Contoller Magazin 3/2018 - page 65

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Exakte Kalkulation in der
Produktentstehungsphase
Ein proaktives und langfristig orientiertes Kos-
tenmanagement ist dem kurzfristig orientierten
Cost Cutting überlegen, denn es eröffnet Unter-
nehmen deutlich mehr Spielraum zur Wertstei-
gerung. Einen Kernbestandteil bildet eine
schlagkräftige und genaue Produktkostenkal-
kulation. Schon im Zuge der Produktentste-
hung muss daher bei der entwicklungsbeglei-
tenden Kalkulation darauf geachtet werden, mit
möglichst exakten Preisen bei Material-, Pro-
duktions- und Arbeitskosten zu arbeiten. Seriö-
sen Schätzungen zufolge werden bereits in die-
ser Phase zwischen 70 und bis zu 85 Prozent
der späteren Herstellkosten verursacht und
festgelegt.
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Daher ist es von hoher Bedeutung für produ-
zierende Unternehmen, die Kosten für ein neu-
es Produkt über den gesamten Konstruktions-
und Entstehungsprozess hinweg möglichst ge-
nau berechnen zu können. Das gilt vor allem
für hochkomplexe Produkte, die aus tausen-
den von Teilen bestehen, deren Entwicklung
oft mehrere Jahre in Anspruch nimmt. Nur so
lässt sich bei der Produktentwicklung ein Ziel-
preis ermitteln, der an den Anforderungen des
Marktes und der Kunden orientiert ist und bei
dem die maximal zulässigen Selbstkosten ei-
nes Produktes aus dem erzielbaren Marktpreis
abgeleitet werden –
Stichwort Target Cos-
ting
. Speziell in der produzierenden Industrie,
wo enormer Konkurrenz- und Preisdruck
herrscht und Gewinnmargen sehr eng sind –
der Nettoertrag für Produkte liegt in der Regel
zwischen zwei und fünf Prozent –, hängt die
Konkurrenzfähigkeit eines Unternehmens
maßgeblich davon ab.
Kalkulation in das ERP
integrieren
Damit die ermittelten Zielkosten tatsächlich
eingehalten werden, bedarf es in jeder Phase
der Produktentwicklung einer gezielten und
transparenten Prüfung und Steuerung der Kos-
ten durch die begleitende, „mitlaufende“ Kalku-
lation. Auf diese Weise kann eventuell brachlie-
gendes Einsparpotenzial erkannt und ausge-
schöpft werden. Auch das Over-Engineering,
das hohe Kosten verursacht, wird so vermie-
den. Dazu ist es
nötig, durchgängig IT-ge-
stützte Kalkulationsprozesse zu etablieren
,
die abteilungsübergreifend eine reibungslose
Zusammenarbeit der beteiligten Bereiche – Ent-
wicklung, Fertigung, Controlling, Vertrieb, Ein-
kauf und Arbeitsvorbereitung – ermöglichen.
Zugleich schafft dies eine wichtige Vorausset-
zung, um bislang festgefügte Abläufe – Stich-
wort Silodenken – im Rahmen eines Change-
managements aufzubrechen.
Doch die Praxis sieht meist anders aus:
Eine ERP-Lösung wie SAP ERP, die viele produ-
zierende Unternehmen einsetzen, unterstützt
über ihre Standardfunktionen die Produktkal-
kulation und damit auch die entwicklungsbe-
gleitende Kalkulation nur begrenzt. Viele Fir-
men weichen daher auf Lösungen auf Basis
von Microsoft Access oder Excel beziehungs-
weise auf IT-Programme von Spezialanbietern
aus. Damit müssen die Kalkulationsprozesse
jedoch außerhalb der SAP-Software durchge-
führt werden mit allen damit verbundenen
Nachteilen, als da sind: die redundante Daten-
haltung, das umständliche und zeitaufwendige
manuelle Hin- und Herkopieren von Daten bzw.
der Austausch über Schnittstellen oder die Be-
rechnung von Produktkosten auf der Basis
nicht aktueller Daten.
Für Unternehmen, die SAP ERP nutzen, bietet
sich hier eine deutlich effizientere Alternative
an:
die Zusammenführung aller für die Pro-
duktkostenkalkulation erforderlichen In-
formationen in einem Add-On
, das sich zu
100 Prozent und releasekompatibel in die SAP-
Software integriert und einen Online-Zugriff auf
alle relevanten Daten im SAP-System erlaubt.
Die Kalkulation kann damit auf der Grundlage
aktueller Preise und Daten wie aus einem Guss,
in hoher Transparenz und standardisiert durch-
geführt werden. Letzteres hat zur Folge, dass
alle Informationen, die für die Kalkulation eine
Rolle spielen, abteilungsübergreifend den Fach-
anwendern übersichtlich und vor allem einheit-
lich zur Verfügung stehen. Das schafft über die
Fachbereiche hinweg ein gemeinsames Ver-
ständnis und verbessert die interne Zusam-
menarbeit und den Wissenstransfer.
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Praxisbeispiel CLAAS:
Kalkulation von A bis Z in SAP
Wie eine solche komplett in SAP ERP integrier-
te Kalkulation in der Praxis aussehen kann,
zeigt das Beispiel der CLAAS-Gruppe. Beim
Landmaschinenhersteller gestaltet sich die ent-
wicklungsbegleitende Kalkulation schon des-
wegen außergewöhnlich komplex, weil die Ma-
schinen aus Tausenden von Teilen bestehen.
Ein Mähdrescher vom Typ CLAAS LEXION
780 etwa besteht aus knapp 54.000 Einzel-
teilen.
„Das hat zur Folge, dass bei einer Neu-
entwicklung je nach Produktgruppe und Modell
die Kosten für mehrere Zehntausend Einzelpo-
sitionen zu berechnen sind“, sagt Uwe Olt-
manns, System Analyst & Controller Corporate
Purchasing, CLAAS KGaA mbH. Um auf die
Wünsche der Kunden eingehen zu können, gibt
es für jedes Modell im Schnitt noch rund 150
individuelle Varianten – von denen wiederum
jede einzelne eigens kalkuliert werden muss.
Mit dem Umstieg auf ein SAP-basiertes Add-
On für die Produktkostenkalkulation, das sich
komplett in das zentrale SAP-ERP-System inte-
griert, schafft CLAAS die Voraussetzung für
eine effiziente und transparente Kalkulation aus
einem Guss. Die Einführung dieser Zusatzlö-
sung erfolgte im Rahmen der „Einkaufsstrate-
gie 2020“ der CLAAS-Gruppe, die auf größere
Kostentransparenz, weitere Bündelungseffekte
und eine höhere Profitabilität abzielt. Durch die
Integration der Kalkulationsprozesse in SAP
Autor
Dr. Andreas Schaffry
ist freiberuflicher IT-Fachjournalist aus Weyarn und auf
Themen rund um SAP-Software spezialisiert.
E-Mail:
CM Mai / Juni 2018
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