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Das weite Feld der Möglichkeiten
Die Autoren wissen aus Erfahrung, dass die
Anzahl der möglichen Ansatzpunkte vielfältig
ist: Wenn man engagiert werde, um dem Unter-
nehmenswachstum auf die Sprünge zu helfen,
beginne man häufig bei ganz grundlegenden
Fragestellungen. Schon hier ist oftmals viel zu
holen.
Ein gutes Beispiel ist ein gutes Kun-
densegmentmanagement.
Hier liegen Chan-
cen gleich mehrfach vor. Einerseits hilft es beim
Verkaufen selbst, gleichzeitig kann durch die
wesentlich zielgerichtetere Herangehensweise
viel Geld gespart werden. Eine gute Zielgrup-
penanalyse bringt immer enorme Vorteile und
zeigt neben den besten Botschaften auch oft
Innovationspotenzial auf. Es gibt einige moder-
ne Instrumentarien, um Innovation zielgerich-
tet voranzutreiben und Chancen ausfindig zu
machen. Auch Dr. Sylvia Trage von der Wirt-
schaftsprüfungsgesellschaft KPMG erklärt in
einem Interview mit der Wirtschaftswoche,
dass viele Mittelständler Probleme damit ha-
ben, detaillierte Marktanalysen durchzuführen.
Externe Spezialisten sorgen hier für Abhilfe.
Chancen erkennen mit der
entsprechenden Unternehmens-
kultur und -struktur
Um die Chancen und Entwicklungsmöglich-
keiten eines Unternehmens aber dauerhaft zu
beobachten, braucht es oft ein Überdenken der
Unternehmenskultur und -struktur. Das be-
ginnt schon bei der Vision des Unternehmens.
Diese Visionen werden häufig erarbeitet und
verschwinden dann entweder in einer Schubla-
de oder werden zu unabänderlichen Fixpunk-
ten. Da der Markt sich aber so schnell ändert,
ist es auch eine gute Idee, die eigene Unter-
nehmensvision ab und an zu überarbeiten und
neu zu formulieren. „Der erste Schritt zu einem
erfolgreichen Chancenmanagement ist ein
Umdenken in der Unternehmenskultur“, so
Valeska Benner, die für A.T. Kearney an der
Erstellung einer Studie zum Thema Chancen-
management beteiligt war.
Dazu wird es nötig, Strukturen einzuführen, die
schnelles Reagieren ermöglichen. Das BMAS
schreibt in seinem Diskussionsentwurf zur Ar-
beit 4.0, dass das agile Unternehmen zur neu-
en Leitvorstellung werden könnte. Extreme Zu-
gänge zu diesem Thema passen nicht in alle
Unternehmen, auch wenn die häufige Nennung
solcher Ansätze dies suggerieren könnte. Aber
sicher ist: Faktoren wie Offenheit, Transparenz
oder eine Verlegung der Entscheidungskompe-
tenzen dorthin, wo auch die Fachkompetenz am
größten ist, machen Sinn und beschleunigen
viele Abläufe enorm. Diese Möglichkeiten sollte
man nicht ungenutzt lassen. Chancen stellen
sich selten sehr konkret dar, man muss also
schnell reagieren können.
Der Zusammenhang mit der
Personalstrategie
Daneben dürfte klar sein, dass man die Unter-
stützung der Belegschaft braucht. Die Forde-
rung nach einer größeren Beteiligung der Mitar-
beiter spricht nur laut aus, was viele schon im-
mer gewusst haben. Es ist ja ganz einfach: Viele
Augen sehen mehr als zwei – und durch das
heterogenere Wissen und die unterschiedlichen
Sensibilisierungen hat eine Gruppe von Perso-
nen natürlich vielschichtigere Ansatzpunkte als
einige wenige Führungspersonen. Bei den Ein-
sätzen „vor Ort“ ist es demnach unerlässlich,
eine gute Kommunikation mit der Belegschaft
aufzubauen – anders kann man in einem Un-
ternehmen gar nicht erfolgreich agieren. Ziel
ist es, sehr schnell an differenzierte Sichtwei-
sen zu kommen und wertvolle Einblicke zu er-
halten, die oft Verbesserungspotenziale for-
mulieren. Die Mitarbeiter können Chancen auf
ganz anderen Feldern erkennen als die Füh-
rungskräfte.
Auf keinen Fall sollte man auf
den Input und die Kreativität verzichten, die
in den Köpfen der Mitarbeiter bereits im
Unternehmen vorhanden sind
und nur mehr
durch entsprechende Maßnahmen aktiviert
werden müssen. So wird auch eine breitere
Palette an Wissen nutzbar. Zweifellos wissen
viele Firmenlenker beispielsweise nicht, was
eine Blockchain ist, der viele Experten ein rie-
siges, disruptives Potenzial unterstellen. An-
zunehmen ist aber auch, dass irgendjemand
in der Firma durchaus etwas mit diesem Begriff
anfangen kann.
Chancenmanagement ist
Zukunftsmanagement
Wie auch etablierte Risikoberater bestätigen,
scheitern viele Unternehmen nicht an den Risi-
ken, sondern daran, dass sie ihre Chancen nicht
nutzen. Das Chancenmanagement sollte ein in-
tegraler Teil der strategischen Unternehmens-
entwicklung sein, dennoch haben viele Firmen
keinen stringenten Zugang zu diesem Thema.
Sinnvoll ist es in diesem Zusammenhang, Exter-
ne einzusetzen, die dafür sorgen, dass neutrale
und effiziente Strukturen zum Umgang mit
Chancen geschaffen werden. Das entlastet
auch das obere Management, das meist schlicht
keine Zeit hat, um umfassende Maßnahmen an-
zugehen. Es zeigt sich auch, dass ein überzeu-
gender, neutraler Experte den Shareholdern gut
vermitteln kann, worauf es ankommt, und wel-
che Möglichkeiten sich ergeben, wenn man eine
gute Basis für zukunftsträchtige Entwicklungs-
möglichkeiten herstellt.
Autoren
Dipl.-Kfm. Siegfried Lettmann
ist Executive Interim Manager mit Schwerpunkt „Geschäfts-
entwicklung in Familienunternehmen“. Er hat langjährige Erfah-
rung in Führungsfunktionen der Unternehmensleitung sowie
internationalem Vertrieb und Marketing mit Fokus auf Wachs-
tum, Renditemanagement und Organisationseffizienz.
E-Mail:
Mag. Johann Auer
schreibt als Journalist für SLIM Management GmbH über Fach-
und Führungsthemen und betreibt ein Lektoratsbüro.
E-Mail:
CM Mai / Juni 2018