CONTROLLER Magazin 1/2019 - page 52

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thoden aber geeignet, einen stetigen Bias in den
Prognosen der Fachbereiche zu vermeiden. Mit
automatisierten Prognosen können personelle
Ressourcen in Controlling und Produktmanage-
ment freigesetzt und entgegen der Sorge vieler
Betroffener in Bezug auf eine Wegrationalisie-
rung ihrer Tätigkeiten für inhaltliche Arbeiten
genutzt werden. Die Anforderungen von Predic-
tive Analytics an die fachliche Expertise sind je-
doch groß. Die erfolgreiche digitale Transforma-
tion setzt also qualifizierte Mitarbeiter voraus
und wird das Anforderungs- und Rollenprofil im
Controlling nachhaltig verändern.
Literatur
 Abbott, D.: Applied Predictive Analytics. Prin-
ciples and techniques for the professional Data
Analyst, Wiley Verlag, Indianapolis, 2014.
 Deutsche Post DHL Group: Geschäftsbericht
2017, Bonn, 2018.
 Hastie, T./Tibshirani, R./Jerome, F.: The Ele-
ments of Statistical Learning. Data Mining, In-
terface, and Prediction, 2. Aufl., Springer Sci-
ence + Business Media, New York, 2016.
 Iffert, L./Bange, C./Mack, M./Vitsenko, J.: Ad-
vanced & Predictive Analytics. Schlüssel zur zu-
künftigen Wettbewerbsfähigkeit, Würzburg, 2016.
 Möller, K./Pieper, S.: Predictive Analytics im
Controlling, in: IM+io – Fachzeitschrift für Inno-
vation, Organisation und Management, Heft
04/2015, S. 40-45.
 Ohlhorst, F.: Big Data Analytics. Turning big data
into big money, Wiley Verlag, New Jersey, 2013.
 Runkler, T. A.: Data Analytics – Models and
Algorithms for Intelligent Data Analytics, 2.
Aufl., Springer Verlag, Wiesbaden, 2016.
Fußnoten
1
Im Gegensatz zu ‚big data‘ geht es bei ‚smart
data‘ nicht primär darum, eine große Vielfalt an
(unternehmerischen) Daten zusammenzustel-
len, sondern daraus den ‚wertvollen‘ Inhalt –
also Informationen, die zu unternehmenswert-
steigernden Entscheidungen beitragen – zu
analysieren und aufzubereiten.
2
CRISP steht für Cross-Industry Standard Pro-
cess for Data Analytics.
3
Detaillierte Ausführungen zu den verschiede-
nen Methoden und deren Vor- und Nachteilen
liefern Hastie et al., 2016.
freigesetzt. Ein zweiter Erfolgsfaktor für die er-
folgreiche digitale Transformation bei DPI war or-
ganisatorischer Natur und betrifft das Zusam-
menspiel von Controllern, die ihr Prozesswissen
und ihre Erfahrung einbringen, und
Data Ana-
lysten
, die mit ihrem
Skill Set
neue methodi-
sche Akzente setzen konnten. Um in Zukunft die
Transformation innerhalb des Controllings konti-
nuierlich weiter voranzutreiben, erhalten eben
jene 4.0-Skills, die bis dato überwiegend in
Fachbereichen außerhalb des Controllings ver-
fügbar waren, auch für den Alltag eines Control-
lers eine immer höhere Bedeutung, die es zu för-
dern gilt. Hier bietet die junge und heranwach-
sende Controlling-Generation Y ein vielverspre-
chendes Potential. Die als ‚Millennials‘ oder ‚Dot.
Com-Generation‘ bezeichneten Nachwuchskräf-
te sind mit neuen Technologien aufgewachsen
und zeichnen sich vielfach durch eine hohe Tech-
nologieaffinität und -kompetenz aus.
