Immobilienwirtschaft 9/2015 - page 39

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In zunächst fünf Städten – Berlin, Mün-
chen, Stuttgart, Hamburg und Frankfurt
– will Furch mit seiner Online-Vermitt-
lung für Vermieter wachsen. Wählbar
sind drei Servicepakete zu 150, 300 und
500 Euro. In der mittleren und am häu-
figsten nachgefragten Kategorie werde die
Vorabsortierung zwischen Anbieter und
Nachfragern über eine virtuelle Begehung
vorgenommen, erzählt Furch. Vermieter
undMieter blieben in diesemFalle auf der
heimischen Couch, der Vermieter sucht
von den interessierten Mietern drei bis
vier seiner Wahl zur Besichtigung aus.
Für 200 Euro mehr übernimmt RentKit
für Vermieter auf Anfrage auch diese erste
Besichtigung.
Im Internet-Angebot werden au-
ßerdem folgende Leistungen beworben:
Vermieter können die Wunschberufe des
Mieters auswählen und angeben, ob die
Wohnung für Wohngemeinschaften oder
Familien geeignet ist. Die Interessenten
bestätigen, dass sie keine Negativmerk-
male in ihrer Schufa-Auskunft haben,
was RentKit vor Vertragsabschluss noch
einmal überprüft. Zurzeit sind erst etwa
50 Angebote im Netz. Damit das schnell
mehr werden, strebt Furch Kooperationen
mit etablierten Marktteilnehmern an.
ERGÄNZUNG STATT KONKURRENZ
Auch
Christian Dau, Vorstand Marketing bei
faceyourbase, rudert im Fahrwasser der
Gesetzesänderung Mietpreisbremse und
Bestellerprinzip. Gemeinsam mit Lars
Kuhnke entwickelte der frühere Sport-
manager das seit Juli 2014 als AG existie-
rende Portal aus München. „Wir sind uns
bewusst, dass wir als schnelle Basislösung
funktionieren und sehen uns nicht als
Konkurrenz, sondern Ergänzung zuMak-
lerkomplettangeboten“, sagt Dau.
Das Angebot richte sich daher kos-
tenlos als Unterstützung und Lösung an
Vermieter, Makler, Hausverwaltungen,
dieWohnungswirtschaft und natürlich die
Mieter. Nicht umsonst vertrauten Haus &
Grund München und eine große Haus-
verwaltung wie die Ackermann Gruppe
dem Unternehmen, wirbt Dau. Bei face-
yourbase sind für den Mieter maximal
39,98 Euro bei erfolgreicher Vermittlung
zu zahlen. Vermieter zahlen im Rahmen
unterschiedlicher Preismodelle zum Bei-
spiel für Exposéerstellung (auf Wunsch
virtuelle Exposés) 89 Euro, bei der Wahr-
nehmung des Besichtigungstermins 129
Euro, jeweils inklusive Mehrwertsteuer.
Dau meldet als ersten Erfolg das Knacken
der 1000-Besucher-Quote pro Tag und
will vor allem in den nachgefragten Mie-
terstädten weiter wachsen.
Dass die neuen Portale eine ernst zu
nehmende Konkurrenz zu Vermietungs-
maklern darstellen, dürfte aufgrund der
jüngsten Kooperationen mit Eigentü-
merverbänden außer Frage stehen, ist aus
Maklerkreisen in diesen Zeiten öfter zu
vernehmen. Die Stimmung in der Bran-
che ist dabei ziemlich klar als Schwarz-
Weiß-Muster wahrzunehmen. In einem
selbstbewussten „Nun trennt sich endlich
die Spreu vomWeizen“ -Statement oder in
klarer Existenzangst. Als vereinzelte Zwi-
schentöne können die Umarmungsgesten
oder das Antesten im Austausch von Por-
talen und Maklern gelten.
Nicht nur für Axel H. Wittlinger,
geschäftsführender Gesellschafter von
StöbenWittlinger in Hamburg und Vor-
sitzender des Immobilienverbandes
Deutschland Region Nord, ist die Woh-
nungsvermittlung durch Immobilien-
makler einigen Politikern schon lange
ein Dorn im Auge. Mit der Einführung
des Bestellerprinzips im neuen Mietrecht
zum 1. Juni 2015 sei diese Arbeit recht-
lich jetzt so kompliziert geworden, dass
sie kaum noch durchzuführen ist.
„Die
Branche wird ihr Geschäftsmodell der
neuen rechtlichen Situation anpassen“,
erwartet Wittlinger. Der Immobilienfach-
mann sieht Maklerunternehmen mit Fo-
kussierung auf den Mietwohnungsmarkt
in Großstädten wie Hamburg durchaus
in Bedrängnis. Dort werde Personal ab-
gebaut und umstrukturiert. Durch das
Bestellerprinzip würden einige Vermieter
und auchGesellschaftenmit hohemMiet-
wohnungsbestand undVerwaltungsaufga-
ben ihr Geschäft wieder selbst betreiben.
Die Rolle der Onlineportale als eine Art
„Hochzeitsvermittler“, ohne bei der ei-
gentlichen Zeremonie dabei zu sein, sieht
der Hamburger Makler interessiert und
gelassen: „Wer diese Dienste in Anspruch
nehmen will, sollte es tun.“
Axel H.Wittlinger beschreibt drei mo-
mentan gängige Szenarien. Da sei einer-
seits der Vermieter, der wieder in Teilen
selbst aktiv wird. Andererseits agierten
private Anbieter, die sich an den entspre-
chenden Plattformen abarbeiteten. Als
dritte Kategorie kämen die Immobilien-
dienstleister hinzu, die je nach Standort
und Auftrag mehr unter Kostendruck
stünden und bei Einzelaufträgen schon
mal statt zweier Kaltmieten auf 500 bis
600 Euro heruntergehandelt würden. Der
Hamburger Makler und Hausverwalter
steht für einen hohen Qualitätsanspruch
ein und sieht den Wandel in seiner Bran-
che durchaus als Chance für mehr Pro-
fessionalisierung. Und, so Wittlinger,
SUMMARY
»
Seitdem das Bestellerprinzip gilt,
tummeln sich auf dem Markt bundesweit rund 20 Start-up-Unternehmen, die via App- und
Internetangebot den klassischen Maklern Konkurrenz machen wollen.
»
Vor allem Mietwohnungsmakler
in angesagten Städten sehen die
neuen Angebote durchaus als Bedrohung an.
»
Andere Branchenvertreter
gehen davon aus, dass sich die Start-ups am Markt nicht lange werden
halten können.
»
Zudem wird das Thema Datensicherheit kontrovers diskutiert,
denn immerhin müssen viele persönliche Daten der Nutzer
entsprechender Portaldienste im Internet ausgetauscht werden. Auch die Rechtslage scheint alles andere als sicher.
»
Foto: Goodluz/shutterstock.com
„Wir sind uns bewusst,
dass wir als schnelle Ba-
sislösung funktionieren,
und sehen uns nicht als
Konkurrenz, sondern als
Ergänzung zu Maklern.“
Christian Dau,
Vorstand Marketing,
faceyourbase, München
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