DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 3/2015 - page 63

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Sie betonen, wie wichtig Dialogbereitschaft,
Verständnis für die Bedürfnisse der Mitglie-
der sowie Wertschätzung sind. Was ist die
wichtigste Voraussetzung für das Gelingen
von Kommunikation? Welche anderen Aspek-
te und Einflussfaktoren sind entscheidend?
Kowalski:
Die wichtigste Voraussetzung für das
Gelingen von Kommunikation sind, wie gesagt,
der Respekt und ebenso der Wille, das Ergebnis,
z. B. in Veränderungen, umzusetzen. Kommunika-
tionmuss auf Augenhöhe stattfinden, darf keinen
Alibicharakter haben und soll trotz Meinungsdif-
ferenzen sachlich sein. Sie braucht einen Rahmen,
z. B. eine Tagesordnung, und geeigneten Raum.
Das kann auch der Garten einer Wohnanlage sein.
Dazu geben wir etliche konkrete Empfehlungen,
schlagen Sie doch mal Seite 97 auf... (lacht).
Ja, Sie geben eine Vielzahl von Hinweisen
und Tipps – z. B. solche, die die Technik oder
die Sitzordnung betreffen, bis zum fast
schon selbstverständlichen Tipp, dass sich
Versammlungsleiter nicht widersprechen
sollten. Der Leser ahnt das Erlebte ...
Wegner:
Wir haben versucht, das Besondere der
vielen einzelnen Geschichten einzufangen und in
den Kapiteln lebhaft und greifbar zu schildern.
So geht es z. B. um den Einstieg in die Beteili-
gung der Mitglieder – konkret bei der Planung von
Wohnbauten oder handfest bei Konflikten oder
dem Ausgang einer Grundstücksbesetzung, um
den Schriftwechsel bei Konflikten etc. Wir wollten
deutlichmachen, bei welchen Belangen in und bei
Genossenschaften sich alles um Kommunikation
dreht. Bedeutsam ist, dass man eine Strategie, ein
Leitbild, Offenheit benötigt – kurz eine Haltung.
Die Punkte, die Sie schildern, betreffen also
nicht nur die Mitgliederkommunikation?
Welche weiteren Dimensionen und Kommu-
nikationsbeziehungen muss man mitdenken?
Kowalski:
Es geht um die Kommunikation mit
Mitgliedern, Mitarbeitern, Quartiersbewohnern,
Stadtteilakteuren und Politikern. Die Kommu-
nikationsstrategie der altoba wurde gemeinsam
mit den Mitarbeitern und Mitgliedern gestaltet.
Vorbedingung ist eben eine von Offenheit und ehr-
lichem Respekt anderen Meinungen gegenüber
geprägte Grundeinstellung, ohne das große Ganze
aus dem Blick zu verlieren.
Die erfolgreich aufgebaute wertschätzende
Kommunikation bei der altoba begann bei den
Mitarbeitern. Die Erfahrungen aus den internen
Veränderungsprozessen haben imHinblick auf die
Weiterentwicklung der Kommunikation mit den
Mitgliedern, aber auch einzelnen Akteuren und
Institutionen im Quartier geholfen. Eine solche,
Alles eine Frage der Haltung.
Kommunikation einer Wohnungsgenossenschaft
Im Buch „Alles eine Frage der Haltung. Kommunikation einer Woh-
nungsgenossenschaft“ beschreiben Holger Kowalski und Bärbel Weg-
ner die Entwicklung der Kommunikationsstrategie der altoba in den
vergangenen Jahren. Diese Strategie wurde gemeinsammit den Mit-
arbeitern und Mitgliedern gestaltet. In Kapiteln wie „Der Letzte macht
die Tür zu! – Ein Grundstück des Altonaer Spar- und Bauvereins wird
besetzt“ oder „Unterwegs auf der Leiter der Partizipation“ werden
Stationen auf demWeg zu einer modernen Kommunikation vorgestellt.
