Immobilienwirtschaft 4/2016 - page 19

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darauf reagieren. Erste Privatisierungen
folgten, genauso wie das Abwerben von
Managementpersonal aus der so genann-
ten „freien“ Wirtschaft.
AUTARK , ABGESCHOTTET, EIGENWILLIG
Einrichtungen der Gesundheitswirtschaft
– vor allem (Akut-)Krankenhäuser – wa-
ren aus den verschiedensten Gründen bis
dato zudem wie ein U-Boot konzipiert –
autark, abgeschottet, eigenwillig. Die sons-
tige „freie“ Wirtschaft wurde bestenfalls
als Zulieferer geduldet. Und man wollte
seitens der Gesundheitswirtschaft so we-
nig wie möglich Kontakt zu der Branche
der Makler und „Immobilienhaie“, die
einem regelmäßig das Blaue vomHimmel
versprachen. Man verhandelte lieber mit
dem eigenen konfessionellen, kommu-
nalen oder freigemeinnützigen Träger,
wenn etwas benötigt wurde. Oder mit der
Politik, aber nur, wenn es gar nicht mehr
anders ging.
Dies mag auch der Hauptgrund dafür
sein, warumbis vor einigen Jahren Immo-
bilienwirtschaftler sowenig Einblick in die
Gesundheitswirtschaft hatten – den „wei-
ßen Riesen“ kannte zwar jeder aus seinem
persönlichen Bereich, aber ansonsten hat-
te die Immobilienwirtschaft wohl zu kei-
nem anderen Wirtschaftszweig so wenige
Ansatz- und Berührungspunkte.
Ablesbar ist diese Sonderstellung
der Gesundheitswirtschaft auch heute
noch sehr schön im Baugesetzbuch. Bei
der Definition von Baugebieten finden
sich in der Übersicht der Baunutzungs-
verordnung (BauNVO) ganz vorne die
Gebiete mit Wohnnutzung und erst ganz
am Ende die Sondergebiete („SO“).
N
och bis vor wenigen Jahren erklärte
die Gesundheitsbranche von sich, sie
sei keinWirtschaftszweig imüblichen
Sinn. Vielmehr sei sie schlicht Daseinsvor-
sorge, und die Formulierung wirtschaft-
licher Ziele sei dort quasi systemwidrig,
zumindest aber unmoralisch. Diese Sicht
entsprang wohl einerseits einem über
Jahrhunderte gewachsenen, tief verwur-
zelten medizinisch-ethischen Anspruch
beim Dienst am und für den Menschen.
Andererseits war es noch bis vor wenigen
Jahren so, dass Einrichtungen der Ge-
sundheitswirtschaft entweder durch ihre
(früher oft kirchliche) Trägerschaft direkt
und voll – also nach Aufwand – finanziert
wurden oder aber die gesetzlichen Be-
stimmungen über einen langen Zeitraum
hinweg für weitgehende Vollfinanzierung
sorgten. Eine – wie auch immer bezeich-
nete – Rendite im Gesundheitswesen war
in keinem Teilsegment definiert, und wer
böse Worte wie „Produkt“, „Kosten-Leis-
tungs-Rechnung“ oder „Marktallokation“
in denMund nahm, wurde als unethischer
Alien, der nichts vom Gesundheitswesen
versteht, verstoßen.
Der steigende Kostendruck bei den
(Kosten-)Trägern und die Demografie-
entwicklung in den letzten Jahren trafen
auf ebenso steigende Qualitätsansprüche
der Leistungsempfänger, also der Pati-
enten (lateinisch: patiens = geduldig, aus-
haltend, ertragend). Diese sind aber gar
nicht mehr so geduldig und leidenswillig,
wie ihr Name vermuten lässt, sondern sie
wollen zunehmend als gut informierte
und selbstbewusste Kunden des 21. Jahr-
hunderts behandelt werden. Die Gesund-
heitseinrichtungen mussten und müssen
Gesundheitswirtschaft –
der weiße Riese erwacht
SUMMARY
»
Die meisten Gesundheitseinrichtungen haben
Kapazitäts- oder Performance-Probleme im Immobilienbereich
, weil dies nicht
zum Kerngeschäft gehört.
»
Häufig wird argumentiert, Immobilienthemen seien nicht abgedeckt durch den Versorgungsauftrag.
»
Die Immobilien-
wirtschaft
muss sich das notwendige Vertrauen in der Gesundheitswirtschaft erst noch erarbeiten.
»
Sinnvoll sind Ansätze, die
alle Marktakteure
einbeziehen
.
»
Erfolgreiche Konzepte
entstehen, wenn Gesundheitsimmobilien auf Flexibilität und Drittverwendungsfähigkeit setzen.
Gesundheitswesen und
Immobilienwirtschaft: Beides
hatte bislang wenig mitein-
ander zu tun. Zu Unrecht –
denn alle Seiten können von
der Zusammenarbeit profi-
tieren. Langsam werden die
Potenziale erkannt.
»
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