CONTROLLER Magazin 4/2019 - page 57

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Um diese agilen Arbeitsweisen überhaupt sinn-
voll zum Einsatz bringen zu können, braucht es
kleine Teams, die innerhalb ihres Projektes
selbst entscheiden und handeln können. Man
spricht hierbei auch von selbstorganisierten
Teams. Alle für das Projekt relevanten Ent-
scheidungen werden vom Team getroffen und
es kann kein Außenstehender mitten im Pro-
zess einfach reinregieren. So zumindest müss-
te es idealerweise laufen.
Agile Governance
Es hat Auswirkungen, wenn Unternehmen diese
Art des Arbeitens wirklich ernst nehmen und
zulassen, um sich damit schnell und effektiv an
Veränderungen anpassen zu können. Früher
oder später kommt automatisch eine Diskussion
in Gang, wie Entscheidungen im Unternehmen
generell getroffen werden und wie Einfluss in
der Organisation verteilt ist. Jede Organisation,
die die Aktivitäten ihrer Mitglieder koordiniert,
braucht dafür eine Form der „Regierung“. Die
letzten 200 Jahre war dies in den meisten Or-
ganisationen eine pyramidenartig aufgebaute
Hierarchie. Je weiter nach oben man kommt,
desto größer ist der Einfluss der immer weniger
werdenden Funktionsträger. Dieses System ba-
siert auf der tayloristischen Logik, dass einige
wenige „Führungskräfte“
zentralisiert
planen,
koordinieren und entscheiden. Der große Rest in
der Organisation führt diese Entscheidungen
dann aus. Dies kann man vergleichen mit einem
zentral-gesteuerten Ampelsystem an einer
Kreuzung (vgl. Abbildung 1). Diese Logik führt
zu einer sehr effizienten Art und Weise, in einem
Unternehmen zu handeln. Allerdings nur unter
der Voraussetzung, dass die Rahmenbedingun-
gen relativ stabil sind, damit zentralisiertes Pla-
nen überhaupt funktionieren und der Plan dann
auch in die Tat umgesetzt werden kann.
Wie schon beschrieben, ist diese Vorausset-
zung immer öfter nicht mehr gegeben. Damit
bedarf es einer agileren Form, Entscheidungen
in einem Unternehmen zu treffen. Man spricht
auch von agile governance. Was es in der
komplexen Welt immer öfter braucht, ist eine
dezentralere Art und Weise, Entscheidungen
zu treffen. Es geht darum, dass die Menschen,
die in ihrem Tun auf Probleme intern wie ex-
tern stoßen, in die Lage versetzt werden, zu
handeln und dazu notwendige Entscheidungen
zu treffen. Das heißt, Einfluss wird im Unter-
nehmen dezentraler verteilt, weg von einigen
wenigen Führungskräften hin zu einer größe-
ren Anzahl an Menschen. Dieses System
gleicht mehr einem Kreisverkehr (vgl. Abbil-
dung 1). Hier gibt es bestimmte Regeln, an-
sonsten entscheiden die einzelnen Verkehrs-
teilnehmer selbst.
Dabei muss niemand Angst haben, dass dann
alles in Chaos ausartet und jeder macht, was er
will und keiner mehr für irgendetwas verant-
wortlich ist. Es gibt für diese dezentrale Ent-
scheidungsfindung klare Rahmenbedingungen
und Vorgehensweisen, um schnell und effektiv
handeln zu können. Dies führt dann auch dazu,
dass es in dezentralen Organisationen meist
mehr Struktur und Klarheit gibt, als in klassisch
organisierten Unternehmen. Gleichzeitig gibt es
weniger hierarchische Strukturen. Damit ändert
sich dann auch die Rolle von Führungskräften.
Diese werden nicht weniger wichtig, aber die
Art ihrer Tätigkeit wird eine andere.
Agile Prinzipien
Wie die konkrete Ausgestaltung der agile
governance und der agile operations faktisch
aussieht, muss jede Organisation für ihren spe-
zifischen Kontext selbst definieren und heraus-
finden. Auch konkrete Methoden können von
Situation zu Situation unterschiedlich zum Ein-
satz kommen. Für viele Bereiche im Unterneh-
men, die agil arbeiten müssten, macht zum
Beispiel der Einsatz von Scrum keinen Sinn.
Dies deshalb, weil viele Teams nicht aus-
Abb. 1: Ampelanlage vs. Kreisverkehr
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