ENERGIE UND TECHNIK
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bäudesteuerung bzw. beim Smart Home. Dass
auch der Mobilfunk im neuen 5G-Standard den
exponentiell steigenden Bandbreitenbedarf nicht
wird kompensieren können, wurde ebenfalls her-
vorgehoben.
Der neue Vertrag und seine Basis
Im Spätsommer 2017 wurde bekannt, dass Bo-
chum der bundesweit erste Modellstandort für
eine sog. Gigabit-City wird. Die Stadtwerke Bo-
chum, ihre Kabeltochter Glasfaser Bochum und
der Kabelnetzbetreiber Unitymedia GmbH sollen
dabei nun als Partner der Stadt bis Ende 2018 über
95% aller Privathaushalte bis zu 1.000 Mbit/s
anbieten.
Mit Hilfe der im Strategieworkshop erarbeite-
ten Verhandlungspositionen konnte vor diesem
Hintergrund ein aus Sicht der VBW ansehnliches
Verhandlungsergebnis erzielt werden: Der beste-
hende Vertrag mit dem Kabelanbieter Unityme-
dia wurde verlängert und garantiert in 2018 eine
rückkanalfähige NE 4 in Sternstruktur mit einer
Übertragungsbandbreite von 1.006 MHz. Mit
dem neuen Übertragungsstandard DOCSIS 3.1.
(Data Over Cable Service Interface Specification)
wird die technische Leistungsfähigkeit der be-
stehenden Koaxialhausverteilnetze stark erhöht
und die Übertragung von Gigabitbandbreiten er-
möglicht. Da dies aber faktisch die Koaxialnetze
an ihre physikalischen Grenzen bringen würde,
soll imNeubau und bei grundlegenden Moderni-
sierungen eine passive Glasfaserinfrastruktur bis
in die jeweiligen Wohneinheiten für Zukunftssi-
cherheit sorgen. Nach Vertragsablauf geht das
Eigentum an der neuen NE-4-Infrastruktur auf
die VBW über. Für die übrigen Bestandsobjekte
wurde ein sukzessiver Glasfaserausbau (FTTB)
bis 2022 vereinbart. Gesonderte Kapazitäten für
Telemetriedienste sind vorgesehen.
Für die VBW war es wichtig, sich nicht an Betrieb
und Service der Netze zu beteiligen. Definiert
wurden ferner Mindestverfügbarkeiten, deren
Verletzungmit Vertragsstrafen geahndet werden
kann. Als bedeutsam wurde auch die lückenlose
Netzdokumentation vor Ablauf der Vertrags-
laufzeit gewertet. Im Hinblick auf das DigiNetzG
galt es, insbesondere die Gewährung von Mit-
nutzungsansprüchen oder die Errichtung dritter
Infrastrukturen auf der NE 4 vertraglich zu regeln.
Fazit
„Durch die direkte Anbindung an das Highspeed-
Glasfasernetz rüsten wir unsere Immobilien für
die Zukunft auf und werden somit Bochums
schnellstes Wohnungsunternehmen“, betont
VBW-Geschäftsführer Norbert Riffel. Auf diese
Weise erfülle man mit der Glasfaserinfrastruktur
bereits den technischen Standard für die kom-
menden Jahre und ebne den Mietern den Weg
in das digitale Kommunikationszeitalter. Denn
diese profitieren von der Aufstockung der kos-
tenlosen Internet-Basis-Flatrate auf 6 Mbit/s und
können erste Gigabit-Produkte bereits ab dem
1. Quartal 2018 buchen. Sie würden nun nicht nur
„auf der Gigawelle surfen können, die Bochum als
künftige Gigabit-City lostreten“ werde, wie man
selbstbewusst formuliert, vielmehr könnten sich
die VBW-Mieter klar definierter Servicestandards
sicher sein – wie eine gesonderte Telefonnummer
für Störungsmeldungen, die die Erreichbarkeit
des Providers verbessern soll.
