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10|2015
MARKT UND MANAGEMENT
Interview mit Klaus Leuchtmann
„Die Vielfalt der Bildungsabschlüsse
ist ein Qualitätsmerkmal der Branche“
Klaus Leuchtmann ist seit 2003 Vorstandsvorsitzender des EBZ – Europäisches Bildungszentrum
der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft in Bochum. Das Bildungszentrum ist eine gemeinnützige
Stiftung unter der Trägerschaft von GdW, VdW Rheinland Westfalen und BFW Bundesverband.
Es bietet ein breites Angebot von Qualifikationsmöglichkeiten von der Berufsausbildung über die
Fort- und Weiterbildung bis hin zum Studium und lebenslangen Lernen.
Quelle: EBZ
Herr Leuchtmann, manche Wohnungsunter-
nehmen beklagen ein Abschluss-Wirrwarr.
Sie klagen darüber, dass die Bildungsmög-
lichkeiten und Abschlüsse unübersichtlich
geworden seien. Macht diese Vielfalt über-
haupt Sinn?
Es ist in der Tat nicht mehr ganz so einfach, sich
noch zurechtzufinden. Früher war eben alles an-
ders ... Es gab den Kaufmann in der Grundstücks-
undWohnungswirtschaft und dann den Fachwirt,
das war es. Und die Führungskräfte in den größe-
ren Unternehmenwaren Quereinsteiger mit einem
Hochschulabschluss in BWL, Rechtswissenschaf-
ten oder auch Architektur.
Heute gibt es zusätzlich eine Reihe qualifizierter
Weiterbildungsabschlüsse und die verschiedens-
ten Bachelor- und Masterprogramme. Dieser
Ausdifferenzierungsprozess läuft seit ungefähr
20 Jahren. Einen wesentlichen Startschuss dafür
hat damals übrigens die AGW (Arbeitsgemein-
schaft großer Wohnungsunternehmen) gegeben,
die die Gründung der FWI – Führungsakademie der
Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, Vorläufer
unserer EBZ Business School, mit initiiert hat. Die
Branche hat damals eine deutlich höhere immo-
bilienwirtschaftlicheManagementkompetenz für
den Führungskräftenachwuchs gefordert. Und so
ist es heute immer noch: Die weitere Ausdifferen-
zierung der Bildungsgänge folgt den veränderten
Anforderungen der Branche. Die manchmal be-
klagte Unübersichtlichkeit ist der Preis für Pass-
genauigkeit.
Um es deutlich zu sagen: Die Ausdifferenzierung
ist notwendig und sinnvoll. Die Vielfalt der Bil-
dungsabschlüsse ist ein Qualitätsmerkmal der
Branche. Wir dürfen uns über die Möglichkeiten
freuen.
Aber wenn sich Unternehmen nun nicht
mehr zurechtfinden, besteht doch Hand-
lungsbedarf. Wer blickt da noch durch,
und wie reagieren das EBZ und die anderen
Ausbildungsstätten der Branche?
In der Branche findet heute eine deutliche Pro-
fessionalisierung der Personalentwicklung statt.
In den mittleren und in den größeren Unterneh-
men gibt es gut ausgebildete Personalleiter und
ab einer gewissen Größe auch Personalentwick-
ler. Beide kennen sich gut aus und forcieren die
Ausdifferenzierung der Bildungsangebote mit
den Anforderungen, die sie an uns stellen, sogar
noch.
Das Unbehagen der kleineren Unternehmen kann
ich jedoch gut verstehen. Die Personalarbeit qua-
si „nebenbei“ erledigen zu müssen, ist kompli-
ziert. Aber genau für diese Situation hat das EBZ
ein Beratungsangebot entwickelt (siehe hierzu
auch DW 10/2012, S 75 ff.). Wir unterstützen mit
dem „mobile Personalentwicklung“ genannten
Angebot die Unternehmen bei der Aufstellung
eines Personalentwicklungskonzepts und bera-
ten natürlich auch hinsichtlich aller möglichen
Bildungsgänge. Das funktioniert inzwischen sehr
gut. Und unsere Bildungs- und Karriereberatung
haben wir auch weiterentwickelt. Wir können und
wollen die Ausdifferenzierung nicht zurückneh-
men, aber wir verstehen es als unsere Aufgabe,
Orientierung zu geben.
Auf welche Entwicklungen müssen sich denn
Arbeitnehmer und Unternehmen in Zukunft
einstellen? Wird es noch mehr Bildungs-
gänge und Abschlüsse geben?
Ein Trend sind die Spezialisierungen, es wird
immer mehr Zusatzqualifikationen geben: Für
Marketing und Vertrieb, für Personalarbeit, für
Quartiersmanagement, für Instandhaltungsma-
nagement, für Prozessmanagement. Da sind wir
noch längst nicht am Ende. Gerade für kleine und
mittlere Unternehmen sind diese Angebote sehr
wichtig. Denn ihre Herausforderungen unterschei-
den sich nicht von denen der großen Unterneh-
men, alsomüssen auch diese Spezialkompetenzen
von ihnen abgebildet werden.
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