Immobilienwirtschaft 05/2015 - page 47

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5.2015
in der Wohnung des Mieters
im Restaurant / in der Cafeteria
an sonstigen „neutralen“ Orten
(Parkhaus etc.)
bei jedem unangemeldeten Besuch
des Vermieters
Unproblematisch sind lediglich Vertrags-
abschlüsse
in den Geschäftsräumen des Vermieters
bei ausdrücklicher Bestellung des Ver-
mieters in die Räume des Mieters auf
Verlangen des Mieters und zum Zweck
der Vertragsverhandlungen
Unproblematisch sind des Weiteren
Verträge über die Begründung von Miet-
verhältnissen von Wohnraum, wenn der
Mieter die Wohnung zuvor besichtigt hat
(§ 312 Abs. 4 BGB). Liegt ein solcher un-
problematischer Tatbestand vor, sollte sich
der Vermieter diese Umstände unbedingt
schriftlich bestätigen lassen.
Regelmäßig vor Abschluss eines Miet-
vertrages wird eine Besichtigung stattge-
funden haben, weshalb die Ausnahme von
§ 312 Abs. 4 BGB greifen wird. Allerdings
ist demgegenüber bei anderen mietver-
traglichen Vereinbarungen größte Vor-
sicht geboten. Dies sind:
Mieterhöhungsvereinbarungen
Aufhebungsverträge
Modernisierungsvereinbarungen
Abnahmevereinbarungen (auch bzgl.
der Durchführung von Schönheitsrepa-
raturen)
sonstige Änderungsverträge oder nach-
trägliche Vertragsergänzungen
Fallbeispiel zur Veranschaulichung
Zum Schluss ein kurzes Fallbeispiel an-
hand einer Mieterhöhungsvereinbarung:
Vermieter V hat vor 20 Jahren ein
großes Haus mit insgesamt zwölf Woh-
nungen geerbt, die er alle vermietet hat.
Mieter M ist bereits seit 2005 Mieter der
Wohnung des V. Da die Miete bezüglich
der Wohnung des M noch nie erhöht wur-
de, lädt V den M zu Kaffee und Kuchen zu
sich nach Hause ein. Dort offenbart V den
Grund seiner Einladung. Da M ansonsten
eine Klage fürchtet, stimmt er einer Erhö-
hung derMiete um20 Prozent zu und zahlt
daraufhinzunächst diese erhöhteMiete. Als
M acht Monate später seinen Arbeitsplatz
verliert, ist er knapp bei Kasse und bereut,
dass er der Mieterhöhung zugestimmt hat.
Er übergibt V ein Schreiben, in dem er den
Vertrag bezüglich der Miet-erhöhung wi-
derruft. V ist der Meinung, dass dies nicht
sein könne, da Verträge einzuhalten seien.
Lösung
DerWiderruf desMwar wirksam.
Es handelt sich umeinenWohnraummiet-
vertrag. V vermietet zwölf Wohnungen,
sodass von seiner Unternehmereigen-
schaft auch dann auszugehen ist, wenn es
sich bei denMieteinnahmen nicht um sei-
ne einzige Einnahmequelle handelt. Da V
den M zu sich nach Hause einlud, konnte
und musste M nicht damit rechnen, dass
es um einen Vertragsabschluss geht. Es
handelt sich also, obwohl der Vertrags-
schluss beim Vermieter daheim stattfand,
um einen „neutralen Ort“ mit der Folge,
dass eine Überrumpelungsgefahr bestand.
Noch eindeutiger wäre der Fall, wenn der
Vertrag in der Wohnung des M geschlos-
sen worden wäre.
Der Ausnahmefall nach § 312 Abs. 4
BGB liegt nicht vor, da es sich nicht um
einen Vertrag über die Begründung eines
Mietverhältnisses handelt. Da V den M
nicht über sein Widerrufsrecht belehrt
hat, begann die Widerrufsfrist nicht zu
laufen, sodass der erst acht Monate später
erfolgteWiderruf rechtzeitig war. DerWi-
derruf des M hat zur Folge, dass der Ver-
trag rückabgewickelt wird. Die Parteien
sind also so gestellt, als wäre eine Mieter-
höhung nie vereinbart worden. Die über
acht Monate zu viel bezahlte Miete muss
V an M zurückbezahlen. V bleibt nur die
Möglichkeit eines neuen Mieterhöhungs-
verlangens mit klagweiser Durchsetzung,
falls M dem nicht freiwillig zustimmt.
Praxistipp für Vermieter
Besteht die
Möglichkeit, dass der Vertragspartner ein
Widerrufsrecht hat, sollte eine ordnungs-
gemäße Widerrufsbelehrung erfolgen.
Dann beträgt die Widerrufsfrist nur 14
Tage. Erfolgt eine solche Belehrung nicht,
beginnt dieWiderrufsfrist nicht zu laufen,
was dazu führt, dass der (ehemalige) Mie-
ter auch noch viel später (bis zu einem Jahr
und 14 Tagen!) widerrufen kann.
Den Erhalt der Widerrufsbelehrung
sollte sich der Vermieter schriftlich be-
stätigen lassen. Bezüglich des Inhalts der
Widerrufsbelehrung wird auf § 246 Abs.
3 EGBGB verwiesen. Ebenso sind zahl-
reiche Informationspflichten zu beachten,
die § 246 und § 246 a EGBGB entnommen
werden können. Insbesondere ist auch der
Wertersatz im Falle des Widerrufs zu be-
ziffern.
Der sicherste Weg für den Vermieter
ist jedoch, wenn er den Mieter zum Ver-
tragsabschluss in seine Geschäftsräume
bestellt. Handelt es sich nicht um Ge-
schäftsräume, sondern um Privaträume
des Vermieters, sollte dieser den Mieter
bereits bei der Einladung über die wesent-
lichen Punkte, die vertraglich vereinbart
werden sollen, in Kenntnis setzen. Es wird
außerdem empfohlen, die Umstände stets
schriftlich festzuhalten, damit es später
keine Beweisschwierigkeiten gibt.
summary
»
Widerruf
kann zur Rückabwicklung von längst geschlossenen Verträgen führen.
»
Der Mieter
ist immer „Verbraucher“
im Sinne des Gesetzes.
»
Gretchenfrage:
Ist eine Überrumpelungsgefahr für den Verbraucher gegeben?
»
Widerrufsbelehrung:
Sie kann
eine wirksame Schutzmaßnahme für Vermieter darstellen.
»
Entscheidend sind
Ort und Umstand des Vertragsschlusses.
«
Markus Nowroth, Filderstadt
Rechtsanwalt
Markus Nowroth
K3S Rechtsanwälte,
Autor
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