sind die Gesellschaften, die noch bis vor
J
oseph Monier, der für die Gärten in Versailles Pflanzkästen
aus Zement mit Drahtgewebe für die transportablen Orangen-
bäumchen entwickelte, erfand damit schon fast den Stahlbeton.
Die Idee des modularen Bauens ist so alt wie die Architektur-
geschichte. Joseph Paxton hat es mit seinem Kristallpalast für
die ersteWeltausstellung 1851 allen vorgemacht. Auf- und Abbau
innerhalb von wenigen Monaten. Alles kam in Modulbauweise
aus vorgefertigten Eisenteilen und Glassegmenten auf die Bau-
stelle, mitten im Hyde Park.
Auch der Eiffelturm wurde 1889 in nur zwei Jahren gebaut.
Im Baukastenprinzip vorfabriziert und vor Ort zusammenge-
nietet. Eine geniale Konstruktion eines genialen Ingenieurs und
Geschäftsmannes. Die Idee, Häuser wie Autos am Fließband zu
bauen, ist so alt wie die moderne Architektur. Auch Le Corbusier
mit seinemModulor undMies mit seinemFarnsworthHouse wa-
ren begeistert von den Möglichkeiten industrieller Vorfertigung.
Häuser sollten aussehen wie Ozeandampfer und genau wie diese
vorfabriziert werden.
Auch ich wuchs, wie viele meines Alters, mit Legosteinen
und Bauklötzen verstreut in meinemKinderzimmer auf und war
begeistert von den Möglichkeiten, aus Zweiern, Vierern, Sech-
sern Rinder, Pferde, Cowboy und Indianer zu bauen. Mein erster
Entwurf setzte sich aus tiefgezogenen Fensterblechen von Gü-
terwaggons zusammen. Meine ersten realisierten Objekte waren
Vordächer aus Windschutzscheiben oder Flugzeugteilen, die ich
auf Schrottplätzen fand und mit Stahlunterkonstruktionen an
Häuser wie Autos
Foto: Dirk Weiß
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