Immobilienwirtschaft 05/2015 - page 50

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Immobilienmanagement
i
recht
Fakten:
Nach der Teilungserklärung obliegt die Instandhaltung des gemeinschaftlichen
Eigentums der Gemeinschaft. Eine Öffnungsklausel darin ermöglicht die Änderung der
Teilungserklärung durch Beschluss mit 2/3-Mehrheit. In einer Eigentümerversammlung
wurde beschlossen: „Die Gemeinschaft beschließt in Änderung der Teilungserklärung,
dass die Eigentümer der ErdgeschosswohnungenGartenpflegearbeiten zu erbringen und
die entstehendenKosten zu tragen haben.“ Eine Erdgeschosseigentümerin focht an –mit
Erfolg. Denn zum Schutz der Minderheit sind fundamentale Schranken zu beachten.
Was nicht einmal durch Vereinbarung geregelt werden könnte, entzieht sich auch einer
Regelung per Beschluss aufgrund Öffnungsklausel. Dazu gehört das Belastungsverbot,
das jeden Eigentümer vor der Aufbürdung neuer originärer Leistungspflichten schützt.
Fazit:
Der Beschluss verstößt gegen das Belastungsverbot. Die auferlegte Leistungs-
pflicht findet im Gesetz keine Grundlage. Die ordnungsmäßige Instandhaltung und
Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums obliegt den Eigentümern gemeinschaftlich.
Öffnungsklausel
Keine Belastungsbeschlüsse
Die durch Öffnungsklausel legitimierte
Mehrheitsmacht wird durch unent­
ziehbare, aber verzichtbare Mitglied­
schaftsrechte begrenzt. Dazu gehört
das so genannte Belastungsverbot,
das Eigentümer vor der Aufbürdung
neuer – sich weder aus Gesetz noch
aus Gemeinschaftsordnung erge­
bender – Pflichten schützt.
BGH, Urteil v. 10.10.2014, V ZR 315/13
Fakten:
Auf demDach besteht eine Mobilfunkanlage. Die Eigentümer hatten deren Er-
weiterung umweitere Antennen beschlossen. Den entsprechendenMehrheitsbeschluss
hatte ein Eigentümer mit dem Hinweis, es handele sich um eine bauliche Veränderung,
angefochten. Das Gericht teilt diese Auffassung. Die Beurteilung hätte anders ausfallen
können, wenn der bereits vorhandenen Anlage ein Genehmigungsbeschluss zugrunde
gelegen hätte. Das war aber nicht zu beweisen. Somit handelt es sich bei dem Beschluss
umdie Genehmigung der Erweiterung einer unzulässigen baulichenVeränderung. Diese
bedarf dann in jedem Falle der Zustimmung aller betroffenen Eigentümer.
Fazit:
Eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 WEG ist jede Umgestaltung des
Gemeinschaftseigentums durch Eingriff in die Substanz oder Veränderung des Erschei-
nungsbildes des Gemeinschaftseigentums ohne Substanzeingriff. Eine solche Umgestal-
tung liegt auch bei einer nicht ganz unerheblichen Erweiterung der Antennenanlage vor.
Bauliche Veränderung
Erweiterung bestehender
Mobilfunkanlage
Die Erweiterung einer bestehenden
Mobilfunkanlage um neun Sektor­
antennen und sieben Richtfunkanten­
nen stellt eine bauliche Veränderung
dar und bedarf der Zustimmung
sämtlicher Eigentümer.
LG Frankfurt/Main, Urteil v. 21.8.2014, 2-09 S 27/13
Wohnungseigentumsrecht
– Aktuelle Urteile
Fakten:
Der Beschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung wurde auf Anfech-
tung eines Eigentümers für ungültig erklärt. Bereits die Vorjahresabrechnung war früher
für ungültig erklärt worden. Beide Abrechnungen hatten die Vorgaben des Urteils des
BGH vom 04.12.2009 (Az. V ZR 44/09) hinsichtlich der Anforderungen an die Darstel-
lung der Instandhaltungsrückstellung missachtet. In der Darstellung der Entwicklung
der Instandhaltungsrücklage, die in die Abrechnung aufzunehmen ist, sind die tatsäch-
lichen Zahlungen der Eigentümer auf die Rücklage als Einnahmen darzustellen und
zusätzlich auch die geschuldeten Zahlungen anzugeben. Die Kosten des Rechtsstreits
wurden dem Verwalter auferlegt, da laut Gericht grobes Verschulden vorlag.
Fazit:
Die grob fehlerhafte Erstellung einer Jahresabrechnung unter Missachtung nun-
mehr bereits seit drei bzw. fünf Jahre bekannter und in der Literatur besonders intensiv
behandelter höchstrichterlicher Rechtsprechung stellt zumindest imWiederholungsfall
den klassischen Anwendungsbereich einer Verfahrenskostenbelastung des Verwalters
auf Grundlage der Bestimmung des § 49 Abs. 2 WEG dar.
Verwalterpflichten
Missachtung aktueller
BGH-Rechtsprechung
Die grob fehlerhafte Erstellung einer
Jahresabrechnung unter Missachtung
der maßgeblichen BGH-Rechtspre­
chung zur Darstellung der Instandhal­
tungsrücklage führt zur Ungültigkeit
des Genehmigungsbeschlusses. Sie
kann auch zu einer Verfahrenskosten­
belastung des Verwalters führen.
AG Hamburg-Barmbek v. 17.04.2014, 880 C 27/12
1...,40,41,42,43,44,45,46,47,48,49 51,52,53,54,55,56,57,58,59,60,...76
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