Immobilienwirtschaft 7-8/2016 - page 51

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-8.2016
Mietrecht
– Aktuelle Urteile
FAKTEN:
EinMietvertrag über Ladenräume in einemEinkaufszentrum enthielt folgende
Klausel: „Die Mieterin verpflichtet sich, der ... Werbegemeinschaft beizutreten und die
Mitgliedschaft während des Bestandes des Mietverhältnisses ununterbrochen beizube-
halten .... Die Mieterin erkennt die Satzung der Werbegemeinschaft als Bestandteil des
vorliegendenMietvertrages an. Beschlüsse desWerbevorstandes und der Vollversamm-
lung der Werbegemeinschaft sind für alle Mieter verbindlich.“ Die Werbegemeinschaft
ist in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins organisiert. Der Mieter kündigte als-
bald dieMitgliedschaft. Der Verein nimmt denMieter auf Zahlung derMitgliedsbeiträge
in Anspruch. Die Klage hatte Erfolg.
Der Mieter bezog sich auf einen Fall des BGH vom 12.07.2006 (XII ZR 39/04). Dort war
dieWerbegemeinschaft in Form einer GbR organisiert. Hierzu hat der BGH ausgeführt,
dass die Mitglieder einer GbR weit reichenden Haftungsrisiken ausgesetzt sind. Insbe-
sondere haften sie persönlich für Wettbewerbsverstöße der Werbegemeinschaft. Wegen
dieser Risiken kann ein Mieter nicht gezwungen werden, einer Werbegemeinschaft in
Form einer GbR beizutreten. Auf einen eingetragenen Verein ist diese Rechtsprechung
nicht zu übertragen, weil die Vereinsmitglieder für Verbindlichkeiten des Vereins grund-
sätzlich nicht persönlich haften.
FAZIT:
Offen ist in diesem Fall lediglich, wie sich die Beitragshöhe in der Zukunft ent-
wickelt. Das Transparenzgebot wird hierdurch nicht tangiert, weil § 307 Abs. 1 Satz 2
BGB nicht verlangt, dass die auf den Mieter umgelegten Kosten schon bei Abschluss
des Mietvertrags für die gesamte Dauer des Mietverhältnisses unabänderlich aus der
Klausel erkennbar sein müssen.
PFLICHTMITGLIEDSCHAFT
Werbegemeinschaft bei der
Geschäftsraummiete
Die formularmäßige Verpflichtung des
Mieters in einem Einkaufszentrum, ei-
ner bestehenden Werbegemeinschaft
in Form eines eingetragenen Vereins
beizutreten, verstößt weder gegen
§ 305c Abs. 1 BGB noch gegen § 307
Abs. 1 Satz 1 BGB. Ist in der Vereins-
satzung der Werbegemeinschaft die
Höhe der monatlich vom Mieter zu
zahlenden Beiträge konkret beziffert,
bedarf es im Hinblick auf das Transpa-
renzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB
im Mietvertrag und in der Satzung
keiner weiteren Festsetzung einer
Höchstgrenze der Beiträge.
BGH, Urteil v. 13.04.2016, XII ZR 146/14
KAPPUNGSGRENZE BERLIN
Verfassungsbeschwerde nicht
zur Entscheidung angenommen
In dem Urteil vom 04.11.2015 (VIII
ZR 217/14) hat sich der BGH mit der
Rechtmäßigkeit der Kappungsgren-
zenverordnung des Landes Berlin be-
fasst. Der BGH hat ausgeführt, dass die
Verordnung dem Bestimmtheitsgebot
Rechnung trägt und weder gegen die
Eigentumsgarantie noch den allge-
meinen Gleichbehandlungsgrund-
satz oder gegen die Vertragsfreiheit
verstößt. Das BVerfG hat die folgende
Verfassungsbeschwerde mangels einer
substanziierten Begründung nicht zur
Entscheidung angenommen.
BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 14.04.2016,
1 BvR 243/16
BENACHBARTER FUSSBALLPLATZ
Abwehr von Störungen
Der Eigentümer eines Grundstücks,
das an einen benachbarten Fußball-
oder Bolzplatz angrenzt, muss es
nicht hinnehmen, dass überfliegende
Bälle auf sein Grundstück gelangen.
Vielmehr kann er vom Eigentümer
des Nachbargrundstücks verlangen,
dass dieser geeignete Maßnahmen
zur Verhinderung derartiger Störungen
ergreift. Hierzu ist zum Beispiel ein
sechs Meter hoher Ballfangzaun taug-
lich und dem Nachbarn zumutbar.
OLG Naumburg, Urteil v. 23.11.2015, 12 U 184/14
ERWERBER
Rechtseintritt in das
Mietverhältnis
Nach § 566 Abs. 1 BGB tritt der Erwer-
ber anstelle des Vermieters nur dann
in die sich während der Dauer seines
Eigentums aus dem Mietverhältnis
ergebenden Rechte und Pflichten ein,
wenn der vermietete Wohnraum nach
Überlassung an den Mieter von dem
Vermieter an einen Dritten veräußert
wird. Der Erwerber tritt dagegen
nicht schon dann in die sich aus dem
Mietverhältnis ergebenden Rechte
und Pflichten ein, wenn die Wohnung
zwar vermietet, aber zum Zeitpunkt
des Eigentumsübergangs noch nicht
an den Mieter überlassen war.
BGH, Beschluss v. 05.04.2016, VIII ZR 31/15
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