Immobilienwirtschaft 10/2016 - page 62

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EXPO REAL
2016
I
EINZELHANDEL
auf die der Kunde sich „blind“ verlassen
kann. Marktplätze wie Shopping Center
und große Handelsimmobilien werden
auch zukünftig den Rahmen für die im-
mer aufwändigeren Markenwelten-Insze-
nierungen darstellen. Siemüssen aber dem
Wunsch der Kunden undMarken entspre-
chen und „omnichannelfähig“ werden.
DIE ÖFFNUNGSZEITEN DISKUTIEREN
Dies ist
aber nicht nur eine Frage des Willens, es
muss auch umsetzbar sein. Technische Vo-
raussetzungenmüssen geschaffenwerden,
um den „digitalen Kunden“ dort abzuho-
len, wo er sich gerade über die Marke und
das Produkt informiert. Mancherorts ist
dies gewiss ein Balanceakt zwischen Da-
tenschutzvorgaben, Kundenwünschen
und technischen Möglichkeiten – aber
schon heute zukunftsfähig und weltweit
umsetzbar.
Auch gilt es, die Frage nach derWaren-
verfügbarkeit imSinne derÖffnungszeiten
zu diskutieren. „Ein, zwei, drei – meins“
steht amSonntag einer nahezu toten deut-
schen Einzelhandelslandschaft gegenüber
und dies, wo uns der Kunde energisch
mit den höchsten Onlinekaufraten zeigt,
dass er genau an diesem Tag etwas kaufen
möchte. Familien mit Kindern, bei denen
beide Eltern in der Woche lange arbeiten
müssen, könnten vielleicht am Sonntag
in Ruhe einen Einkaufsbummel machen
und den Umsatz in einer lebendigen In-
nenstadt lassen? Arbeitsplätze und lokale
Steuereinnahmen inklusive.
Es ist ein neues und intensives Zusam-
menspiel aller Akteure eines lebendigen
Marktplatzes gefordert. Die Stadt und die
Politik, der lokale Einzelhändler, der Fi-
lialist, die Marken, die Shopping-Center-
oder Handelsimmobilienmanager und die
Immobilieneigentümer haben imGrunde
doch dasselbe Interesse: Sie wollen zufrie-
dene Kunden, die gerne kaufen und beim
nächsten Mal wiederkommen. In diesem
Zusammenhang sei am Rande in Erinne-
rung gerufen, dass nur der kaufende Kun-
de am Ende eine Miete, eine Verzinsung
und Steuereinnahmen möglich macht.
Die Strategie des Handels wird sich
dabei weiter intensiv um eine emotionale
Kundenbindung über Markenwelten und
mit wachsender Tendenz auch besonders
umstationäre Erlebniswelten drehenmüs-
sen. Immer mit demZiel, denUnterschied
zum Wettbewerber deutlich zu machen.
Der Kunde ist dabei zunehmend infor-
mierter über das Produkt und die ver-
schiedenen Anbieter, als der Handel es
manchmal in der Lage zu leisten ist – eine
Herausforderung für sich. Die Digitalisie-
rung hält hier aber auch stetig Einzug und
verspricht mancherorts vielleicht einen
neuen „Verkäufer-Typus“ – der Apple-
Store macht es praktisch vor.
AUFENTHALTSQUALITÄT ERHÖHEN
Die Auf-
enthaltsqualität, die Lust zu verweilen, ei-
nen Kaffee zu trinken, gewinnt weiterhin
an Bedeutung und gilt schlechthin als
Stabilitätsanker, wenn es um Besucher-
frequenzen geht. Gute Frequenzen sorgen
für gute Umsätze und Erträge. Die Top-
Einkaufsstraßen wie die Kölner „Schil-
dergasse“ oder aber auch die Münchner
„Kaufingerstraße“ zeigen, was möglich ist.
Ihre Anziehungskraft wirkt sich auf das
ganze Quartier und die Stadt aus.
In über 500 Städten in der Bundesre-
publik haben Shopping Center imPrinzip
eine ebensolche „Herzfunktion“ als Fre-
quenzbringer für alle. Die neugebauten
Center oder aber auch die aktuellen Re-
furbishmentprojekte zeigen außerdem
auf, dass Multifunktionalität als Zusatz-
funktion (Wohnungen, Büros, städtische
Einrichtungen) am selben Platz erfüllt
wird. Die hierdurch geschaffene enge
Verbindung zur Stadt nützt dem Handel
zusätzlich bei der Erfüllung seiner Stra-
tegie, seinem Kunden „omnichannel“ zu
Diensten zu sein.
Mein Fazit: Shopping Center und der
stationäre Handel in den Städten sindmo-
derne, vielseitige Marktplätze der Stadt
mit guten Voraussetzungen, Online und
Offline erfolgreich zu verbinden.
«
Klaus Striebich, Hamburg
Klaus Striebich
ist Vorsitzender
des Vorstands
des Verbands
German Council
of Shopping
Centers.
AUTOR
Markenwelten-Inszenie-
rungen in Shopping Centern
oder großen Handelsimmo-
bilien: Das bleibt wichtig.
Fotos: German Council of Shopping Centers
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