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INVESTMENT & ENTWICKLUNG
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EXPO REAL 2015
die sich am Bedarf ausrichten muss, ist Know-how im Umgang
mit Kommunen und Stadtplanern notwendig.“ Was in der Pra-
xis mit kreativem Willen machbar ist, zeigt das Refurbishment
oder die Umnutzung alter Büroimmobilien aus den 1950er bis
1970er Jahren. Sie funktionieren heute häufig nicht mehr in Ver-
bindung mit moderner Kommunikation, Flächeneffizienz sowie
technischem und architektonischem Erscheinungsbild. Je nach
Standort lohnt sich die Bestandsoptimierung hin zu hybriden
Nutzungsstrukturen.
Jens Lütjen, Inhaber von Robert C. Spies und unter anderem
am Stand des Landes Bremen und am Hamburg-Messestand
aktiver Partner, ist aktuell die Bremer Diskussion um die so ge-
nannte Heuschreckensteuer ein Dorn im Auge. Die rot-grüne
Koalition der Wesermetropole möchte den Grunderwerb durch
Immobilienspekulanten beschneiden. Demnach sollen Finanz-
investoren oder Immobilienkonzerne, die an der Weser größere
Wohnungsbestände aufkaufen, statt bisher 5,5 Prozent Grund-
erwerbssteuer künftig 19 Prozent zahlen. Dabei sei gerade für
den B-Standort Bremen mit starkem Bedarf an Investoren auch
jenseits der Weser ein gemeinschaftliches Denken aller Akteure
für eine emotionale City mit nachhaltiger Markenprägung wich-
tig, meint der Kenner der Immobilienmärkte im Norden. Jens
Lütjen spielt auf den Rückzug des spanischen Investors Sonae
Sierra an, der sich zunächst für einenMix aus Shopping, Wohnen
und Arbeiten in der Bremer City engagieren wollte. Der Bedarf
von Projekten auch jenseits von fünf bis 15 Millionen Euro sei
weiterhin hoch, sagt Lütjen. Angesichts niedriger Zinsen sei Core
hier mit riesigen Chancen verbunden. Immerhin handele es sich
umden fünftgrößten Industriestandort Deutschlands. Politische
Entscheidungen, die die Branche deutlich beeinflussen, gehören
natürlicherweise in die Diskussionsforen der Fachexperten. Dass
für die Entwicklung von neuemWohnraumdieMietpreisbremse
nicht förderlich ist, versteht sich von selbst. Gordon Gorski, Ge-
schäftsführer von den Essener Projektentwicklern bei Hochtief,
sucht gezielt auf der Expo denAustausch zwischen denMarktteil-
nehmern, umdarüber zu reden, „welcher Maßnahmen es bedarf,
umbessere und auch individuellere Rahmenbedingungen für den
Wohnungsmarkt in den Städten zu schaffen“.
NACHHALTIGKEIT FLÄCHENDECKEND UMSETZEN
Um das Thema
Nachhaltigkeit ist es nach dem Hype in den vergangenen Jahren
zuletzt deutlich ruhiger geworden. Das heißt allerdings nicht, dass
Nachhaltigkeit von der Tagesordnung verschwunden ist, im Ge-
genteil. Aber nachdem das Thema einmal prinzipiell in den Köp-
fen angekommen ist, geht es nun darum, es auch flächendeckend
umzusetzen, was natürlich weniger spannend ist. Auf der Expo
Real wird es dazu einen eigenen Themenkomplex geben, wo es
im Planning & Partnership Forum um intelligente Urbanisation
geht, sagt Dittrich. Smart-City-Foren wurden bereits 2014 in den
MünchenerMessehallen gut frequentiert. Bekannte Referenten aus
der Wissenschaft teilen ihr Know-how und geben Denkanstöße
für neue Leuchtturmprojekte. „Wir alle wissen, wir müssen in die
Masse kommen, wir müssen die Menge erreichen“, sagte kürzlich
Professor Alexander Rudolphi, Präsident der DGNB.
»
ERWARTUNGEN VOR DER EXPO REAL
IGNAZ TROMBELLO
„Über alle Assetklassen hinweg er-
hält der deutsche Gewerbeimmo-
bilienmarkt sowohl von nationalen
als auch von internationalen Inves-
toren weiterhin hohe Kapitalzuflüs-
se. Nicht nur die Top-Standorte,
sondern auch B-Städte und ausge-
wählte C-Städte weisen ein hohes
Transaktionsgeschehen auf. Neben
dem spürbaren Anstieg der Volu-
mina und dem breiter werdenden
Kreis an Nachfragern hat auch die
Transaktionsgeschwindigkeit zuge-
nommen.“
Ignaz Trombello
MRICS, Head of
Investment Col-
liers International
Deutschland
MICHAEL SCHNEIDER
„Wir gehen davon aus, dass ähnlich
wie im Vorjahr auch auf der Expo
Real 2015 eine positive Grund-
stimmung herrschen wird. Das In-
teresse an regulierten Immobilien-
Investmentprodukten ist anhaltend
hoch. Das Spektrum wird aber
zunehmend vielfältiger: Neben
Wohnimmobilien erfahren auch
Spezialsegmente einen Boom.
Nachdem deutsche Anleger zuletzt
fast ausschließlich auf Deutschland
fokussiert waren, wenden sie sich
nun auch wieder internationalen
Immobilienmärkten zu.“
Michael Schnei-
der,
Geschäfts-
führer IntReal
International Real
Estate KVG
GORDON GORSKI
„Da mehr oder weniger fast alle
Käufer das Gleiche suchen, ist es
eng geworden um die Core-Immo-
bilien. Für einige Investoren haben
sich ja bereits in Nebenlagen oder
außerhalb der A-Standorte neue
Möglichkeiten eröffnet. Doch für
institutionelle Anleger kommen
kleinere Standorte wegen des An-
lagevolumens kaum in Frage. Und
für Value-add-Immobilien oder gar
ein Refurbishment beispielsweise
benötigt man eine höhere Risiko-
bereitschaft.“
Gordon Gorski,
Geschäftsführer
Hochtief Projekt-
entwicklung
CHRISTOPHER GARBE
„Das Zukunftsthema ist meiner
Meinung nach Flächenkonversi-
on und Umgestaltung – als Ant-
wort auf die schon drückende
Flächenknappheit, wie die Mehr-
zahl unserer aktuellen Projekte
in Mannheim, Salzgitter und dem
Saarland zeigt. Dieses Thema gilt
es Investoren zu erklären, da hier
viel Potenzial zu heben ist, aber ein
Mangel an Informationen oft noch
Vorbehalte erzeugt.“
Christopher
Garbe,
Vorstand
Garbe Logistic AG