Der Verzicht auf Drückerkolonnen sowie eine
Marketingpauschale für die Empfehlung der Zu-
satzangebote der Kabelanbieter wurde zudem
vereinbart. Auch Unitymedia freut sich über die
Fortführung der langjährigen Kooperation mit
der VBW und den nächsten Schritt in der Zusam-
menarbeit den Stadtwerken Bochum.
Das Gesetz zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze
(DigiNetzG) bildet laut Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI)
einen zentralen Meilenstein für die Verwirklichung der digitalen Agenda. Es mache den
Weg für eine neue Dynamik beim Ausbau von Glasfaserkabeln frei. Künftig muss bei
jeder Baustelle an Verkehrswegen der weitere Bedarf für den Breitbandausbau durch
Mitverlegung von Glasfaserkabeln erfüllt werden. Bei der Erschließung von Neubauge-
bieten wird die Mitverlegung von Glasfaser immer gewährleistet. Auf diese Weise stelle
das DigiNetzG die Verlegung modernster Infrastrukturen sowohl in Wohn- als auch in
Gewerbegebieten sicher.
Für die Wohnungswirtschaft hat das DigiNetzG u. a. folgende Auswirkungen: Seit
November 2016 müssen die Wohnungsunternehmen u.U. einen sog. Gebäudestich eines
dritten Providers in ihre Gebäude dulden, wenn dieser eine bilaterale Vertragsbeziehung
zu einem Mieter eingeht. Das neue Gesetz erzwingt also die Installation von gebäudein-
ternen Hochleistungsnetzen auf Glasfaserbasis bei Neubauten und nach umfassenden
Sanierungen. Wenn Mieter in bestehenden Wohngebäuden zukünftig Signallieferungs-
verträge mit (neuen) Providern abschließen, die bisher keinen Zugang in die Hausver-
teilnetze besitzen oder wenn diese Netze der NE 4 technisch nicht in der Lage sind, die
benötigte Bandbreite zur Verfügung zu stellen, müssen Wohnungsunternehmen und
andere Eigentümer unter bestimmten Bedingungen Eingriffe in ihr Eigentumsrecht
ertragen. Konkret bedeutet das, einen Übergabepunkt an das neue übergeordnete Glas-
fasernetz auf dem eigenen Grundstück zu dulden, die Mitbenutzung der hausinternen
Leerrohre gewähren zu müssen oder sogar die Verlegung eines zweiten Glasfaser-Ka-
belnetzes (auf Kosten des Providers) hinnehmen zu müssen, das bis in die Wohnungen
reicht.
Künftig gilt es deshalb zu klären, wie ein an sich geschlossener bilateraler Vertrag zwi-
schen Wohnungsunternehmen und Kabelnetzbetreiber vor den gesetzlichen Öffnungs-
klauseln zu schützen ist. Entscheidend wird sein, dass in Fällen eines erzwungenen
Zutritts von Dritten kein Vertragsverstoß des Wohnungsunternehmens vorliegt, dass
Eigentums- und Betreiberzuordnungen für alle existierenden und zukünftigen Netz-
Infrastrukturen definiert werden und dass das Wohnungsunternehmen stets Verfah-
rensbeteiligter bei einem Zugangsanspruch auf Mitnutzung ist, um später ggf. Entgelte
beanspruchen zu können.
Unabhängig vom DigiNetzG ist u.U. auch die fehlende vertragliche Pflicht problematisch,
nach Beendigung eines Gestattungsvertrags eine lückenlose technische Dokumentation
über alle Netzinfrastrukturen der NE 4 zu übergeben. Hier wäre im Fall der Fälle nur eine
stichprobenhafte Nachmessung möglich, um zu überprüfen, was der Kabelnetzbetreiber
in den letzten zehn Jahren wirklich investiert hat. Dies ist nicht zuletzt wichtig, um einen
wahrheitsgemäßen Anfangswert ableiten zu können, wenn Kabelnetze nach dem Eigen-
tumsübergang erstmals in der Bilanz des Wohnungsunternehmens auftauchen.
REGELUNGEN UND AUSWIRKUNGEN DES NEUEN DIGINETZG
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