DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 10/2018 - page 94

MARKT UND MANAGEMENT
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Bereich ähnlich wie bei den FinTechs verläuft:
Die Banken beobachten die Szene, laden zu
Workshops ein und kaufen Erfolgversprechendes
auf. Dabei gewinnt der Marktkenner dem Trend
auch positive Seiten ab: „Die PropTechs jagen
die Traditionsunternehmen vor sich her“, sagt
Beyerle. Ubach-Utermöhl bekräftigt, dass seine
Beteiligungsgesellschaft und die Initiative GPTI
vermehrt Anfragen von Verbänden erhielten,
die bestimmte Strukturen und Entwicklungen
verstehen wollten.
Dass auch explizit Wohnungsunternehmen die
Scheu vor den Jungunternehmern abgelegt haben,
bekräftigt Marcus Eilers von der DeutscheWohnen
SE: „Die Nachfrageseite ist aufgewacht“, bilan-
ziert er auch vor demHintergrund seiner eigenen
beruflichen Laufbahn: Er leitet den Bereich Unter-
nehmensentwicklung und Strategie und beobach-
tet PropTech seit den Anfängen. Bei dem M-Dax-
Konzern hat er eine Digitalisierungsabteilung
aufgebaut, die sowohl intern Themen definieren
und vorantreiben soll als auch extern Bewegungen
aufnehmen und Partner ausloten soll. Der Konzern
beteiligt sich dabei bevorzugt an Start-ups, wie
z.B. an dem Zugangssystem-Anbieter Kiwi.Ki.
„Damit minimieren wir das Risiko einer Pleite des
Partners“, erklärt Eilers. Darüber hinaus gebe es
Überlegungen, bestimmte Technologien selbst zu
entwickeln. Acceleratoren-Programme, die etwa
Immobilienscout24 zwischenzeitlich angeboten
hatte, sind für die DeutscheWohnen derzeit indes
keine Option.
Der Mitbewerber Vonovia SE knüpft als strategi-
scher Partner des „Blackprint-Booster“ (hinter
dem die gleichnamige Beteiligungsgesellschaft
steckt) unterschiedliche Bande zu PropTechs vom
Dienstleistungsvertrag bis hin zu Unternehmens-
beteiligungen. Teils würden gemeinsam eigene
Datenschnittstellen überwinden – wie die mehr-
fach ausgezeichneten Türschließ-Lösungen von
Kiwi.Ki oder die Aufzugssoftware Simplifa, die
Verwalter, Mieter und Wartungsfirmen zusam-
menbringt. Letztere stehen beispielhaft für den
Trend nach Vernetzung zwischen Nutzer- und
Kundengruppen, mit dem Start-ups den Nerv
der Zeit treffen wollen. Ein Kernpunkt für den
Erfolg scheint dabei, die IT-Struktur offen für
das Einklinken örtlicher Dienstleister und lokaler
Besonderheiten zu halten. Das Schweizer Start-
up Allthings bietet z.B. eine Art Modulkasten
an, aus dem Unternehmen sich ihnen sinnvoll
erscheinende Funktionen auswählen können. So
begegnet es einer der großen Herausforderungen
von Software-Anbietern – der Heterogenität der
Immobilienbranche, in dem die Bandbreite vom
lokal aufgestellten Familienunternehmen bis zum
international tätigen Konzern reicht.
Marktbeobachter verweisen außerdem unisono
auf die Entwicklung bei Blockchain, wenn es um
sich abzeichnende Trends im PropTech-Bereich
geht. Die dezentrale Datenstruktur könnte in der
verästelten, vielschichtigen und mäßig transpa-
renten Immobilienwirtschaft erstmals für echte
strukturelle Veränderungen sorgen. Derzeit näm-
lich seien disruptive PropTech-Modelle nochweit-
gehend Fehlanzeige, sagt Catella-Analyst Beyerle.
„Diemeisten Start-ups sindWeiterentwicklungen
des Bestehenden.“ Es entstünden ausschließlich
Dinge, die keinem in der Branche weh tun.
Perspektivisch ähnliche Entwicklungen
wie in anderen Branchen erwartet
Beyerle glaubt ohnehin, dass die Start-up-
Entwicklung im immobilienwirtschaftlichen
Nach anfänglichem Zögern geht es
mit der Digitalisierung nun auch in
der Immobilienbranche mit großen
Schritten voran
Auch mittelständische Wohnungsunternehmen arbeiten mittlerweile mit Start-
ups zusammen, um digitalen Geschäftsmodellen Vorschub zu leisten. So hat die
Nassauische Heimstätte/Wohnstadt mit „hubitation“ einen Accelerator ins Leben
gerufen und will damit gezielt Start-ups ansprechen, die sich auf die Belange der
Unternehmensgruppe ausrichten. Gleichzeitig möchte das Unternehmen seine
Erfahrung nutzen, um Start-ups auf den Weg zu helfen (siehe auch den Beitrag ab
S. 92).
Die Hannoveraner meravis Wohnungsbau und Immobilien GmbH wiederum hat im
Sommer erstmals in ihrer Unternehmensgeschichte ein Start-up gegründet. Als
100%ige Firmentochter richtet die smurli GmbH ihren Fokus auf Smart-Home-
Anwendungen in den meravis-Wohnungsbeständen. Nach der Pilotphase soll die
Anwendung perspektivisch auch anderen Branchenunternehmen offenstehen.
PROPTECH IN DER WOHNUNGSWIRTSCHAFT
Quelle: Alexander Kirch/Shutterstock.com
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