MARKT UND MANAGEMENT
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10|2018
Wenn also der Prüfungsverband der BaFin ei-
nen Auszug oder den gesamten Prüfungsbericht
übersendet, weil er zu der Auffassung gekom-
men ist, dass die Genossenschaft keinen zu-
lässigen Förderzweck verfolgt, prüft die BaFin
ihrerseits, ob es sich bei der Genossenschaft um
ein Investmentvermögen im Sinne des §1 Abs.1
KAGB handelt, das der Zulassung und Aufsicht
der BaFin bedarf bzw. unterliegt. Sie wird im
Zweifel eine Abwicklungsanordnung erlassen.
Insoweit erscheint das Instrumentarium ausrei-
chend, allerdings spielt der Zeitfaktor hier eine
maßgebliche Rolle.
Der Zeitfaktor
Die genossenschaftliche Pflichtprüfung findet
jeweils erst nach Abschluss des Geschäftsjahres
statt. Je nach Größe der Genossenschaft, und
das ist insbesondere bei neu gegründeten Ge-
nossenschaften zu beachten, findet die Prüfung
nur alle zwei Jahre und bei der neuen verein-
fachten Prüfung nach § 53a GenG sogar nur alle
vier Jahre als „Vor-Ort-Prüfung“ statt. D.h., der
Prüfungsverband kann erst im Nachhinein beur-
teilen, ob die Gremien ihren Verpflichtungen im
Sinne einer ordnungsmäßigen Geschäftsführung
nachgekommen und die wirtschaftlichen Ver-
hältnisse gesichert sind.
Dazwischen sind die Gremien in der Genossen-
schaft selbst gefragt, also vor allem der Auf-
sichtsrat, der den Vorstand überwacht, und die
Generalversammlung, die als oberstes internes
Kontrollgremium die Tätigkeit beider Organe
sanktioniert. Bei den bisher auffällig geworde-
nen bzw. in die Insolvenz gegangenen Genossen-
schaften hat sich herausgestellt, dass durch ein
Zusammenspiel von Vorstand und Aufsichtsrat
die internen Kontrollen nicht funktioniert ha-
ben. Darüber hinaus wurde deutlich, dass bei der
Generalversammlung häufig eine ausgesprochen
geringe Präsenz der Mitglieder vorhanden war.
Am Ende des Tages waren die Mehrheit der Teil-
nehmer der Generalversammlung wiederum die
Organmitglieder der Genossenschaft selbst. Das
hängt natürlich auch damit zusammen, dass die
Mitglieder dieser Genossenschaften zahlreich
und häufig überregional über Gesamtdeutsch-
land verstreut sind.
Allerdings wird daraus auch deutlich, dass das
heutige Instrumentarium für die Prüfungsver-
bände ggf. nicht ausreichend ist. Die Prüfungs-
verbände sollen das voraussichtliche Ergebnis
der Prüfung in einer gemeinsamen Sitzung von
Vorstand und Aufsichtsrat darstellen. Arbeiten
diese beiden Gremien aber Hand in Hand, hilft
das wenig.
Darüber hinaus hat der Prüfungsverband das
Recht, an der Generalversammlung teilzunehmen
bzw. kann eine außerordentliche Generalver-
sammlung einberufen, wenn er der Auffassung
ist, dass die Beratung und Beschlussfassung über
den Prüfungsbericht ungebührlich verzögert
wird, oder wenn die Generalversammlung unzu-
länglich über wesentliche Feststellungen und Be-
anstandungen des Prüfungsberichts unterrichtet
wird. Wird dagegen in der Generalversammlung
über das Ergebnis der Prüfung sachgerecht und
ausreichend informiert, werden aber keine Maß-
nahmen zur Beseitigung der Mängel eingeleitet,
hat der Prüfungsverband keine weiteren Rechte.
Er hat insbesondere kein allgemeines Informa-
tionsrecht der Mitglieder der Genossenschaft.
Handlungsbedarf für den Gesetzgeber?
Der GdWund seine Regionalverbände diskutieren
momentan sehr intensiv, ob das bestehende In
strumentarium ausreicht, um unseriöse Anbieter
zu stoppen. Ohne dass dieMaßnahmen bereits ab-
schließend diskutiert sind, wurden einige Bereiche
identifiziert, die nachjustiert werden könnten.
1. Definition des Begriffs Bau- und Wohnungs-
genossenschaft für die Zwecke des Wohnungs-
bau-Prämiengesetzes und des Vermögens-
bildungsgesetzes
Nachdem allen unseriösen Anbietern gemein ist,
dass sie mit diesen staatlichen Förderinstrumen-
ten werben, und nachdem auch im aktuellen Ko-
alitionsvertrag eine Anhebung der Einkommens-
grenzen des Wohnungsbau-Prämiengesetzes
Kapitalanlagegenossenschaften breiten sich oft
unter dem Deckmantel einer Wohnungsgenossen-
schaft aus. Der GdW sieht sich gezwungen, auf
seiner Website potenzielle Kunden vor unseriösen
Anbietern zu warnen.
Ein beispielhafter, standardisierter Internetauftritt
solcher Anbieter (l.) und der Warnhinweis auf der
GdW-Internetseite (u.)
Quelle: GdW
Quelle GdW