Neben strategischen Entscheidungen und Projekten werden tagespoli-
tische Vorkommnisse beschrieben, bei denen sich die genossenschaft-
liche Kommunikation bewähren oder bei denen sie nachjustiert werden musste.
Die Autoren geben in ihremWerkstattbericht einen umfassenden Einblick in die Kommunika-
tions- und Unternehmenskultur der Genossenschaft sowie die Haltung der Mitarbeiter und der
Mitglieder, denen in einer Genossenschaft besondere Rechte zustehen.
ZUM BUCH
Alles eine Frage der Haltung. Kommunikation einer Wohnungsgenossenschaft.
Holger Kowalski, Bärbel Wegner. Haufe 2014, 230 S., 29,95 €, ISBN 978-3-648-05020-0,
unter shop.haufe.de auch als E-Book erhältlich.
wiederum auch durch die Art und Form der Kom-
munikation geprägte Haltung fördert nicht nur
das Image der Genossenschaft, sondern ist auch
Voraussetzung für einen konstruktiven Dialog im
Quartier. Wir haben diesen Dialog in Altona als
wertvoll erlebt – dennman verschenkt Potenziale,
wenn man die Ideen und das Fachwissen anderer
Akteure ignoriert.
Wie gelingt es, „gute“ Kommunikation auf-
rechtzuerhalten? Gibt es einen Königsweg?
Kowalski:
Kommunikation ist nichts Starres,
sondern sie unterliegt ständigen Veränderungen
und ist auch von vielen Einflussfaktoren abhängig.
Würden wir heute noch so mit unseren Mitglie-
dern bzw. Kunden kommunizieren, wie es z. B.
Anfang der 1970er Jahre auch bei Wohnungsun-
ternehmen üblich war, käme es zu Protesten der
Mitglieder. Die Kommunikation ist also in einem
laufenden Prozess anzupassen und zu verändern.
Digitalisierung und Social Media werden weiter-
hin zu erheblichen Veränderungen führen. Daher
erfordert „gute“ Kommunikation eine permanente
Anstrengung und Offenheit für Veränderungen.
Auch unser Buch ist Teil dieses Prozesses. Man
muss Mitarbeiter und Akteure „mitnehmen“. Hier
helfen z. B. Hausordnungen oder Unternehmens-
leitbilder – sofern sie von den Mitgliedern bzw.
Mitarbeitern mitentwickelt wurden und akzep-
tiert werden. „Wenn du schnell gehen willst, geh‘
allein“, heißt es in einem afrikanischen Sprich-
wort, „aber wenn du weit gehen willst, geh‘ mit
anderen.“
Was ist nötig, um Ihre Erfahrungen auf ande-
re Wohnungsunternehmen zu übertragen?
Wegner:
Offenheit für das Thema Beteiligung
beispielsweise … Die Zukunft gehört nicht nur in
Altona der Partizipation. Bürger erleben derzeit
oft nur eine Alibi-Beteiligung. Das verärgert na-
türlich. Wohnungsgenossenschaftenwie die altoba
sind in Fragen der der Partizipation, von der in der
Stadtplanung schon lange die Rede ist, bereits gut
aufgestellt. Doch selbst wenn es gut läuft: DieMit-
glieder von Genossenschaften werden in Zukunft
mehr Transparenz fordern, werden genauer wissen
wollen, wofür die Begriffe Mitsprache, Mitwir-
kung, Mitbestimmung stehen ...
Kowalski:
Doch die Verhältnisse und das Umfeld
sind in jeder Genossenschaft unterschiedlich. Er-
fahrungen sind nicht einfach zu übertragen, sie
müssen selbst gemacht werden. Das Buch gibt
viele konkrete Anregungen. Offenheit, Bereit-
schaft zur Veränderung und der Mut, etwas Neues
auszuprobieren, helfen, einen Veränderungspro-
zess in Gang zu setzen. Man muss sich nur darauf
einlassen, den Weg noch nicht ganz zu kennen!
Lieber Herr Kowalski, liebe FrauWegner: Vielen
Dank für das Interview!
Das Interview führte Olaf Berger
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