DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 3/2015 - page 70

Herr Kaiser, im Jahr 2013 sind zum ers-
ten Mal acht junge Leute aus Spanien in
Wohnungen der Heimatwerk Hannover eG
gezogen. Die Wohnungen liegen in drei
Mehrfamilienhäusern, die eigentlich leerge-
zogen werden sollten. Warum haben Sie sich
entschlossen, die Wohnungen noch einmal zu
renovieren und für das Projekt „Adelante!”
zur Verfügung zu stellen?
Zwei dieser im Jahr 1950 errichteten Häuser mit
je 18 Wohnungen haben wir in den vergangenen
Jahren umfangreich saniert. Einige Dinge konnten
jedoch nicht an den heutigen Wohnstandard an-
gepasst werden. Hierzu zählen insbesondere der
Schallschutz, die Barrierefreiheit oder auch die
Grundrisse der kleinen „50er-Jahre-Wohnungen“.
Auchwar, insbesondere für die älteren Bewohner,
die Sanierung im bewohnten Zustand eine echte
Herausforderung, oft an der Grenze des Zumutba-
ren. Deswegen habenwir beschlossen, das verblie-
bene Gebäude zurückzubauen und entweder durch
einen barrierearmen Neubau zu ersetzen oder eine
Kernsanierung vorzunehmen. Dazuwolltenwir das
Gebäude vor Beginn leerziehen.
Die ersten Wohnungen wurden gerade frei, als
die Caritas, die das Projekt gemeinsam mit der
Industrie- und Handelskammer Hannover leitet,
händeringend nach Unterkünften für die jungen
Spanier suchte. So entschlossen wir uns zu helfen
und haben den Beginn unserer Baumaßnahme neu
terminiert – mit einem Zeithorizont von maximal
fünf Jahren. Während dieser Zeit können freie
Wohnungen mit Zeitvertrag an die spanischen
Auszubildenden vermietet werden. Vorher wer-
den die Wohnungen mit minimalstem Aufwand
renoviert und die Funktion der technischen An-
lagen sichergestellt. Mit „Möbelspenden“ vieler
unserer Genossenschaftsmitglieder und außeror-
dentlichemEngagement unserer Mitarbeiter wur-
den die Wohnungen ausgestattet und wohnlich
hergerichtet.
Ist das reiner Altruismus oder hat das
für Sie auch Vorteile?
Natürlich: DieWohnungen sind bis zumBaubeginn
bewohnt. Die Entmietung und das eingerichtete
Umzugsmanagement könnenmit ausreichend Zeit
durchgeführt werden. Das gleiche gilt für die Pla-
nungen und Genehmigungsverfahren der Kern-
sanierung oder des Neubaus. Und nicht zuletzt
werden Leerstandskosten vermieden.
Inzwischen leben weitere acht Spanier in den
Häusern, um in Deutschland eine Ausbildung
zu absolvieren oder Berufspraktika zu ma-
Interview mit Jürgen Kaiser
Gemeinschaftliche Hilfe
zur Integration
Das EU-Projekt „Adelante!” hilft jungen Spaniern, die eine Ausbildung in Deutschland machen.
Die Heimatwerk Hannover eG unterstützt das Projekt, stellt Wohnraum zur Verfügung und hilft den
Jugendlichen beim Einzug und der Einrichtung der Wohnungen. Ein Projekt mit Signalwirkung.
Vorstand Jürgen Kaiser erklärt die Hintergründe.
Quelle: Heimatwerk Hannover eG
Jürgen Kaiser, Vorstand der Heimatwerk Hannover eG,
bei der Schlüsselübergabe an Isabel Figuerdo Polo
In den Räumlichkeiten, die mit einfachen Mitteln hergerichtet wurden,
haben die spanischen Jugendlichen ein neues Zuhause gefunden
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MARKT UND MANAGEMENT
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