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Schaffenskraft, der schon früh erkannte Weg
wurde konsequent beschritten. Glück oder
Pech scheinen keine Rolle gespielt zu haben.
Bedeutung des Glücks
Welche Bedeutung das Glück tatsächlich auf
den Ausgang eines Wettkampfes hat, lässt sich
relativ leicht feststellen. Die folgenden Versu-
che wurden durch Robert H. Frank durchge-
führt, dessen Buch „Ohne Glück kein Erfolg“
weitere Informationen enthält. Dabei führt
Frank verschiedene Simulationen durch, die
vergleichbar mit Sportereignissen in Form eines
The-Winner-takes-it-all-Turniers erfolgen,
wobei der Sieg ausschließlich auf objektiv
messbarer Leistung beruht. Frank akzeptiert
die überragende Bedeutung, welche Talent und
Anstrengung auf die Leistung haben, und ge-
wichtet den Faktor Glück nur zwischen 1 und
20 Prozent. Die jeweiligen Werte für Talent,
Anstrengung und Glück werden rein zufällig
ermittelt. Die Testgruppen betrugen 1.000,
10.000 und 100.000 simulierte Teilnehmer.
Das höchste Kompetenzlevel wird mit 100 =N/
(N+1) festgelegt, da dieses Level mit der Anzahl
der Teilnehmer tendenziell ansteigt.
Abbildung 1 und 2 zeigen die Ergebnisse der
Simulation auf. Ein Beispiel erklärt, wie die Dar-
stellung zu lesen ist: Wenn 100.000 Teilnehmer
angesetzt werden und das Glück bspw. einen
Einflussfaktor von fünf Prozent hat, liegt die
Glücksquote der Gewinner bei 94,73%, 87,1%
der Sieger verfügen nicht über den höchsten
Wert von Talent und Anstrengung.
Neben dem Faktor Glück wird auch die Anzahl
der Teilnehmer als wesentliche Größe offen-
sichtlich. Dies erklärt sich daraus, dass mit
wachsender Anzahl von Teilnehmern auch die
Quote derer, die über herausragendes Talent
und unbändigen Willen verfügen, zunimmt. Der
objektiv beste Teilnehmer in einem solchen
Wettbewerb wird nur sehr wenig besser als
weitere Teilnehmer sein, welche aber viel mehr
Glück haben können. Entsprechend steht am
Ende nicht der talentierteste, sondern der
glücklichste Teilnehmer als Gewinner fest.
Ein einfaches Beispiel aus dem Sport verdeut-
licht die Perspektive. Der entscheidende Eng-
pass an die Spitze des Fußballs ist der Schritt
aus der riesigen Anzahl der talentierten, enga-
gierten Nachwuchsspieler in die Bundesliga
oder sogar Nationalmannschaft. So wurde
Marco Reus als Jugendspieler bei Borussia
Dortmund „aussortiert“, was Mesut Özil bei
Schalke 04 erfuhr, Mats Hummels spielte bei
Bayern München nur in der Regionalliga-Mann-
schaft, weshalb er den Verein verließ. Nachdem
diese Spieler über Umwege in die Bundesliga
bzw. Nationalmannschaft gekommen sind, zäh-
len sie dort seit Jahren zu den Stammkräften.
Bei jedem Fußballspiel gibt es Glück und Pech,
nur nimmt der Einfluss auf die Leistung im Ver-
gleich mit anderen ab, weil die Anzahl der Teil-
nehmer am Wettbewerb auf dieser Ebene ent-
scheidend geschrumpft ist.
Eine vergleichbare Entwicklung zeigt sich in der
Wirtschaft. Wenn sich neue, disruptive Lösungen
entwickeln, treten zu Beginn einer solchen Phase
eine große Anzahl von Anbietern auf. Ob es sich
um Autos oder Drehbänke, Computer oder Be-
zahlsysteme im Internet handelt, lässt sich nach
einer ersten Wachstumsphase rasch ein Rück-
gang auf wenige Anbieter verfolgen. Warum der
bzw. die Marktführer überlebt haben, erklären
die Abbildungen. Sicherlich handelte es sich um
gute Lösungen, sicherlich haben die Verantwort-
lichen hohen Einsatz gezeigt, schlussendlich gab
es allerdings noch einen dritten, mitentscheiden-
den Erfolgsfaktor: das Glück.
Handlungsempfehlungen
Die Testergebnisse sollen nicht zum Fatalismus
führen, ein achselzuckendes „so Gott will“ pro-
vozieren oder gar als Ausrede für ausbleiben-
den Erfolg angeführt werden, der Controller
nicht dazu aufgefordert werden, den ganzen
Arbeitstag aus dem Fenster zu schauen, da er
Abb. 1: Durchschnittlicher Glückswert
Abb. 2: Prozentsatz der Gewinner, die NICHT die höchsten Werte für Können und Anstrengung erreichten
CM Juli / August 2019