Weitere Anwendungsfelder
Die Einsatzmöglichkeiten von Predictive Ana-
lytics sind nicht auf den Finanzbereich be-
schränkt und erstrecken sich auf sämtliche Un-
ternehmensprozesse. Im
Bereich Operations
etwa kann Predictive Analytics über verlässli-
chere Volumenprognosen zur Routenoptimie-
rung des Netzwerkes beitragen. Einsparpotenti-
ale können auch beim frühzeitigen Einkauf von
Transportkapazitäten der Fluggesellschaften re-
alisiert werden. Je früher Luftfrachtmengen auf
Basis verlässlicher Prognosen geordert werden,
desto günstiger sind in der Regel die hinterleg-
ten Frachtraten. Im Vertrieb können mit Hilfe
von Predictive Analytics auf Basis historischer
Kundendaten Muster erkennbar werden, die In-
dizien auf abwanderungswillige Kunden geben
können. So wäre es für den Vertrieb möglich,
diese gezielt anzusprechen und die Abwande-
rung des Kunden rechtzeitig zu verhindern.
Fazit
Mit Predictive Analytics konnte die Genauigkeit
der monatlichen Umsatzprognose von DPI deut-
lich verbessert werden. Predictive Analytics er-
setzen auch künftig nicht das Know-how und
die Erfahrung des Controllers bzw. Produktma-
nagers. Aufgrund ihrer Objektivität sind die Me-
Einsatz des Tools im Controlling
Aus Sicht von DPI ist trotz der positiven Effekte
eine monatliche Prognose allein auf Basis des
Tools nicht sinnvoll, auch wenn dies den perso-
nellen Ressourceneinsatz minimieren würde.
Die unbefriedigenden Ergebnisse im Backtes-
ting für das Teilgeschäftsfeld Destination Ger-
many zeigen, dass die Umsatzprognose auch
künftig nicht ohne Mithilfe des Produktmanage-
ments und Controllings auskommen wird. Neue
Erkenntnisse über Sendungsverhalten einzelner
Kunden, veränderte Marketingstrategien, allge-
meines Up- bzw. Downtrading oder sonstige
Sondereffekte, die in diesem Detailgrad nicht
digital vorliegen, werden durch das Prognose-
tool nicht berücksichtigt. Entscheidungen allein
‚technisch‘ abzuleiten hieße die Nähe zu Markt
und Kunden zu verlieren. Das Tool wird viel-
mehr ergänzend als ‚Challenger‘ für die Prog-
nosen der Fachbereiche genutzt, um deren
konservative Haltung transparent zu machen.
Ein höheres Maß an Objektivität bzw. das Feh-
len menschlicher Subjektivität in der Prognose
erleichtert den Controllern zweifellos die Dis-
kussion mit den Fachbereichen.
Controlling 4.0 bei DPI
Um bestehende Controlling-Abteilungen erfolg-
reich hin zu einer Controlling-4.0-Organisation
zu transformieren und sie auf zukünftige Heraus-
forderungen auszurichten, waren bei DPI zwei
Transformationsschritte notwendig. Die Entlas-
tung qualifizierter Mitarbeiter von Tätigkeiten, die
in höherem Maße automatisiert werden können,
ist die Grundlage für eine erfolgreiche digitale
Transformation hin zu Controlling 4.0.
Technolo-
gische und methodische 4.0-Ansätze
wie
etwa Predictive Analytics fungieren dabei als
nachhaltiger Treiber der digitalen Transformati-
on. Lag der Großteil der Tätigkeiten im Control-
ling von DPI gemessen am zeitlichen Aufwand
bislang in der Aufbereitung von (finanziellen) Da-
ten sowie aufwändigen Reporting- und Pla-
nungsprozessen, können diese Prozesse nun tei-
lautomatisiert und ressourcenschonender bear-
beitet werden. Damit werden personelle Res-
sourcen für strategische Aufgaben, Analyse oder
Beratung sowie die Begleitung funktionsüber-
greifender Projekte, die allesamt einen nachhalti-
gen Beitrag für den Unternehmenserfolg leisten,
Digitale Transformation des Controllings
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