Immobilienwirtschaft 10/2016 - page 52

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EXPO REAL
2016
I
INVESTMENT
– besonders gut hervortreten. Deutsch-
land, die Niederlande und Skandinavien
werden erwartungsgemäß ebenfalls eine
hohe Nachfrage aufweisen.
Für den Einzelhandel entlang von zen-
tralen Einkaufsstraßen und für Büroge-
bäude wird das stärkste Mietwachstum
erwartet, dem das Wachstum auf dem
Arbeitsmarkt und das der Nachfrage im
eigenen Land zugrunde liegen.
Besonders „jugendorientierte“ Städte
wie London, Berlin, Paris, Amsterdam,
Warschau und Madrid, die gute Live-
Work-Play-Umgebungen bieten und
von den Millenials oder der Generation
Y geschätzt werden, stehen gut da.
Insgesamt ist es ratsam, Vermögen an
Orten ins Auge zu fassen, die langfristig
vital bleiben und die sich flexibel an die
schnell ändernden Anforderungen von
neuen Generationen von Beschäftigten
und Verbrauchern anpassen können.
Im Allgemeinen wird es auch zukünf-
tig weiterhin starke Immobilienmärkte ge-
ben – auch wenn die Risiken insgesamt
gestiegen sind. Aber diese enthalten so-
wohl positive als auch negative Risiken.
Demnach wären die zwei wichtigsten
Investitionsstrategien zum einen die Nut-
zung der erwarteten kurzfristig hohen Er-
träge und zum anderen die Vorbereitung
auf langfristig möglicherweise größere
Herausforderungen.
Die robuste Natur der Privateigen-
tumsmärkte in den USA, in weiten Teilen
Europas, in Teilen Asiens und im pazi-
fischen Raum sollte für steigende markt-
bedingte Nettobetriebseinkommen (NOI
= Net Operating Income) auf der Vermö-
gensebene sorgen. Relativ garantiertes,
vertraglich gesichertes Einkommen und
die Aussicht auf Einkommenswachstum
bieten einen Puffer vor den absolut gese-
henen derzeit hohen Preisen.
Das hohe Kapitalvolumen, das sich
Immobilien zuwendet, lässt vermuten,
dass die Transaktionsvolumen weiter
hoch bleiben werden und der Kapital-
markt die Preise stützen wird. In einer
aktuellen Umfrage von NCREIF, Inrev
und Anrev wurden 2015 insgesamt 135
Milliarden US-Dollar für nicht notierte
Immobilien beschafft. Europäische Ob-
jekte beanspruchten 51 Prozent dieses
Kapitals, nordamerikanische Strategien 28
Prozent, Asien und pazifischer Raum 14
Prozent, globale Strategien sieben Prozent.
Das Investitionsvolumen in gewerbliche
Immobilien fiel im zweiten Quartal 2016
weltweit um sechs Prozent verglichen zum
Vorjahr, belief sich jedoch trotzdem auf
insgesamt 273,9 Milliarden US-Dollar.
Während der Markt in den USA gesunde-
te, wurde die Aktivität in Europa durch die
Ungewissheit in Zusammenhangmit dem
Brexit gedämpft, Asien und der pazifische
Raum durchlebten fortbestehende wirt-
schaftliche wie auch politische Probleme.
Im gesamten EMEA-Raum fiel die In-
vestitionsaktivität imerstenHalbjahr 2016
um 31 Prozent. Im zweiten Quartal 2016
schnitt vor allem Großbritannien unter
den Erwartungen ab. Als zweitgrößter
europäischer Markt verzeichnete auch
Deutschland beachtliche Aktivitätsein-
bußen. Schweden, Italien, Spanien und
Polen erlebten im zweiten Quartal 2016
hingegen einWachstum imVergleich zum
Vorjahr.
Auch Asien und der pazifische Raum
verbuchten geringere Aktivität, aber die
gemeldeten Transaktionen am gewerb-
lichen Immobilienmarkt der USA stiegen
verglichen mit dem gleichen Zeitraum im
Vorjahr um zwölf Prozent. Zum ersten
Mal seit sechs Jahren investierten Anle-
ger aus dem Nahen Osten und Asien im
erstenHalbjahr 2016mehr inNordameri-
ka als in Europa. Dies ist als Reaktion auf
verschiedene Faktoren anzusehen, etwa
steuerliche Veränderungen, politische
Ungewissheit und andere bedeutende
motivierende Faktoren für die Diversifi-
zierung, wie Risikominderung des Port-
folios und Renditenverbesserung. Obwohl
dies auf einen Nachlass in der gesamten
globalen Investitionsaktivität hindeutet,
ist für Immobilieneigentümer der Druck
zur Veräußerung nur begrenzt, da der
Markt kaum fluktuiert, die Darlehenskos­
ten gering sind, das gesamte Schuldenni-
veau durchschnittlich einzuordnen ist und
die Grundlagen in vielen Märkten stabil
sind und zunehmend stärker werden. Das
fallende Volumen sollte jedoch mit den
langfristigen Aktivitätsebenen verglichen
werden und könnte weltweit sogar als ganz
natürliche Reaktion und ein merklicher
Rückzug von einigenMärktenmit aggres-
siver Preispolitik sowie von Teilmärkten
interpretiert werden.
Unter Berücksichtigung der Erwar-
tung, dass weiterhin mit einem Kapital-
fluss aus Asien, insbesondere aus China
und Japan, zu rechnen ist, der voraus-
schauend vermehrt in die USA und Euro
pa fließen wird, wird es auch in Zukunft
keinen Mangel an internationalen Kapi-
talbewegungen geben, und ungeachtet
kurzfristiger Turbulenzen werden diese
Kapitalflüsse das Preisniveau am gewerb-
lichen Immobilienmarkt erhalten.
«
Andy Rofe, Henley on Thames, Großbritannien
Andy Rofe
ist Managing
Director beim
Investmentun-
ternehmen In-
vesco Europe in
Großbritannien.
AUTOR
Dienstag, 4. Oktober 2016;
12:30 – 13:20 Uhr
Expo Real Forum, Halle A2, Stand 540
Gesamtökonomie und Immobilien-
wirtschaft
Internationale Kapitalflüsse: An welche
Orte und in welche Assetklassen gehen
die Gelder internationaler Investoren?
EXPO-DISKUSSION
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