Immobilienwirtschaft 4/2016 - page 12

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MARKT & POLITIK
I
VERBANDSINFORMATIONEN
D
er zunehmende Zuzug der deutschen Bevölkerung in die Städte stellt Stadtentwick-
ler vor eine großeHerausforderung. Alte Brachflächen bieten oftmals die gewünsch-
ten Größen und Lagen. Je städtischer das Umfeld der Altfläche, desto eher wird
das Gelände der industrienahen Nutzung entzogen. Aber auch kleinere Flächen werden
gerne umgenutzt – so werden ehemalige Lokschuppen zu Wohnzwecken oder kleine
Güterbahnhöfe zu Kulturbahnhöfen umgewidmet. Auf der Strecke bleiben regelmäßig
Grundstücke für die „Blaumannarbeitsplätze“. DerWunsch, industrienahe Arbeitsplätze
an die Stadtgrenze oder am besten in die Nachbargemeinde zu verbannen, ist heute
wie schon im 19. Jahrhundert groß. Er bedeutet, dass gewerblich tätige Bewohner wie
beispielsweise Handwerker erst an den Stadtrand oder in die Nachbargemeinde pendeln
und die Güter von dort in die Stadt zurückgebracht werden müssen. Umweltschutz und
die Frage, ob eine Stadt nicht innerhalb ihrer Grenzen eine ausgewogene Verteilung
der Arbeitsplätze über die emissions- und immissionsarmen Büroarbeitsplätze hinaus
sicherstellen sollte, stellen die bisherige Vorgehensweise infrage.
Eine jüngste Entwicklung wirkt dabei wie ein Brandbeschleuniger: Im Zeitalter des
Internets erwartet der Bürger zunehmend, dass die Ware ihm direkt geliefert wird. Die
Industrie beantwortet diesen Wunsch mit Werbeversprechen der kurzfristigen, pünkt-
lichen Lieferung. Die Städte müssen nachziehen und der Versorgung der Bevölkerung
mit den Gütern des täglichen Bedarfs mehr Beachtung schenken. Aus der Logistikbran-
che wird Druck kommen: Laut einer Studie von Acatech aus dem Jahr 2011 werden ab
dem Jahr 2020 alle wesentlichen Autobahnen in Deutschland am Rande ihrer Kapazi-
täten sein. Somit müssen Logistiker weg von den großen, abseits der Städte gelegenen
Distributionszentren hin zu ihren Kunden. Dieser Nachfrageschub nach innerstäd-
tischem Bauen wird durch die Einschränkung des Flächenverbrauchs und des Bauens
auf der grünen Wiese zusätzlich unterstützt. Dabei konkurriert Logistik aber auch mit
höherwertigeren Nutzungsarten wie Wohnen, Einzelhandel, Kultur oder Büro um be-
baubare Flächen. Die „alten“ Brachflächen liegen nahe am Kunden und verfügen über
gute Verkehrsanbindungen. Höhere Grundstückspreise und zu kleine Grundstücke wer-
den bei Neubauten zu neuen mehrgeschossigen Hallentypen führen. Dies ist außerhalb
von Deutschland schon heute keine Seltenheit. Daneben steht die Nachnutzung alter
Hallen mit guter Bausubstanz bei nicht optimalen Flächenzuschnitten. Künftig werden
brachliegende Grundstücke auch der Nachfrage der Logistikbranche anzupassen sein.
Die Städte sind – durch die Bedürfnisse der Bürger – gefragt, auf die Wünsche der
Logistikbranche einzugehen, auf mögliche höhere Verkaufserlöse aufgrund anderer,
scheinbar wertigerer Nutzungen zu verzichten und bei der Zusammenlegung vorhan-
dener Flächen behilflich zu sein.
Dipl.-Ing. Dipl.-Wirt.-Ing. Peter Salostowitz
FRICS, Gründer und geschäftsführender
Gesellschafter IndustrialPort GmbH & Co. KG
Schwarmstädte: Wohnen am Fluss
contra schnelle Warenlieferung
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Dipl.-Ing. Dipl.-Wirt.-Ing. Peter Salostowitz
RICS
Wie E-Commerce Ein-
fluss auf die Stadtentwicklung
nimmt: Die Logistikbranche
wird zunehmend innerstäd-
tische Flächen benötigen
– und konkurriert dort mit
anderen Nutzungen.
Der 12. RICS-Focus findet am 14. April 2016 im Auditorium Friedrichstraße in Berlin statt. Im diesjährigen Brennpunkt steht das Thema
„Druck auf die Schwarmstädte – neue Erfolgsstrategien für Immobilien?“
Spannende Antworten und Stoff für Diskussionen liefern unter anderem
Michael Bucher (Fraunhofer IAO), Dr. Alexander Elsner (Low-Cost Systems), Clemens Goss (Amazon), Pawel Krolikowski (CBRE), Dr. Ute Redder (BMUB),
Peter Salostowitz FRICS (IndustrialPort), Henny van Egmond (Yolk/NL) und Dr. Kai H. Warnecke (Haus & Grund). Für die Moderation zeichnet Sven Johns
verantwortlich. Am Vorabend findet wieder ein Networking-Event statt. Mehr Infos und Anmeldung unter
12. RICS-FOCUS
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