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3|2015
RECHT
BGB § 556a Abs. 1 S. 1
Betriebskosten; einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Vermieters
Es steht den Mietvertragsparteien im Wohnraummietrecht frei, anstelle eines konkreten Umlageschlüssels ein einseitiges Leistungsbe-
stimmungsrecht nach billigem Ermessen des Vermieters zu vereinbaren.
BGH, Urteil vom 5.11.2014, VIII ZR 257/13
Bedeutung für die Praxis
Die erteilte Betriebskostenabrechnung ist im Hinblick auf den von
dem gesetzlichen Abrechnungsmaßstab abweichenden Umlageschlüs-
sel nicht zu beanstanden. Die Parteien haben mit der Regelung des
Mietvertrags wirksam eine andere Regelung des Umlagemaßstabs im
Sinne von § 556a Abs. 1 Satz 1 BGB getroffen.
Es stehen weder der Wortlaut noch der Gesetzeszweck von § 556a
Abs. 1 Satz 1 BGB einer solchen Vereinbarung entgegen. Dem steht
auch nicht das Anliegen des Gesetzgebers entgegen, Streitigkeiten
in den Fällen zu verhindern, in denen die Parteien keinen Vertei-
lungsmaßstab vereinbart haben. § 556a Abs. 1 BGB soll für diese
Fälle anstatt des lückenfüllend herangezogenen einseitigen Bestim-
mungsrechts des Vermieters einen konkreten Abrechnungsmaßstab
bereitstellen. Sofern die Parteien jedoch dem Vermieter durch eine
entsprechende Vereinbarung das Recht vorbehalten, den Abrech-
nungsmaßstab einseitig nach billigem Ermessen zu bestimmen,
nehmen sie das Risiko von Streitigkeiten über dessen Ausübung
„sehenden Auges“ in Kauf. Die streitige Formularklausel ist auch
nicht wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 2 BGB unwirksam, denn
eine unangemessene Benachteiligung des Mieters ist angesichts des
Umstandes, dass die einseitige Festlegung entsprechend §§ 315, 316
BGB nach billigem Ermessen zu erfolgen hat, nicht
gegeben.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg
Bedeutung für die Praxis
Auch wenn die allein auf den Vorschriften der Heizkostenverordnung
beruhende verbrauchsbezogene Abrechnung im Einzelfall zu als unan-
gemessen empfundenen Ergebnissen führen kann, wird dadurch der
über die Einzelfallgerechtigkeit hinausreichende Zweck der Heizkosten-
verordnung, dem jeweiligen Nutzer den Zusammenhang zwischen dem
individuellen Verbrauch und den daraus resultierenden Kosten bewusst
zu machen und dadurch Energiespareffekte zu erzielen, nicht in Frage
gestellt. Es muss daher auch bei hohen Leerständen grundsätzlich bei
der von der Heizkostenverordnung vorgegebenen verbrauchsabhängigen
Abrechnung verbleiben. Unzuträglichkeiten in der Abrechnung aufgrund
eines hohen Leerstands kann im Einzelfall in anderer Weise Rechnung
getragen werden. Leerstandsbedingten Kostenverschiebungen zu Lasten
des Nutzers kann mit einer aus dem Prinzip von Treu und Glauben
(§ 242 BGB) abzuleitenden Anspruchsbegrenzung Rech-
nung getragen werden.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg
BGB §§ 280 Abs. 1, 538
Keine vorherige Fristsetzung zur
Nacherfüllung bei mieterseits
verursachten Schäden an der Mietsache
Verursacht der Mieter unter Überschreitung des vertragsgemäßen
Mietgebrauchs Schäden an der Mietsache, steht dem Vermieter ein
Anspruch auf Ersatz des Schadens zu. Einer vorherigen Fristsetzung
zur Nacherfüllung bedarf es auch dann nicht, wenn der Schadens-
ersatzanspruch nach Beendigung des Mietverhältnisses geltend
gemacht wird.
LG Saarbrücken, Urteil vom 21.11.2014, 10 S 60/14
Bedeutung für die Praxis
Der BGH hat im Urteil vom 6.11.2013, VIII ZR 416/12, als Anspruchs-
grundlage für einen nach Beendigung des Mietverhältnisses geltend
gemachten Schadensersatzanspruch wegen einer vom Vermieter bean-
standeten farblichen Gestaltung der Mieträume die Vorschrift des § 280
Abs. 1 BGB erblickt und die haftungsbegründende Pflichtverletzung darin
gesehen, dass der Mieter durch die farbliche Gestaltung der Mieträume im
Einzelfall gegen seine Pflicht zur Rücksichtnahme nach § 241 Abs. 2,
§ 242 BGB verstoßen könne, wenn er die in neutraler Dekoration über-
nommene Wohnung bei Mietende in einem Zustand zurückgebe, der von
vielen Mietinteressenten nicht akzeptiert werde. Mit dieser Auffassung,
die schon deshalb überzeugt, weil die Verletzung nicht leistungsbezo-
gener Schutz- und Obhutspflichten i.S.v. § 241 Abs. 2 BGB nach einhel-
liger Auffassung eine anerkannte Fallgruppe der nach § 280 Abs. 1 BGB
geschützten Vertragspflichten bildet, ist in den vorliegend zu beurtei-
lenden Konstellationen eine Herleitung der Haftung aus §§ 281, 546
BGB nicht vereinbar. Nach allgemeinen Grundsätzen trägt der Vermieter,
der den Mieter auf Schadensersatz wegen Substanzschäden in Anspruch
nimmt, die Darlegungs- und Beweislast, dass der Schaden während der
Mietzeit entstanden ist. Daraus folgt, dass der Vermieter die (anfängliche)
Mängelfreiheit zu Beginn des Mietverhältnisses darlegen und beweisen
muss. Gelingt der Nachweis, ist es nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB Sache des
Mieters, sein fehlendes Vertretenmüssen darzulegen und
gegebenenfalls zu beweisen.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg